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Das Herz ist eine miese Gegend

Das Herz ist eine miese Gegend

Titel: Das Herz ist eine miese Gegend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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durchdrehte, zerrte er an ihrem Büstenhalter und seinen) Gürtel. Die andern hatten längst zu spielen aufgehört und standen hilflos herum, da sie nicht wissen konnten, ob die Trainerin mitmachte oder sich zu retten suchte. Erst als sie schrie: »Tut doch was! Schafft mir doch den Irren vom Hals!«, griffen sie zaghaft ein und zogen den sabbernden und knurrenden Bo mit vereinten Kräften von der aufgelösten Lehrerin fort. »Faßt mich nicht an!« schrie Bo jetzt und stellte sich fauchend und spuckend gegen die anderen. Dann drehte er sich blitzschnell um, öffnete das Fenster und sprang aus dem zweiten Stock. Nicht ohne sich mit einem kurzen Blick davon überzeugt zu haben, daß das Trampolin aus dem Gymnastikraum noch immer da stand, wo er es am Morgen aufgestellt hatte. Daß es nicht reißen würde, hatte er vorher mit einem Backstein geprüft.
    Bevor noch die Gruppe am Fenster erschien, war er schon auf dem Weg zum Bahnhof, wo er sein Gepäck aus dem Schließfach nahm und präzis den Zug nach Frankfurt erreichte.
    »War das nicht eher geschmacklos?« fragte Giovanni, nachdem Bo seinen Bericht mit ungerührtem Gesicht, aber in einem Ton, als staune er über sich selber, beendet hatte.
    »Doch, aber wozu brauch ich Geschmack? Ein Schauspieler braucht Mut. Und außerdem war ich damals noch jung. Das war vor sieben Jahren.«
    »Bist du seitdem hier in Düsseldorf?«
    »Nein, zuerst war ich nur zwei Spielzeiten hier, dann in Marburg, dann Wiesbaden, und jetzt bin ich seit drei Jahren wieder hier.«
    »Du hast mich schwer beeindruckt heut abend.«
    Bo hatte die ganze Zeit Kontakt mit Laura gehabt und ließ sich bereitwillig ausfragen. Froh hörte Giovanni, daß sie keine Kinder hatte und, wie Bo glaubte, auch nicht glücklich sei mit ihrem Steve. Der sei viel zu amerikanisch für Laura. Sie müsse sich jeden Auslauf für ihre Klugheit stehlen. Im Alltag mit Steve sei fürs Nachdenken kein Platz. »So wie ich es kapiere«, fügte Bo hinzu, »vermißt sie dich immer noch. Aber sie wird sich nie bei dir melden.«
    »Hat sie aber schon.«
    »Ein Wunder.«
    »Für Wunder war sie doch schon immer gut.«
    Das mußte trauriger geklungen haben, als Giovanni wollte, denn Bo sagte unvermittelt: »Du fragst dich immer noch, warum ich das getan habe?«
    »Ja.«
    »Und bist bis heut nicht drauf gekommen?«
    »Nein.«
    »Weil ich sie liebe, du Trottel. Ich liebe sie genauso wie du. Ich meine genauso sehr. Aber im Gegensatz zu dir hab ich begriffen, daß ich sie niemals ohne dich haben kann.«
    »Nein?«
    Was Giovanni da hörte, tat weh und gut zugleich und ließ wieder einmal keine klare Antwort zu.
    »Nein«, sagte Bo ernst. »Nachdem du weg warst, gab sie mir keine Chance mehr. Nicht die geringste Chance. Ich durfte noch da wohnen und hatte mich mit ihrem üblichen Sarkasmus zu begnügen. Ich war froh, als ich endlich nach Wien konnte.«
    »Und später? Ich meine, sie hat dich doch besucht, wenn sie hier war.«
    »Nix«, sagte Bo, und nun klang auch seine Stimme traurig. »Steve war da, und du warst weg. Was sollte schon sein?«
    Giovanni war so aufgewühlt von dem Gedanken, Laura könnte ihn noch immer wollen, daß er sich schnell verabschiedete. Er konnte jetzt nicht weiterreden, mußte allein sein. Allein mit Laura.
    »Ach, ich muß dir noch meine Adresse geben«, sagte er, nachdem Bo bezahlt hatte.
    »Mann, du bist so blöd, das gibt’s gar nicht. Glaubst du, ich hab deine Adresse nicht? Die Erlaubnis, dich zu besuchen, reicht mir. Du brauchst meine Adresse.«
    Giovanni schrieb sie auf.
    »Geh mir nicht noch mal verloren«, sagte er vor dem Hotel und umarmte Bo.
    »War ich nie«, sagte der.
    Das mitgebrachte Buch hätte er auf der Rückfahrt genausogut aus dem Fenster werfen können. Laura, Laura, Laura. Warum, wenn sie ihn nicht leid gewesen war, hatte sie sich nie gemeldet? Aus Stolz? War sie zu stolz, ihm sein abruptes Weggehen zu verzeihen? Das paßte eigentlich nicht zu ihr. War zu verbohrt. Er hätte so reagieren können, aber sie doch nicht. Es half alles nichts. Giovanni steckte in der Geschichte drin und konnte nicht den unbeteiligten Beobachter spielen. Und wozu über zehn Jahre alte Beweggründe nachdenken, wo Laura doch durch ihren Brief jetzt wieder aufgetaucht war? Die heutige Laura, die mit diesem Steve nicht glücklich war, von der Bo glaubte, sie hänge noch an Giovanni, die keine Kinder hatte und vielleicht nur noch das Geld fürs Ticket brauchte, um ihn zu sehen ...
    !
    Zu Hause lag ein Zettel im

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