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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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fragte sie sich in verängstigtem Staunen.
    Der Moment schien sich endlos lang auszudehnen, denn weder er noch sein Ross bewegten sich. Er und sein Schlacht ross hätten aus schwärzestem Granit gemeißelt sein können, so reglos standen sie dort. Doch Lilliane entgingen der Zorn und die Feinds e ligkeit, die von ihm ausgingen, keineswegs.
    Sie zögerte keinen Augenblick länger, um ihre Möglich keiten abzuwägen. Sie entschloss sich nicht bewusst, dass der Fluss und seine dahinschnellenden Fluten immer noch mehr Gnade boten als dieser rachsüchtige, kaltherzige Ritter. Sie reagierte unbewusst, als sie vor seinem zornigen Schweigen zurückwich.
    Ihre Füße waren mittlerweile so durchfroren, dass sie die Eiseskälte des Wassers kaum mehr wah r nahm. Das Wasser fing sich in ihren Röcken und zog an ihren Beinen, doch im mer noch wich sie dorthinein zurück. Dann begann sich das Pferd in langsamen und gleichmäßigen Schritten auf sie zu zubewegen, und sie geriet in Panik.
    Wie eine Besessene wirbelte sie herum und rannte in das eisige schwarze Wasser. Schon nach zwei Schritten verfing sie sich in ihren Röcken. Sie stolperte, doch immer noch kämpfte sie sich von ihm fort. Dann war das Pferd neben ihr, und sie spürte, wie eine harte Hand den Kragen ihres Ge wandes packte. Bevor sie ihn daran hindern konnte, hob er sie aus dem Fluss.
    »Lasst mich runter, Barbar!« schrie sie, als er sie ohne viel Federl e sens vor sich aufs Pferd plumpsen ließ. »Lasst mich los, oder ich werde dafür sorgen, dass mein Vater Euch eine Tracht Prügel…«
    »Ihr seid es, der eine Tracht Prügel verabreicht wird«, sag te er, zwang ihre Arme nach hinten und presste sie hart ge gen seine breite Brust. »Ob diese Ehre Eurem Vater oder mir zufallen wird, ist noch nicht entschieden.«
    Die Drohung in seiner Stimme ließ sie verstu m men, und ein Zittern durchlief ihren ganzen Körper. »Ich rate Euch im Guten, die Finger von mir zu lassen«, warnte sie ihn, doch ihre Stimme zitterte trotz ihres Versuches, mutig zu klingen. »Ungeachtet unserer Meinung s verschiedenheiten wird mein Vater es nicht gutheißen, wenn…«
    »Euer Vater«, murmelte er in ihr Ohr, »wünschte mir eine glückliche Reise und viel Erfolg beim Auffinden seiner eigensinnigen Tochter – meiner eigensinnigen Braut. Vergesst nicht, dass unsere Hochzeit kurz bevorsteht. Wenn das Ehe versprechen einmal gegeben worden ist, wird weder Euer Vater noch sonst irgendwer zu der Bestrafung meiner Gemahlin etwas zu sagen haben!«
    Wenn sie vorher schon Angst gehabt hatte, war das nichts im Vergleich zu dem reinen Entsetzen, das seine bedrohli chen Worte jetzt in ihr hervorriefen. Mit einem Schrei vollkommener Verzwei f lung wand sie sich aus der Umklamme rung seines eisenharten Griffes und versuchte vom Pferd hinunterzugleiten, aber das brachte sie nur beide aus dem Gleichg e wicht. Dann stolperte das große Pferd auf dem un gleichmäßigen Grund des Flusses, und mit einem Klatsch wurden sie beide ins eisige Wasser geworfen.
    Lilliane kam als erste wieder an die Oberfläche, aber ihre Röcke behinderten sie und ihr Haar versperrte ihr die Sicht. Bevor ihr Fuß noch Halt fand oder sie etwa versuchen konn te zu schwimmen, hatte seine Hand sie wieder gefunden und mit einem schnellen Ruck wieder an sich gezogen. Als ob sie nur ein bemitleidenswertes Stück Holz wäre, das im Fluss umhertrieb, zerrte er sie ans Ufer und die Böschung hinauf.
    Sie rang nach Atem, als er sie schließlich auf einer über wucherten, grasbewachsenen Lichtung absetzte. Er stand über ihr, im schwachen Mondlicht nur noch als Silhouette erkennbar, und atmete ebenso schwer wie sie. Es schien ihr, als seien in ihm ihre Alpträume der Kindheit zum Leben er wacht, dachte sie voller Entsetzen. Ein schweigsamer, gesichtsloser Dämon, schwärzer als die Nacht, viel bedrohli cher, als man es sich bei Tag vorstellen konnte. Und er war en t schlossen, sie zu seiner Frau zu machen!
    Angesichts ihrer Niederlage entrang sich ihr ein Schluch zen, und Lilliane vergrub den Kopf in ihren Armen. Sie woll te vor ihm nicht weinen, und doch konnte sie es nicht ver hindern. Sie hatte alles in ihrer Macht Stehende getan, aber es war nicht genug gewesen. Mit kalter Zielstrebigkeit hatte er sie gefunden, und jetzt war sie ihm wahrhaft ausgeliefert.
    Sie war nicht sicher, was sie jetzt erwartete. Im mindesten böse Anklagen und Drohungen. Schlimmstenfalls würde er sie schlagen. Sie war sich sicher, dass er sie nicht töten wür de,

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