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Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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hatte in einigen der Dörfer, durch die sie gefahren waren, gesehen, dass ganze Stapel davon zum Verkauf angeboten wurden. Das Mädchen war barfuß. Emma blickte von dem Foto zu dem Steinhügel, und Übelkeit stieg in ihr auf. Sie trat einen Schritt darauf zu, aber dann fiel ihr ein, dass ja Daniel wegen der Spuren vorangehen wollte.
    Er trug zuerst die Steine des Grabhügels oben am Felsen ab. Emma trat neben ihn, wobei sie den Steinen auswich, die er beiseitewarf. Unter einem der Steine blitzte etwas Buntes hervor, und Emma hockte sich neben Daniel, um ihm zu helfen. Fliegen summten um ihr Gesicht, aber sie nahm sie kaum wahr. Bald schon hatten sie ein Tuch freigelegt – aus bunter afrikanischer Baumwolle, mit einem Vogelmuster bedruckt. Zügig räumten sie die Steine weiter beiseite, und schließlich erkannte man durch das Tuch ein menschliches Gesicht – zuerst die Stirn, dann die Nase und das Kinn.
    »Wenn Sie wollen, können Sie zum Landrover zurückgehen«, bot Daniel Emma an.
    »Nein«, erwiderte sie. »Mir geht es gut.«
    Als sie das Tuch vollständig freigelegt hatten, zog Daniel es langsam zurück. Weißblondes Haar über einer glatten, hohen Stirn wurde sichtbar. Fein gebogene Augenbrauen, geschlossene Lider mit langen Wimpern. Die Haut war zwar gebräunt, wirkte aber blass. Nase, Wangen, Kinn – die Umrisse, die Emma unter dem Tuch erahnt hatte, sah sie jetzt deutlich. Sie hielt den Atem an. Die Frau war wunderschön. Ihre im Tod sanft geschlossenen Lippen waren perfekt geschwungen.
    Einen Moment lang schloss Emma die Augen. Es gab keinen Zweifel, das war die Frau auf dem Foto. Die Mutter …
    Sie warf Daniel einen Blick zu. Er saß in der Hocke und schaute mit halb zusammengekniffenen Augen, den Mund verzerrt, auf die Leiche, beinahe so, als hätte er Schmerzen. Er wirkte völlig verloren in seinen Emotionen.
    Emma richtete den Blick wieder auf die Leiche. »Sie scheint noch nicht sehr lange hier zu liegen. Und sie riecht auch nicht.« Daniel starrte sie mit leerem Gesichtsausdruck an, fasste sich dann jedoch. »Die Luft hier ist sehr trocken, deshalb ist das schwer zu sagen. Wir müssen feststellen, wie steif der Körper ist.« Er schwieg ein paar Sekunden lang. »Könnten Sie sie untersuchen?«
    Emma zog fragend die Augenbrauen hoch. Bis jetzt hatte er doch ganz selbstverständlich die Führung übernommen.
    »Nach der Tradition meines Volkes sollte ich eine tote Person des anderen Geschlechts besser nicht berühren«, erklärte er. »Für mich wäre es deshalb schwierig, sie zu untersuchen.« Er sprach sachlich, als ob er ihr einen einfachen Sachverhalt darlegte.
    Emma nickte. Sie verbarg ihre Überraschung darüber, dass ein Mann, der ein Universitätsstudium hinter sich hatte, von traditionellen Tabus beherrscht wurde. Ihre neue Rolle bereitete ihr Unbehagen, und als sie sich über das Grab beugte, musste sie sich ins Gedächtnis rufen, dass am Institut sie diejenige war, die die Richtung vorgab. Eingehend musterte sie die Leiche und versuchte, sich daran zu erinnern, was sie über Post-mortem-Symptome wusste.
    Sie untersuchte den Hals der toten Frau. Dort hatte sich die Farbe zu einem tiefen Dunkelrot, fast Schwarz verändert: das klassische Symptom für den Blutstau. Emma zog sich die Wegwerfhandschuhe über, die sie aus ihrer Ausrüstungstasche herausgenommen hatte. Der Latex schmiegte sich eng an ihre Handgelenke. Mit einem Finger drückte sie auf die Haut in diesem Bereich. Als sie den Finger nach einer Weile wieder wegnahm, gab es keinen weißen Fleck, was bedeutete, dass das Blut unter der Haut nicht mehr floss. Der Körper strömte keine Wärme aus, allerdings auch keinen Geruch. Emma umfasste den Kopf mit beiden Händen und versuchte, ihn nach einer Seite zu drehen. Er ließ sich leicht bewegen, als ob die Frau nur tief schlafen würde.
    »Ich würde sagen, sie ist vor zwei bis drei Tagen gestorben«, sagte Emma, ohne aufzublicken.
    Als Daniel nicht antwortete, hob sie den Kopf. Er untersuchte sorgfältig den Boden um den Grabhügel.
    »Das Kind war hier bei ihr!«
    Er blickte sie alarmiert an. Emma riss erschreckt die Augen auf, als ihr klarwurde, was das bedeutete.
    »Hier, sehen Sie!« Er zeigte auf eine Stelle mit grauem Sand, auf dem man deutlich einen kleinen Fußabdruck sah. Er war perfekt geformt, und Emma konnte sogar den tieferen Eindruck des Ballens erkennen, als das Kind weitergegangen war.
    Daniel wies auf einen anderen Abdruck daneben. Er öffnete den Mund, schien

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