Das Hexenkreuz
gerettet.“
„Deine
Mutter hat uns überhaupt erst in diese Lage gebracht“, schnappte Emilia zurück.
„Da hast du
allerdings Recht“, stimmte Filomena aus vollem Herzen zu. „Glaube mir, ich
billige keineswegs das, was meine Mutter getan hat. Aber ich bin sehr froh,
dass sie dich daran gehindert hat, selbst Hand an dich zu legen. Es wäre purer
Wahnsinn gewesen, dich zu opfern, es hätte nichts an der Situation geändert -
außer dass wir jetzt beide tot wären. Es ist, wie es ist. Wir müssen versuchen,
das Beste aus unserer Lage zu machen“, appellierte Filomena an Emilias
Vernunft. Sie sah sie an, als erwartete sie eine bestimmte Frage.
Emilia
gewahrte erst jetzt das besondere Leuchten in ihren Augen. Sofort richtete sie
sich auf und packte erregt ihren Arm: „Was ist? Hast du etwas über meinen
Bruder in Erfahrung gebracht?“
„Ja, es gibt
allerdings Neuigkeiten. Und diesmal sind es gute!“, brach es aus Filomena
heraus. „Emanuele geht es ausgezeichnet. Er ist wohlbehalten in Rom angelangt
wie auch sein Freund Francesco!“
„Oh
Filomena, das sind ganz wunderbare Nachrichten. Ich danke dir.“ Befreit fiel
ihr Emilia um den Hals. „Wie hast du überhaupt davon erfahren?“
„Durch
Emanuele. Er hat dir geschrieben.“
Emilia
streckte die Hand aus. „Gib mir den Brief!“
„Ich habe
ihn nicht. Mutter hat ihn. Aber ich konnte ihn heimlich lesen. Daher weiß ich
es.“
„Ihr lest meine Briefe? Du auch?“, schnaubte Emilia empört.
Filomena
störte sich nicht an ihrer Entrüstung. „Sei nicht so empfindlich“, meinte sie
stattdessen. „Wie sollte ich sonst erfahren haben, wie es Emanuele geht, hmm?“
„Dann lass
uns gleich hinunter gehen und ihn holen!“, sagte Emilia forsch und versuchte
aufzustehen.
„Das ist
leider unmöglich“, bremste Filomena sie aus. „Mutter hat ihn weggeschlossen und
ist danach ausgefahren. Sie wird erst gegen Abend wieder zurückerwartet.“
Emilia ließ
ein weiteres wütendes Schnauben hören. Sie schmollte derart offensichtlich und
wirkte dabei so jung und verletzlich, dass Filomena ein leises Schmunzeln nicht
unterdrücken konnte. Zum Glück klopfte es und Rosa stand mit gewichtiger Miene
in der Tür. In ihrem Gefolge waren zwei Diener, die auf ihren Platten eine
Menge an Speisen hereinschleppten, die ausreichte, ein Dutzend Personen zu
verköstigen. Filomena ordnete an, alles abzustellen, sie würden sich dann
selbst bedienen. Sobald Rosa und die Diener verschwunden waren, fiel Emilia
heißhungrig über die Platten her. Sie aß, als würde ihr Leben davon abhängen.
Filomena konnte nur über ihren gesunden Appetit staunen.
„Das war
schon immer so“, meinte Emilia zwischen zwei Bissen, „Seelischen Aufruhr
kompensiere ich mit Essen…“ Mit Genuss grub sie ihre kleinen weißen Zähne in
ein knuspriges Hühnerbein. Filomena zerbröselte nur gedankenverloren ein
Milchbrötchen, als ein Geräusch sie aufschreckte: „Hast du das gehört?“
„Was denn?“,
fragte Emilia. Unmittelbar darauf stieß sie einen Schreckenslaut aus. Etwas Pelziges
war mit einem Satz auf ihrem Schoß gelandet! Emilia erkannte den Kater sofort,
obwohl er ziemlich abgerissen aussah: „Paridi! Mein Gott, Paridi, du bist
hier!“ Überglücklich drückte sie den Kater an ihr Herz. Paridi ließ es sich
eine Weile gefallen, dann maunzte er und schnappte sich das Hühnerbein aus
Emilias Hand. Gierig machte er sich darüber her.
„Dein Kater,
hmm? Ihr habt die gleichen Essgewohnheiten. Wie nanntest du ihn? Paridi? Wie
der schöne Paris, der Helena entführte und den Trojanischen Krieg damit auslöste?“
„Ja.“
Glücklich sah Emilia Paridi beim Essen zu. Sie reichte ihm ein zweites
Hühnerbein hinunter, über das er sich ebenso hungrig hermachte.
„Erstaunlich.
Er muss hinter der Dienerschaft hereingehuscht sein. Leider kann er nicht
bleiben. Ich werde versuchen, ihn für dich hinauszuschmuggeln.“
„Aber wieso
denn? Er nimmt doch keinen Platz weg. Natürlich bleibt er hier“, verkündete
Emilia kategorisch.
„Es geht nicht.
Mutter hasst Katzen und tötet alle, derer sie habhaft werden kann. Und nein, du
kannst ihn nicht vor ihr verstecken“, betonte sie, da sie Emilias Protest
voraussah, „Sie kann ihre Anwesenheit förmlich riechen. Sie glaubt, dass eine
Katze eines Tages ihren Tod herbeiführen wird“, erklärte Filomena ernst. Das
erinnerte Emilia wieder daran, was der kleine Hirte ihr über Beatrices
Katzenhass erzählt hatte. „Was? Wie kommt sie
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