Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
habe dieser Stadt genug gegeben.« Knurrend stieß ich einen Finger gegen sein Metallkinn. »Sagen Sie mir, was los ist.«
»Du drohst Toten, Kind? Womit? Respektlosigkeit? Gewalt?« Der Körper verlagerte sich hinter den grünen Augen, das aufgedunsene Gesicht trieb in die Nähe des Glases. »Denk nicht mal daran, uns zu drohen.«
»In dieser Welt gibt es mehr als Sie, alter Mann.« Ich berührte mit dem Fuß die Metallleitungen, die seinen Körper nährten. »Wozu ist der Patriarch nütze, wenn es seine Familie nicht mehr gibt? Was werden Sie sein, wenn die Familie Tomb in Veridon nicht mehr geachtet wird?«
Langes Schweigen, metallisches Atmen. »Er hätte es nicht von ihr verlangen dürfen«, sagte er schließlich verärgert. Die Wut schwang durch den Sprachverstärker als scharfes Zischen mit. »Sie konnte nicht das ganze Bild sehen. Ich habe davon abgeraten.«
»Wovon genau haben Sie abgeraten, Patriarch?«
»Warum bist du hier, Jacob Burn? Was führt dich in mein Haus, auf dass du meine Ruhe störst? Alexander hat dich jedenfalls nicht geschickt. Frag dich mal, warum, Jacob. Und wenn er dich nicht in das Geheimnis eingeweiht hat, warum sollte ich es dann tun?«
»Ich bin nicht gekommen, um Sie zu besuchen, alter Mann.« Abermals flammten die Schmerzen in meiner Brust auf. Dennoch wurde mir klar, dass ich mich insgesamt besser fühlte. Tatsächlich fühlte ich mich beinah wieder normal. »Ich bin in eigener Sache hier.«
»Aber nicht in Familienangelegenheiten. Nein, du stehst nicht für die Familie Burn, nicht wahr? Bist du als Vertreter deiner neuen Familie hier? Wie heißt diese Aufziehpuppe von einem Verbrecher noch mal? Valentine?«
»Ich handle aus eigenem Antrieb, Patriarch. Ich vertrete nur mich selbst.«
»Hehre Worte. Aber was du in Wirklichkeit meinst, ist, dass man dich fallen gelassen hat. Schon wieder. Valentine verzichtet auf deine Dienste und hat seinen Leuten verboten, mit dir zu arbeiten. Stimmt doch, oder?« Er schien aus seinem wässrigen Bett heraus zu grinsen. »Das muss doch ein Gefühl sein, an das du dich allmählich gewöhnst, nicht wahr? Aus etwas herausgeschnitten zu werden wie ein Geschwür.«
»Ich bin nicht allein. Freunde stehen mir bei. Sie kennen nicht das ganze Spiel, alter Mann.« Er verwirrte mich, lenkte meine Aufmerksamkeit vom springenden Punkt weg. »Welche Rolle spielt meine Familie bei dieser Sache? Welche Rolle spielt Ihre Familie? Wenn ich ein Teil davon sein soll, wie Sie andeuten, wie kann ich dann helfen, wenn niemand bereit ist, mir zu sagen, was eigentlich vor sich geht?«
»Du bist wegen des Artefakts hier, richtig? Demjenigen, das heimlich der Kirche gestohlen wurde. Weitergegeben von einem Verbrecher. Ich glaube, sie haben ihn vor all den Jahren im Hinterhof verscharrt.«
Ich fuhr mit einem Finger über das Mechagen. Wie es auch hierhergelangt sein mochte, das lag noch nicht allzu lange zurück. Der Patriarch sprach von etwas anderem. Was konnte es sein?
»Möglich. Was ist es? Hat es etwas mit all diesem Ärger zu tun?«
»Etwas. Was willst du damit?«
»Ich werde dieses Rätsel lösen, alter Mann. Was mein Vater auch vorhatte, ich werde dem ein Ende setzen.«
»Hm. Diese Sorte Ärger kann nicht gelöst werden, Junge. Nur vermieden und überlebt.«
»Sind Sie deshalb hier unten? Weil Sie sich vor den Schwierigkeiten verstecken?«
»Die Zukunft meiner Familie hängt von meinem Überleben ab. Das würdest du nicht verstehen.«
Ich lachte. »Hatten Sie solche Angst vor dem Tod, dass Sie Ihrer Familie eine Falle gestellt haben, damit man Sie am Leben erhält? Haben Sie deshalb diesen unsäglichen Vertrag unterschrieben? Um Ihre Familie mit dem Sitz im Rat zu erpressen?«
»Nennst du das ein Leben? Diese brache Ernte, Jacob, ist das ein Leben?« Hitze ging von Tomb aus, und die Kabel surrten. »Du hast keine Ahnung, Junge, was das ist. Wir bringen Opfer, Jacob – für die Familie. Für die Stadt. Dein Vater versteht das. Er weiß, was es bedeutet, Opfer für die Familie zu bringen.«
»Mein Vater? Der noble Alexander. Sagen Sie, Patriarch, wenn er den Wert von Opfern kennt, den Wert der Familie, was hat dann für ihn so viel mehr gezählt, dass er bereit war, dafür seine Familie, sein eigenes Fleisch und Blut, seinen verdammten Sohn zu opfern?«
Tomb schwieg eine Weile. Schließlich erwiderte er: »Das würdest du nicht verstehen.«
»Also, das glaube ich auf Anhieb«, sagte ich und beugte mich dem riesigen Gesicht zu.
»Es ist
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