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Das Hexenbuch von Salem

Das Hexenbuch von Salem

Titel: Das Hexenbuch von Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howe
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um ihr ins Gesicht zu sehen. Sie schaute zu ihm hoch und lächelte etwas kümmerlich. »Mach dir nicht so viele Gedanken.« Seine grünen Augen funkelten, und er lächelte ihr zu. Sie schluckte.
    »Was, glaubst du, hätten Deliverance Dane oder Mercy Lamson zu alldem zu sagen?«, scherzte sie und durchbrach die flüchtige Stille, die sie beide ergriffen hatte.
    Er lachte. »Gott weiß. Aber ich bin mir sicher«, fügte er hinzu und zog ein Taschenbuch mit einer Sammlung von Erzählungen über Entführungen durch Aliens aus dem Regal, »dass das hier Deliverances Lieblingsbuch gewesen wäre.«
    Connie lachte und wandte sich von den Bücherregalen ab. Mitten in der Bewegung stutzte sie plötzlich und trat überrascht einen Schritt zurück. Direkt gegenüber von ihr, auf einem Regal, das vom Boden bis fast hoch zur Decke reichte, standen unzählige kleine Tütchen getrockneter Kräuter und Tränke in Pulverform, mit Etiketten in Schreibschrift.
    »Wow«, sagte sie und machte einen Schritt darauf zu, um sich die Ware genauer anzusehen. Die Auswahl reichte von gewöhnlichen Küchenkräutern wie Oregano oder Bohnenkraut
bis zu nichtorganischen Substanzen wie gemahlenem gelben Schwefel und kleinen Fläschchen mit flüssigem Quecksilber. Die meisten Pflanzennamen kannte sie und bemerkte mit gewisser Überraschung, dass viele von ihnen wild in Grannas Garten wuchsen. Sie berührte die kleinen Plastiktüten, die Stirn nachdenklich gerunzelt. Diese Regale erinnerten sie an etwas.
    Genauer gesagt erinnerten sie sie an die Einweckgläser und Flaschen in Grannas Küche. Die ausgeblichenen Etiketten in der Küche sahen haargenau so aus wie diese, obwohl sie nach so langer Zeit größtenteils unleserlich geworden waren.
    »Wie sonderbar«, flüsterte sie, nahm ein Tütchen mit Bilsenkraut von einem der Regale und schaute sich das Etikett genauer an. GESAMMELT IM JUNI I989, stand in winziger Schrift getippt in der rechten unteren Ecke. Connie schniefte. Jeder, der auch nur ein rudimentäres Wissen über Gartenbau hatte, wusste, dass Kräuter bereits im Moment des Sammelns beginnen, ihre Wirkung zu verlieren. Selbst in Kochbüchern wurde darauf immer wieder hingewiesen; der Geschmacksunterschied zwischen getrockneten und frischen Kräutern gehörte in der guten Küche zum Grundwissen.
    »Was für ein tolles Regal«, murmelte sie und stellte das Tütchen zurück. Sie trat wieder zu Sam, der sich eine Auswahl von Nasenringen anschaute, die vorne im Laden unter Glas angeboten wurden.
    »Findest du, ich sollte beim Septum-Ring bleiben oder die Möglichkeiten etwas erweitern?«, fragte er sie und spielte mit seinem Nasenring. »Die haben kleine Opalstecker, Würfelchen aus Zirkonia …«
    »Die Kräuter hier sind alle abgelaufen«, nörgelte Connie. »Am besten sind sie ganz frisch, aber selbst getrocknet muss man sie innerhalb von zwei Monaten verbrauchen. Sonst
sind sie nicht mehr gut. Die da hinten im Laden sind alle um die zwei Jahre alt. Das ist ein totaler Beschiss.«
    »Habt ihr denn gefunden, was ihr gesucht habt?«, fragte die Frau mit den Rattenschwänzen. Sie klebte Etiketten auf lavendelfarbene Kaffeebecher mit der Aufschrift: STADT DER HEXEN. Ihre gestrichelten Brauen waren finster zusammengezogen. Connie fragte sich, ob sie ihr Gespräch mit angehört hatte.
    »Das wär’s, danke«, sagte Connie und benutzte damit den Ausdruck, den man in Neuengland immer dann einsetzte, wenn eine Transaktion beendet war. »Das wär’s« konnte bedeuten, dass man mit dem Essen fertig war, dass man keine Ankleidekabine brauchte, dass man bereits wusste, wo man hinmusste, dass genügend Benzin im Tank war. Oft bedeutete es einfach, dass man nicht vorhatte, etwas zu kaufen. Eine Gewitterwolke senkte sich über die Augen der rattenzöpfigen Frau herab, sie drehte ihnen unter heftigem Baumeln ihrer Halbmondohrringe die Schulter zu und klatschte in eisigem Schweigen ein paar weitere Etiketten auf ein paar weitere Tassen.
    »Lass uns gehen«, flüsterte Connie und nahm Sam am Arm. Ein unbehagliches Gefühl machte sich in ihr breit, doch kaum waren sie unter dem sanften Gong hindurch nach draußen geschritten, löste es sich auf.
     
    Der Himmel über Salem hatte sich abgekühlt, und ein blassrosa Streifen sickerte allmählich durch die blaugraue Fläche, die sich über ihren Köpfen erstreckte. Connie holte tief Luft, genoss den salzigen Biss der Abendluft und stieß einen langen, zufriedenen Seufzer aus.
    »Isst du das noch?«, fragte Sam und

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