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Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz einer Löwin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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nächsten gegangen war. Nicht weit von ihr entfernt räkelte sich Moyo auf dem Perserteppich, und die drei Jungen kuschelten sich an ihren Bauch. Emmas Blick glitt immer wieder zu der Löwin. Sie betrachtete das riesige cremefarben-goldene Tier, das auf dem gewebten Orientteppich lag. Die Pfoten wirkten unglaublich groß, ebenso die klaren Augen. Draußen herrschte Dunkelheit – der Himmel war tintenschwarz, da der Mond noch nicht aufgegangen war.
    Moyo drehte den Kopf zu ihren Jungen. Sie begann, ihnen die Gesichter abzulecken, um die Blutspuren von den Fleischbrocken zu entfernen. Die ersten beiden Jungen ließen die Prozedur geduldig über sich ergehen und saßen ganz still da, aber das dritte Junge drehte immer wieder den Kopf weg. Emma lächelte. Es benahm sich wie ein ungezogenes Kind.
    Angel blickte zu Emma. »Das ist Girl. Wir werden einfach nicht mit ihr fertig. Sie tut, was sie will.« Sie zeigte auf die anderen Jungen. »Das ist ihr Bruder, Boy. Das andere Junge ist auch ein Männchen. Ich habe ihn Mdogo genannt.«
    »Mdogo«, wiederholte Emma. Der Name war schwierig auszusprechen. »Warum hast du diesen Namen gewählt?«
    Angel blickte sie verwirrt an. »Weil er so klein ist.« Sie wollte gerade noch etwas hinzufügen, als Ndisi hereinkam, den Topf mit Maisbrei in den Händen, in dem er gerührt hatte. Er stellte ihn auf den Tisch, neben eine Schüssel mit dampfendem Stew, das er bereits hereingebracht hatte.
    »Dann wollen wir essen«, sagte George.
    Emma setzte sich auf den Safaristuhl, über dessen Rückenlehne sie ihre Schultertasche gehängt hatte. Es war ein gutes Gefühl, dass sie ihre Habseligkeiten so nahe bei sich haben konnte. In der Station hatte sie sich schon an die primitiven Gegebenheiten gewöhnt, zum Beispiel, dass alles über offenem Feuer gekocht wurde. Aber hier gab es auch noch Tiere. Hier und dort klebte Kot von Vögeln oder kleinen Tieren – George hatte eine große Dose Nüsse an ein Tischende gestellt, damit seine Gäste, wie er sie nannte, immer etwas zu essen hatten. Und jetzt lag auch noch eine Löwenfamilie auf dem Teppich. Schon die Station und das Salaam Café waren eine Herausforderung für sie gewesen, aber dieser Ort hier war von ihrer makellos sauberen, minimalistisch eingerichteten Wohnung Lichtjahre entfernt.
    Daniel saß ihr gegenüber neben Ndisi. George saß am Kopfende des Tisches in einem Armsessel mit hoher Lehne. Emma hatte einen Stuhl für Angel vorbereitet, auf den sie ein Kissen gelegt hatte, damit er hoch genug war für das Kind, aber Angel zögerte, sich daraufzusetzen. Auf der Hälfte zwischen dem Tisch und Moyo blieb sie stehen. Sie wirkte auf einmal so, als fühle sie sich unwohl, ja beinahe ängstlich.
    Emma spürte, wie sich ihre Muskeln verkrampften. Bis jetzt war alles gutgegangen, aber sie hatte das Gefühl, dass ihre Beziehung zu Angel sehr zerbrechlich war. Sie überlegte, wie sie Angel am besten an den Tisch locken könnte.
    Im nächsten Moment jedoch schob Daniel seinen Stuhl zurück und erhob sich. »Wir setzen uns zu Moyo«, schlug er vor und ergriff den Topf mit dem Maisbrei.
    George nahm das Stew. Ndisi schaute verwirrt zu, wie die beiden Männer mit dem Essen zu Angel traten. Als sie die Töpfe auf den Teppich stellten, zog der Koch die Augenbrauen hoch.
    »Teilen wir jetzt unser Essen mit Moyo?«, fragte er.
    »Hoffentlich nicht«, erwiderte George. Er setzte sich und schlug seine Beine mit einer Leichtigkeit übereinander, die in krassem Gegensatz zu seinen weißen Haaren und seinem faltigen Gesicht stand. Angel setzte sich neben ihn, und Moyo blickte ihr über die Schulter. Auch die Jungen drängten sich um sie, aber sie schob sie energisch zurück. Daniel und Ndisi setzten sich ebenfalls auf den Teppich. Emma war die Letzte, die ihren Platz auf dem Boden einnahm. Daniel lächelte ihr beruhigend zu.
    George bedeutete seinen Gästen, sie sollten anfangen zu essen. Unsicher schaute Emma auf die beiden Töpfe. Es gab keine Teller und keine Löffel. Anscheinend wurde erwartet, dass sie mit den Fingern aßen. Sie war froh, dass sie ihre Hände mit antibakteriellem Gel eingerieben hatte, nachdem sie sie gewaschen hatte.
    »Man isst so.« Daniel griff mit der rechten Hand in den Topf mit dem Maisbrei und brachte einen weißen Klumpen zum Vorschein. Er drückte den Daumen in die Mitte und formte eine kleine Schüssel, die er in das Stew tunkte und zum Mund führte.
    George folgte seinem Beispiel, und auch Angel aß auf diese Weise. Sie

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