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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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Harvard Yard schritt, schlug ihr Einfall Wurzeln und wuchs heran, streckte seine Äste und Zweige langsam in ihr Bewusstsein vor. Sie kam an den ältesten Gebäuden des Campus vorbei, flachen Backsteingebäuden, mit einem Geflecht aus Weinranken überwuchert, und kam vor dem dichten Verkehrsgewühl auf dem Harvard Square kurz zum Stehen.
    Während sie sich in mehreren Anläufen über die mit Autos verstopfte Massachusetts Avenue kämpfte, wandten sich Connies Gedanken wieder Sam zu. Seit ihrer Erfahrung mit dem Sieb-und-Schere-Zauber war ihre sowieso stets präsente Sorge zu einem festen Bestandteil ihres Inneren geworden, der sie auf all ihren Wegen begleitete. Denn sie wusste, dass nur Deliverances Buch Sam von dem Schrecken befreien konnte, der ihn vor Kurzem ereilt hatte. Noch einmal hatte sich ihre Sichtweise jenes ominösen Buches verändert; statt nur eine erstklassige Primärquelle zu sein, war es das Einzige, das Sams Leben wieder zu dem machen konnte, was es einmal gewesen war. Natürlich hatte der Text nach wie vor seinen intellektuellen Wert, doch darüber machte sie sich jetzt keine Gedanken mehr. Connie blickte auf, als sie am alten Friedhof von Cambridge vorbeikam, wo die meisten der Grabsteine in gefährlich schiefem Winkel aus der Erde ragten und das rostige Tor mit einer Kette verschlossen war, um morbide Gaffer oder Vandalen fernzuhalten, und dachte dabei nur an Sam.
    Connie spürte, wie sie die Lippen zusammenpresste. Die Recherche bedeutete ihr nichts. Und Chilton auch nicht.

    Die Idee, die ihr dort in der finsteren Einsamkeit des Widener-Magazins gekommen war, nahm vor ihrem inneren Auge immer deutlicher Gestalt an, und jetzt wusste sie mit schmerzlicher Gewissheit, dass sie Recht hatte. Ein Buch, das man im Harvard des Jahres I925 für einen rein frauenrelevanten Text gehalten hätte, war mit Sicherheit in die bescheidene Bibliothek von Harvards minderbemitteltem Schwestercollege Radcliffe verbannt worden, einer mittlerweile baufällig gewordenen Ansammlung von Gebäuden, die nur noch ein paar vergessene Relikte und wenige, feministisch orientierte Stipendiatinnen beherbergte. An der Ecke zum Stadtpark von Cambridge bog sie nach links ab, und verfiel in einen leichten Lauf Richtung Radcliffe.
     
    Am unkrautüberwucherten Ende der Milk Street kam der Volvo ruckelnd zum Stehen, die Federung protestierte mit einem Ächzen, und Connie quälte sich aus dem Wagen. Als sie durch das quietschende Eisentor in Grannas Garten trat, wäre sie fast über Arlo gestolpert, der unter der dichten Rosmarinhecke neben dem gepflasterten Weg lag und auf sie wartete. Er galoppierte hinter ihr her, als sie ins Haus eilte und dabei kaum den goldenen Schimmer der Abendsonne bemerkte, der auf dem eingebrannten Kreis an der Haustür und dem darüber in die Wand genagelten Hufeisen lag. Sie drängte sich durch die Tür, griff sofort nach dem Telefonhörer und tippte mit nervösen Bewegungen die Nummer, die sie mit Grace verbinden würde.
    »Ich kann nicht lange reden«, sagte ihre Mutter ohne Vorrede, kaum dass sie abgenommen hatte. »Ich hab Bill Hopkins hier, und er braucht eine Aura-Klärung. Die solltest du mal sehen – lauter Zickzacklinien überall. Er ist schrecklich niedergeschlagen und -«
    »Mom«, unterbrach Connie sie atemlos. » Ich hab’s.«

    » Was hast du, Liebes?«, fragte ihre Mutter, gefolgt von einem geflüsterten Ich bin in einer Minute bei Ihnen, Bill – es ist meine Tochter, das durch eine auf den Hörer gelegte Hand etwas gedämpft wurde.
    »Deliverance Danes Buch der Schatten!«, platzte Connie heraus. Ihr Herz schlug einen Trommelwirbel.
    »Aber natürlich hast du es, mein Liebes. Obwohl ich immer noch der Meinung bin, dass du es gar nicht brauchst.« Grace seufzte leise. »Na ja, ich nehme an, schaden kann es nicht. Du hast dir solche Sorgen um ihn gemacht. Es kann ganz hilfreich sein, ein paar konkrete Richtlinien zu haben, wenn du jetzt damit anfängst.« Tee, hörte Connie Grace dem wartenden Bill zuhauchen, wer auch immer das war, während sie ihn offenbar mit einem Winken der Hand in Richtung ihrer Küche beorderte.
    Connie runzelte verblüfft die Stirn. »Was meinst du?«, fragte sie.
    »Na, Sam zu helfen natürlich«, erwiderte Grace, und Connie sah die zart gezupften Augenbrauen ihrer Mutter vor sich, wie sie sich zu zwei aufrichtigen Bögen über ihren Augen erhoben. »Ehrlich gesagt überrascht es mich ein bisschen, dass er schon so früh zu Schaden gekommen ist. Es muss eine

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