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Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition)

Titel: Das Herz ist ein einsamer Jäger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carson McCullers
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im Bürgerkrieg teilgenommen und war in irgendeiner Schlacht gefallen. Einmal hatte eins der Kinder ihm eine Brille und einen Bart aufgemalt, und als die Bleistiftkrakelei ausradiert war, blieben lauter Flecken auf seinem Gesicht zurück. Darum nannte Mick ihn ›alter Dreckskerl‹. Das Bild nahm die Mitte eines dreiteiligen Rahmens ein. Rechts und links waren Aufnahmen seiner Söhne. Sie sahen so alt aus wie Bubber, hatten Uniformen an und machten erstaunte Gesichter. Auch sie waren in irgendeiner Schlacht gefallen. Das war alles schon lange her.
    »Für die Party nehm ich das runter. Das sieht so gewöhnlich aus. Findest du nicht?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Bubber. »Sind wir gewöhnlich, Mick?«
    » Ich nicht.«
    Sie versteckte das Bild hinter der Garderobe. Die Dekoration war in Ordnung. Mister Singer würde sich freuen, wenn er nach Hause kam. Die Zimmer wirkten ganz leer und still. Der Tisch war zum Abendessen gedeckt. Nach dem Abendbrot würde die Party beginnen. Sie ging in die Küche.
    »Glaubst du, dass alles klappen wird?«, fragte sie Portia.
    Portia war beim Plätzchenbacken. Oben auf dem Herd standen die Sandwiches mit Erdnussbutter und Marmelade, die Schokoladeneckchen und die Bowle. Die Brötchen waren mit einem feuchten Geschirrtuch zugedeckt. Sie schaute darunter, nahm aber keins.
    »Ich hab dir schon vierzigmal gesagt, dass alles klappen wird«, sagte Portia. »Gleich wenn ich zurückkomm vom Abendbrotmachen zu Hause, bind ich die weiße Schürze um und servier das ganze Essen, so richtig, wie sich’s gehört. Aber um halb zehn muss ich spätestens weg. Heut ist Samstag, und ich und Highboy und Willie haben auch was vor.«
    »Klar«, sagte Mick. »Ich möchte bloß, dass du so lange hilfst, bis alles einigermaßen läuft – weißt du.«
    Sie konnte sich nicht zurückhalten und nahm sich doch ein Brötchen. Dann ließ sie Bubber bei Portia und ging ins mittlere Zimmer. Das Kleid für die Party lag ausgebreitet auf dem Bett. Hazel und Etta waren so nett gewesen und hatten Mick ihre besten Sachen geborgt, da sie selber nicht zur Party kamen: Ettas langes blaues Abendkleid aus Crêpe de Chine, ein Paar weiße Pumps und ein Strassdiadem für die Haare. Wirklich sehr schmucke Sachen. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie sie darin aussehen würde.
    Es war spät am Nachmittag; durch das Fenster fielen lange, schräge Sonnenstreifen. Zwei Stunden brauchte sie, um sich hübsch zu machen – also musste sie jetzt damit anfangen. Sie konnte sowieso nicht länger einfach rumsitzen und warten, jetzt wo sie daran dachte, dass sie diese schönen Kleider tragen würde. Ganz langsam ging sie ins Badezimmer, zog ihre alten Shorts und das Hemd aus und drehte das Wasser auf. Sie schrubbte die rauhen Stellen an den Fersen, Knien und vor allem die Ellenbogen. Sie dehnte das Bad möglichst lange aus.
    Sie lief nackt ins mittlere Zimmer und begann sich anzukleiden. Zuerst den Seidenschlüpfer und die Seidenstrümpfe, sogar einen von Ettas Büstenhaltern – nur so, zum Angeben. Dann zog sie ganz vorsichtig das Kleid an und die Pumps. Zum allerersten Mal in ihrem Leben hatte sie ein Abendkleid an. Lange stand sie vor dem Spiegel. Sie war so groß, dass das Kleid ihr nicht einmal bis zu den Knöcheln reichte – und die Schuhe drückten, so klein waren sie. Sie stand lange vor dem Spiegel und beschloss dann, dass sie entweder wie ein Trottel aussah oder wunderschön. Eins von beiden.
    Sie probierte sechs verschiedene Frisuren aus. Die widerspenstigen Löckchen störten sie; also machte sie die Fransen mit Spucke nass und klebte sie in drei Löckchen an die Stirn. Zu guter Letzt setzte sie das Strassdiadem ins Haar und legte tüchtig Lippenstift und Schminke auf. Als sie fertig war, warf sie sich mit hochgerecktem Kinn und halbgeschlossenen Augen in Pose – wie ein Filmstar. Langsam wendete sie das Gesicht hin und her. Schön sah sie aus – einfach schön.
    Sie war sich selber ganz fremd. Sie war gar nicht Mick Kelly, sondern jemand anders. Noch zwei Stunden bis zur Party; sie würde sich schämen, wenn sie jemand von der Familie schon jetzt fertig angezogen sähe. Sie ging wieder ins Badezimmer und schloss die Tür ab. Wenn sie sich hinsetzte, würde sie das Kleid zerdrücken. Also blieb sie mitten im Badezimmer stehen. In dem engen Raum schien sich all ihre Aufregung zu sammeln. Sie fühlte sich nicht mehr wie die alte Mick Kelly und wusste: Dies würde besser werden als alles andere in ihrem Leben – diese

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