Das Herz kennt die Wahrheit
brachte. Reumütig beeilte Whit sich, das Deck zu säubern, und wollte auch Newtons Stiefel putzen, doch der alte Mann kehrte sich mit einem Knurren ab.
Niedergeschlagen ging Whit zurück zu seinem Freund, der Furchtlos auf dem Arm hatte.
"Hier." Gryf reichte dem Jungen den Hund und ein Tau mit mehreren Knoten.
"Was ist das?"
"Etwas, auf dem Furchtlos herumkauen kann. Und an deiner Stelle würde ich den Welpen für den Rest des Nachmittags irgendwo einsperren, bis Newt sich wieder ein bisschen beruhigt hat."
"Aye. Aber wo soll ich ihn einsperren? Captain Lambert lässt ihn nicht mehr in die Kajüte. Und jedes Mal, wenn ich ihn in seine Ecke setze, springt er einfach über die Bänke."
"Dann schlage ich vor, dass du versuchst, ihn anzubinden." Als er in das traurige Gesicht des Jungen sah, wurde Gryfs Tonfall weicher. "Das ist nicht grausam, Whit. Es ist zu seinem Besten. Er ist doch noch ein Baby. Du musst ihm Grenzen setzen. Mach ihm ein Lager, und sorge dafür, dass er eine Weile darin bleibt. Gib ihm das Tau zum Knabbern, damit er sich beschäftigen kann. Es wird ihm gut gehen. Du wirst schon sehen."
"Hoffentlich hast du Recht. Ich fürchte, wenn er sich nicht bald hinlegt, wird ihn irgendjemand über Bord werfen, wenn ich gerade nicht hinsehe."
Gryf lachte in sich hinein, als der Junge mit dem Welpen davonging. Obwohl sich alle wegen des Hundes an Bord beschwerten, waren seine beträchtlichen Fortschritte nicht von der Hand zu weisen. Furchtlos lag nachts in Whits Armen in der Hängematte und schlief mittlerweile, ohne zu winseln, durch. Nachdem die Seeleute über ihn gestolpert und aus Versehen auf ihn getreten waren, hatte er gelernt, den Männern aus dem Weg zu gehen, wenn das Deck geschrubbt oder Frachtgut im Laderaum verstaut wurde. Und er hatte aufgehört, wie wahnsinnig zu bellen, wenn Whit in die Wanten kletterte, obschon er nach wie vor einen Freudentanz aufführte, wann immer der Junge wieder an Deck kletterte.
Auch wenn die Mannschaft murrte, hatte Gryf doch gesehen, wie Fielding dem kleinen Hund ein paar Fleischbrocken gab, als er sich unbeobachtet fühlte. Die anderen lachten gelegentlich über die drolligen Possen des Welpen, besonders dann, wenn er über das regennasse Deck schlitterte. Einige Seeleute beugten sich sogar während der Arbeit zu dem kleinen Tier hinab, um es hinter den Ohren zu kraulen. Und Darcy brachte Furchtlos bei, sich für einen leckeren Bissen hinzusetzen und Pfötchen zu geben.
Newton aber war dem Tier immer noch nicht wohlgesinnt. Der alte Mann schien jeden Tag fester entschlossen, sein Herz gegenüber dem wuscheligen Eindringling zu verhärten. Wäre es möglich gewesen, hätte er Furchtlos auch noch für die Unbilden des Wetters verantwortlich gemacht.
Der Nordwind stach in den Augen und peitschte gegen die Haut. An manch einem Morgen war das Deck mit einer Eisschicht bedeckt, und es war unmöglich, von einer Seite zur anderen zu gelangen, bis eine schwache Wintersonne das Eis zum Schmelzen brachte und das kalte Wasser von Bord lief. Die Wogen des Atlantiks waren genauso düster wie die sturmgepeitschten Wolken am Himmel.
Darcy kletterte die Wanten hinunter und eilte an Newtons Seite. "Noch immer kein Land in Sicht. Seit Tagen nicht."
"Ja, Mädchen." Starr blickte er auf die aufgewühlte See. "Und es könnte noch ein paar Tage länger dauern. Da wir die letzte Fracht abgeliefert haben, sollten wir darüber nachdenken, zurück nach Cornwall zu segeln, anstatt den Kurs zu halten."
Die Heimat. Der Gedanke an ihr Zuhause löste ein solches Heimweh in Darcy aus, dass sie vor Schmerz die Augen schließen musste.
Ihre Stimme klang verträumt. "Ich denke, wir könnten es tun. Ich bin letzte Nacht die Bücher durchgegangen. Wir haben genug verdient, um die Mannschaft zu bezahlen, und es bleibt immer noch ein Gewinn übrig. Unsere letzte Auslieferung auf den westlichen Inseln vor Schottland war bei weitem das einträglichste Geschäft."
"Das musste es auch sein. Es gibt nicht viele Kapitäne, die bei derartig rauer See so viel Holz im Laderaum verstauen. Ich dachte schon, wir würden sinken, bevor wir wieder Land sehen. Besonders als wir in den Sturm vor der Küste der Shetlandinseln gerieten."
"Aber wir haben es geschafft, Newt. Und obendrein gut verdient."
"Aye." Zum ersten Mal seit Tagen lächelte der alte Mann. "Du verhandelst hart, Mädchen. Ich sah, wie das Gesicht des Hafenmeisters bei jeder deiner Forderungen an Röte zunahm. Einen Augenblick dachte ich, du
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