Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
Langridge – vor ihr stehen, mit dem Modell eines Kreuzfahrtschiffes in der Hand. Es besteht aus Balsaholz und Papier. Es hat drei Schornsteine und Reihen sauber ausgeschnittener Bullaugen, und oben drauf liegen winzige Tonfiguren am blau bemalten Swimmingpool in der Sonne. Sprachlos vor Staunen starre ich das Schiff an.
»Es tut mir so leid, Mrs Hocking«, sagt Jane gerade. »An manchen Stellen ist die Farbe noch nicht ganz getrocknet. Wir hatten solchen Spaß beim Basteln, nicht wahr, Joshua?«
»Hallo, Mrs Phipps«, ruft Mrs Hocking fröhlich. »Schöne Ferien gehabt?«
Mrs Phipps . Ich muss richtig die Zähne zusammenbeißen, wenn man mich so anspricht. Ich bin aus schulischen Gründen noch nicht wieder »Miss Graveney« geworden. Offen gesagt, bin ich nicht ganz sicher, was ich tun soll. Ich möchte Noah nicht verwirren. Er soll nicht das Gefühl bekommen, dass ich seinen Nachnamen ablehne. Ich mag es, so zu heißen wie Noah. Es fühlt sich vertraut und richtig an.
Ich hätte mir einen ganz neuen Nachnamen aussuchen sollen, als er auf die Welt kam. Nur für uns. Scheidungssicher.
»Mami, hast du den Heißluftballon?« Voll Sorge blickt er zu mir auf. »Haben wir den Heißluftballon dabei?«
Leeren Blickes starre ich ihn an. Ich habe keine Ahnung, wovon er redet.
»Noah hat uns erzählt, dass er einen Heißluftballon basteln wollte. Tolle Idee!« Strahlend stürzt sich Mrs Hocking auf uns. Sie ist eine Frau von Mitte sechzig, die in Karottenhosen lebt. Sie ist die Ruhe selbst, sodass ich mir neben ihr unweigerlich wie eine plappernde Irre vorkomme. Jetzt ruht ihr Blick auf meinen leeren Händen. »Haben Sie ihn dabei?«
Sehe ich aus, als hätte ich einen Heißluftballon bei mir?
»Nicht dabei«, höre ich mich sagen. »Nicht wirklich dabei.«
»Ah.« Ihr Lächeln erstirbt. »Nun, Mrs Phipps, wenn es vielleicht irgendwie möglich wäre, den Ballon noch heute Morgen herzuschaffen, könnten wir ihn in der Ausstellung präsentieren, die wir für die Schulversammlung vorbereiten.«
»Stimmt! Natürlich!« Zuversichtlich lächle ich sie an. »Ich muss nur … ein winziges Detail … lassen Sie mich kurz mit Noah sprechen.« Ich ziehe ihn beiseite und beuge mich herab. »Welcher Heißluftballon, Schätzchen?«
»Mein Heißluftballon für das Reiseprojekt«, sagt Noah, als sei das doch naheliegend. »Wir sollten heute was mitbringen.«
»Stimmt.« Es bringt mich fast um, heiter und munter zu bleiben. »Ich wusste nichts davon, dass du ein Projekt hattest. Du hast kein Wort davon gesagt.«
»Hab ich vergessen.« Er nickt. »Aber wir hatten doch einen Brief bekommen …«
»Was ist mit dem Brief passiert?«
»Daddy hat ihn in seine Obstschale gelegt.«
Ich spüre, wie ein vulkanischer Wutausbruch in mir brodelt. Ich wusste es. Ich habe es gewusst.
»Okay. Verstehe.« Ich grabe meine Fingernägel in die Handflächen. »Von einem Projekt hat Daddy mir nichts erzählt. Schade eigentlich.«
»Wir haben besprochen, was man bauen könnte, und Daddy meinte: ›Wie wär’s mit einem Heißluftballon?‹« Noahs Augen leuchten. »Daddy meinte, wir könnten einen Ballon kaufen und Pappmaschee draufkleben und einen Korb und Passagiere basteln. Und Seile. Und ihn anmalen. Und ein Passagier könnte Batman sein.« Seine kleinen Wangen leuchten vor Begeisterung. »Hat er ihn gebaut?« Erwartungsvoll sieht er mich an. »Hast du ihn dabei?«
»Ich muss kurz … nachsehen.« Mein Lächeln fühlt sich an wie aufgeklebt. »Spiel mal einen Moment auf dem Klettergerüst.«
Ich trete einen Schritt beiseite und drücke Daniels Nummer.
»Daniel Phi…«
»Hier ist Fliss.« Ich schneide ihm das Wort ab. »Bist du rein zufällig auf dem Weg zur Schule und hast einen Heißluftballon aus Pappmaschee mit Batman im Korb dabei?«
Es folgt eine ziemlich lange Pause.
»Oh«, sagt Daniel schließlich. »Scheiße. Tschuldigung.«
Er klingt nicht, als würde es ihm auch nur die geringste Sorge bereiten. Ich könnte ihn umbringen.
»Nein! Nix ›Oh. Scheiße. Tschuldigung.‹ Das kannst du nicht machen , Daniel! Es ist Noah gegenüber nicht fair, und es ist mir gegenüber nicht fair, und …«
»Fliss, entspann dich! Es ist doch nur ein kleines Schulprojekt.«
»Es ist nicht klein! Für Noah ist es riesengroß! Es ist … du bist …« Schnaufend komme ich ins Stocken. Er wird es nie begreifen. Die Luft kann ich mir sparen. Ich bin auf mich allein gestellt. »Na gut, Daniel. Vergiss es. Ich kümmer mich drum.«
Ich lege
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