Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
Vom Netzwerk:
schrecklich starke Verbindung zwischen euch beiden bestehen.«
    » Wie bitte?«, fragte Connie ungläubig.
    »Normalerweise lassen sie eine ganze Weile verstreichen, bis der Unfall passiert. Aber er kommt, unweigerlich«, sagte Grace mit ganz ruhiger Stimme. »Hab nie eine wirklich gute Erklärung dafür bekommen. Der Herr hat’s gegeben, und der Herr hat’s genommen, wie meine Mutter es immer formuliert hat, als gäbe es einen genauen Preis, den man dafür zahlen muss, dass man in andere Menschen hineinschauen kann. Wir haben die Gabe, aber zunächst verursacht sie uns
nur Schmerz – gewöhnlich Kopfweh -, und dann bringt sie denen, die wir am meisten lieben, Kummer und Pein. Und wie bei allen Dingen ist es eine Art Kreislauf; die Intensität variiert, gebunden an den Zustand der Erde. Nun, während wir uns dem Ende des Jahrhunderts nähern, sind die Rhythmen klarer und schärfer geworden. Ich hatte nur ganze achtzehn Monate mit dem armen Leo, während Mom und Dad mehr als zwanzig Jahre hatten. Und jetzt ist da dein Sam, und es passiert nach nur acht Wochen.« Sie seufzte betrübt. »Mein armer Liebling.«
    »Woher weißt du das mit Sam? Woher weißt du überhaupt seinen Namen?«, wollte Connie wissen. Sie war durchaus bereit, zuzugestehen, dass es zwischen ihr und Grace einen gewissen Grad der Intuition gab, doch was ihre Beziehung mit Sam anging, hatte sie sich sehr bedeckt gehalten. War das der Grund gewesen, warum Grace so hartnäckig nach ihm gefragt hatte?
    Grace seufzte ungehalten, hauchte eine Entschuldigung zu Bill und bedeutete ihm offenbar mit einem Winken, er solle es sich auf dem Sofa unter den Dachsparren ihres Wohnzimmers gemütlich machen. »Hör mal, Connie, was auch immer du zu tun beschließt, sorg dafür, dass es alles im Haus geschieht«, sagte sie mit fester Stimme. »Sicherer als zuhause, in deinem eigenen Revier, kannst du nicht sein, das ist doch so, oder?«
    »Aber Mom, ich …«, hub Connie an, aber dann versagte ihr die Stimme. »Jetzt warte mal. Willst du damit sagen, du hast gewusst, dass mit Sam etwas passieren wird?«
    Grace schniefte ungeduldig, womit sie gewöhnlich zu verstehen gab, dass Connie gewollt einen Punkt übersah, den sie selbst für klar und unmissverständlich hielt. »Wirklich, Constance, manchmal siehst du vor lauter Bäumen den Wald nicht.«

    Connie erstarrte, während die Hand, in der sie den Hörer hielt, ihr plötzlich wie losgelöst von ihrem Körper vorkam, wie eine Staubfluse, die da irgendwo neben ihrem Gesicht in der Luft schwebte. Was hatte Grace da gesagt?
    Constance.
    Ihr richtiger Name.
    Wie so viele Menschen, die nur mit ihrem Spitznamen gerufen werden, tendierte auch Connie dazu, die Verbindung zu ihrem richtigen Namen zu vergessen. Darüber hatten sie und Liz einmal gesprochen. Wie hatte Liz es formuliert? Wann immer man sie mit Elizabeth ansprach, dachte sie, es sei jemand gemeint, der hinter ihr stand.
    Constance. Was für ein braver Name das doch war, der nach Lacklederschuhen und Spitzensöckchen klang! Als kleines Mädchen hatte sie ihn gehasst, und die unkonventionellen Freunde ihrer Mutter, die in der Kommune in Concord ein und aus gingen, waren sowieso keine Freunde herkömmlicher Namen gewesen und hatten ihre Babys meistens überkandidelte Hippienamen wie Sky, River oder Tree gegeben.
    Und so war es gekommen, dass sich Connie immer weiter von ihrem Taufnamen entfernt hatte, dass sie ihn irgendwann praktisch ablegte, so wie man ein Paar Schuhe ablegt, die einem zu klein werden. Dabei hatte sie so gründlich mit ihm aufgeräumt, dass ihr erst jetzt, mit einem Gefühl des Erstaunens, dämmerte, dass der Name nicht einfach nur ein Name war, sondern auch noch eine Bedeutung hatte. Constance. Beständigkeit. Treue. Unerschütterlichkeit. Wie Grace . Anmut.
    Wie Deliverance.
    »O mein Gott«, flüsterte sie, und ihre Augen weiteten sich, denn sie hatte endlich und mit deutlicher Klarheit begriffen. Aber natürlich … Und Sophia – griechisch für Weisheit, hatte Liz ihr erklärt. Prudence. Patience. Temperance,
deren gleichmütiges Gesicht aus dem neunzehnten Jahrhundert von dem Gemälde in Grannas Wohnzimmer auf sie herabblickte. Eine geheime Verbindung zwischen den Frauen in ihrem gegenwärtigen Leben und denjenigen, auf deren Fährte in der Vergangenheit sie sich begeben hatte. Ihre Familiennamen hatten sich durch Eheschließungen und die Zeitläufe verändert, doch hinter ihren Vornamen verbarg sich unbestritten ein Stammbaum.
    Connie

Weitere Kostenlose Bücher