Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
strahlt. »Wir wohnen im Apollina, aber mein Mann wollte sich unbedingt die Ruinen ansehen. Ich habe ihm gesagt, ich muss mich kurz hinsetzen und komme gleich nach.« Sie holt eine Wasserflasche hervor und nimmt einen Schluck. »So ist er eben. Letztes Jahr waren wir in Thailand. Das hat mich fast umgebracht. Am Ende habe ich gestreikt. Ich habe gesagt: ›Das war der letzte Tempel. Ich will am Strand liegen.‹ Dagegen ist doch wohl nichts einzuwenden, oder?«
»Finde ich auch.« Ich nicke. »Wir waren in Italien – eine Kirche nach der anderen.«
»Kirchen!« Sie rollt mit den Augen. »Davon kann ich ein Lied singen. Wir in Venedig. Ich habe ihm gesagt: ›Gehst du denn in England jemals in die Kirche? Woher das plötzliche Interesse, nur weil wir im Urlaub sind?‹«
»Genau das habe ich zu Richard auch gesagt!«, erkläre ich eifrig.
»Mein Mann heißt auch Richard!«, ruft die Frau. »Ist das nicht lustig? Richard wie?«
Sie lächelt, aber ich starre sie nur ratlos an. Was rede ich da? Wieso musste ich sofort an Richard denken, nicht an Ben? Was ist los mit mir?
»Eigentlich …« Ich wische mir über die Wange, versuche, meine Gedanken zu ordnen. »Eigentlich heißt mein Mann nicht Richard.«
»Oh.« Sie wirkt erstaunt. »Entschuldigung. Ich dachte, Sie sagten …« Verwundert betrachtet sie mich näher. »Geht es Ihnen nicht gut?«
Oh Gott. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Tränen laufen über mein Gesicht. Viele Tränen. Ich wische sie weg und versuche zu lächeln.
»Tut mir leid.« Ich schlucke. »Ich habe mich gerade erst von meinem Freund getrennt. Ich bin noch nicht ganz darüber hinweg.«
»Ihrem Freund ?« Irritiert starrt die Frau mich an. »Ich dachte, Sie sagten, Sie wären in den Flitterwochen?«
»Bin ich auch.« Ich schluchze. »Ich bin in den Flitterwochen!« Und jetzt weine ich richtig, schluchze schwer und bebend wie ein Kind.
»Und welcher von beiden ist Richard?«
»Nicht mein Mann!« Ich stimme ein steinerweichendes Wehklagen an. »Richard ist nicht mein Mann! Er hat mich nie gefragt! Er hat mich nie gefrahahaaaagt …!«
»Ich lasse Sie lieber etwas allein«, sagt die Frau peinlich berührt und klettert vom Felsen. Als sie geht, gebe ich das lauteste, herzzerreißendste Geheul von mir, dem ich mich je hingegeben habe.
Ich habe Heimweh. Heimweh nach Richard. Er fehlt mir so sehr. Es kommt mir vor, als hätte er mir bei unserer Trennung ein Stück aus meinem Herzen gerissen. Eine Weile hat mich das Adrenalin der Situation in Gang gehalten … aber jetzt merke ich, wie verletzt ich bin. Ich spüre den Schmerz am ganzen Leib. Mein Herz ist noch kein bisschen verheilt.
Er fehlt mir, er fehlt mir, er fehlt mir.
Mir fehlt sein Humor, seine Klugheit. Mir fehlt es, nachts seine Nähe zu spüren. Mir fehlt es, auf Partys mit ihm vielsagende Blicke auszutauschen. Mir fehlt sein Geruch. Er riecht, wie ein Mann riechen sollte. Mir fehlen seine Stimme und seine Küsse und sogar seine Füße. Mir fehlt einfach alles.
Aber ich bin mit einem anderem verheiratet.
Wieder entfährt mir ein verzweifeltes Schluchzen. Warum habe ich geheiratet? Was habe ich mir dabei gedacht? Ich weiß, dass Ben sexy und lustig und charmant ist, aber plötzlich kommt mir das alles bedeutungslos vor. Es fühlt sich hohl an.
Was soll ich jetzt also machen? Ich schlage die Hände vors Gesicht und merke, dass ich allmählich langsamer atme. Ich drehe meinen Ehering um meinen Finger. Im ganzen Leben habe ich mich noch nie so gefürchtet. Ich habe schon viele Fehler gemacht, aber noch nie in dieser Größenordnung. Nie mit diesen Auswirkungen.
Ich kann nichts machen , sagt mir mein Verstand. Ich stecke fest. In der Falle. Ich bin selbst schuld daran.
Die Sonne brennt mir auf den Kopf. Ich sollte lieber von dem Fels heruntersteigen und Schatten suchen. Doch ich kann mich nicht dazu bewegen. Ich kann keinen Muskel rühren. Nicht, bevor ich nicht klarer sehe. Erst wenn ich ein paar Entscheidungen getroffen habe.
Es dauert fast eine Stunde, bis ich mich rühre. Ich springe vom Felsen, klopfe mich ab und mache mich eilig auf den Weg zur Herberge. Mir fällt auf, dass Ben sich nicht mal die Mühe gemacht hat nachzusehen, ob mit mir alles in Ordnung ist. Aber selbst das interessiert mich nicht mehr.
Ich sehe die beiden, bevor sie mich sehen. Ben sitzt direkt neben Sarah auf der Veranda, mit der Hand auf ihrer Schulter, und spielt an ihrem Träger herum. Es ist so offensichtlich, was da vor sich geht, dass
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