Das Hochzeitsversprechen: Roman (German Edition)
Kabine.« Eine Frau der Fluglinie spricht ihn an. »Und es ist zu spät, um ihn jetzt noch einzuchecken. Darf ich vorschlagen, dass Sie warten und einen späteren Flug nehmen?«
»Einen späteren Flug?« Richards Stimme scheint von einem gequälten Tier zu kommen. »Es gibt keine anderen Flüge zu dieser gottverlassenen Insel! Nur einen pro Tag!«
»Sir …«
»Ich muss mit dieser Maschine fliegen.«
»Aber, Sir …«
Zu meiner Überraschung schwingt sich Richard auf den hohen Tresen des Schalters, sodass er mit der Frau von der Fluglinie auf Augenhöhe ist.
»Die Frau, die ich liebe, hat sich an einen anderen Mann gebunden«, sagt er eindringlich. »Ich war zu langsam, und das werde ich mir nie verzeihen. Aber wenn ich auch sonst nichts tun kann, so kann ich ihr doch sagen, was ich für sie empfinde. Das habe ich nämlich nie getan. Nicht richtig. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich es selbst wusste.«
Sprachlos starre ich ihn an. Ist das Richard? Der da seine Liebe in aller Öffentlichkeit erklärt? Könnte Lottie ihn doch nur sehen! Es würde sie glatt umhauen! Die Frau von der Fluglinie dagegen wirkt eher unbeeindruckt. Sie hat ihre schwarz gefärbten Haare zu einem strengen Dutt gebunden und ein teigiges Gesicht mit bösen, kleinen Augen.
»Wie dem auch sei, Sir«, sagt sie. »Ihr Koffer ist zu groß für die Kabine. Wären Sie so freundlich beiseitezutreten?«
Was für ein Biest. Ich habe schon oft gesehen, wie Leute Gepäck von dieser Größe mit in die Maschine genommen haben. Ich weiß, ich sollte vortreten und Richard sagen, dass ich hier bin, aber andererseits möchte ich auch sehen, was als Nächstes passiert.
»Okay. Dann lasse ich den Koffer eben hier.« Mit finsterer Miene springt Richard auf den Boden und lässt die Verschlüsse seines Koffers aufschnappen. Er nimmt sich ein paar T -Shirts, seinen Waschbeutel, ein Paar Socken und Boxershorts, dann kickt er den Koffer zur Seite.
»Hier. Das ist mein Handgepäck.« Er schwenkt die Sachen vor ihrer Nase. »Jetzt zufrieden?«
Die Frau von der Fluglinie mustert ihn nur.
»Da können Sie Ihren Koffer nicht stehen lassen, Sir.«
»Gut.« Er klappt den Koffer zu und stellt ihn auf einen Mülleimer. »So.«
»Dort können Sie ihn auch nicht lassen, Sir. Es ist eine Frage der Security. Wir wissen ja nicht, was drin ist.«
»Doch, wissen Sie.«
»Nein, wissen wir nicht.«
»Sie haben doch eben gesehen, wie ich ihn ausgepackt habe.«
»Wie dem auch sei, Sir.«
Alle Anwesenden haben sich umgedreht und lauschen gespannt. Richard atmet schwer, zieht die breiten Schultern an. Wieder mal erinnert er mich an einen Bullen kurz vor dem Angriff.
»Onkel Richard!« Plötzlich hat Noah ihn entdeckt. »Kommst du mit uns in die Ferien?«
Richard zuckt vor Schreck zusammen, als er erst Noah und dann mich entdeckt.
»Fliss?« Er lässt seine Boxershorts fallen und bückt sich, um sie wieder aufzuheben, was nicht mehr ganz so nach einem kampfbereiten Bullen aussieht. »Was machst du hier?«
»Hi, Richard.« Ich versuche, nonchalant zu klingen. »Wir wollen zu Lottie. Was … äh …« Fragend breite ich die Arme aus. »Ich meine, was genau …«
Natürlich weiß ich ungefähr, was er vorhat, wie alle anderen hier, aber ich interessiere mich für die Details. Hat er einen Plan?
»Ich konnte nicht einfach rumsitzen«, sagt er barsch. »Ich konnte sie nicht einfach so gehen lassen, ohne ihr je gesagt zu haben, was ich …« Er kommt ins Stocken, und man sieht ihm an, wie unwohl er sich fühlt. »Ich hätte ihr einen Antrag machen sollen«, fügt er plötzlich hinzu. »Ich hätte schätzen sollen, was ich an ihr hatte! Ich hätte um ihre Hand anhalten sollen!«
Sein gequälter Aufschrei schneidet durch die Stille. Alle im Raum sind gespannt, und ich bin – offen gesagt – total verblüfft. Noch nie habe ich Richard derart leidenschaftlich erlebt. Und Lottie? Ich wünschte, ich hätte seinen Auftritt mit meinem iPhone festgehalten.
»Sir, bitte entfernen Sie Ihren Koffer von diesem Abfalleimer.« Die Frau von der Fluglinie spricht Richard an. »Wie gesagt: Er wird einen Security-Alarm auslösen.«
»Der gehört mir nicht mehr«, erwidert er und wedelt mit seinen Boxershorts vor ihrer Nase herum. »Das hier ist mein Handgepäck.«
Die Frau beißt die Zähne zusammen.
»Wollen Sie, dass ich den Sicherheitsdienst rufe und Ihren Koffer sprengen lasse, wodurch sich der Flug um mindestens sechs Stunden verzögern würde?«
Ich bin nicht die
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