Das Hohelied des Todes
nickte. »Und wo kann man hier abartige Filme kriegen? Richtig üblen Schweinkram?«
Beauchamps grinste jungenhaft. »Wenn ich das wüßte, Decker, könnte ich endlich mal wieder’ne astreine Razzia veranstalten.«
»Haben Sie schon einmal etwas von einem Fotografen gehört, der Cecil Pode heißt?«
»Nein.«
»Vielen Dank.«
»Kommen Sie ruhig mal wieder vorbei«, sagte Beauchamps. »Ich lad’ Sie zum Essen ein.«
13
»Was macht Ihr Fall?« fragte der Rabbi. »Haben Sie den Mörder des Mädchens gefaßt?«
Decker zog an seiner Zigarette und schüttelte den Kopf. Schulman schien die Geschichte sehr zu beschäftigen. »Haben Sie noch einmal mit den Eltern geredet?«
»Seit der ersten Befragung nicht mehr«, antwortete Decker. »Ich wollte mich erst wieder bei ihnen melden, wenn ich etwas Konkretes in der Hand habe.«
Der Rabbi drückte seine handgedrehte Zigarette aus.
»Ich bin überzeugt, daß sich bald erste Erfolge einstellen werden, Peter.«
»Ihr Vertrauen ehrt mich, Rabbi. Es scheint ein ziemlich vielschichtiger Fall zu sein. je mehr Schichten ich abtrage, desto mehr glaube ich, daß die Geschichte einen ganz faulen Kern hat. Die Sache stinkt zum Himmel.«
»Gibt es überhaupt so etwas wie einen angenehmen Fall?« fragte Schulman. »Meine Frage ist nicht rhetorisch gemeint. Ich wüßte wirklich gern, ob es Fälle gibt, nach denen Sie sich besser fühlen.«
»Eigentlich nicht«, sagte Decker. »Aber die meisten sind sehr geradlinig. Eine Frau erschießt ihren Mann, weil er eine Geliebte hat. Ein Mann erschießt seine Frau, weil sie ihn schikaniert. Mama hackt im falschen Moment auf ihrem Schwiegersohn herum. Aber dieser Fall ist anders.«
Der Rosch-Jeschiwa war offensichtlich beunruhigt.
Decker verwünschte seine Dummheit. Er hätte Schulman nichts von seiner Arbeit erzählen dürfen. Der alte Mann lebte so zurückgezogen, daß er mit der Schlechtigkeit der Welt einfach überfordert war.
»Keine Sorge, Rabbi«, sagte Decker. »Wir werden den Fall aufklären.«
Decker hatte Rina versprochen, nach der Stunde bei Rabbi Schulman noch rasch bei ihr vorbeizuschauen. Durch ihre Haustür hörte er Stimmen, eine fremde Sprache – Ungarisch.
Ihre Eltern. Scheiße!
Widerwillig klopfte er. Rina riß die Tür auf und starrte ihn an. Sie sah schmal aus. Sie hatte Jacob, der durchaus kein Leichtgewicht war, auf dem Arm, und seine Füße baumelten ihr bis zu den Schienbeinen herunter. Er hatte nur eine Schlafanzughose an, kein Oberteil, und seine verquollenen Augen verrieten, daß er geweint hatte.
Hinter der Tür standen, stocksteif wie immer, Rinas Eltern. Ihre Mutter, Mrs. Elias, war trotz der Falten um Augen und Mund noch immer eine sehr hübsche Frau. Rina ähnelte ihr zwar, hatte aber den babyglatten Teint vom Vater geerbt und so von beiden Elternteilen das Beste mitbekommen. Mr. Elias, ein stämmiger, muskulöser Mann, war kleiner als seine Frau. Er wirkte aufgeregt, sein rundes Gesicht war gerötet und verschwitzt.
»Was ist passiert?« fragte Decker.
»Komm rein«, sagte Rina müde.
»Du hast nicht gefragt, wer da ist?« schimpfte ihre Mutter in ihrem alles andere als akzentfreien Englisch. »Es hätte doch Gott weiß wer vor der Tür stehen können.«
»Ich habe ihn durch den Spion gesehen«, sagte Rina nervös.
»Komm mal zu mir, Jake«, sagte Decker, der sich zwingen mußte, gleichmäßig zu atmen. »Sonst fallen deiner Mutter noch die Arme ab.«
Als Decker ihn Rina abnehmen wollte, schrie der Junge auf, trat um sich und verbarg das Gesicht am Hals seiner Mutter.
»Er hatte wieder einen Alptraum«, erklärte Rina. »Ich glaube, er ist gar nicht richtig wach. Er ist schweißgebadet aufgewacht, und wenn ich versuche, ihm etwas überzuziehen, schreit er. Wenn ich ihn wieder ins Bett lege, schreit er. Wenn ihn jemand auf den Arm nehmen will, schreit er. Ich weiß wirklich nicht mehr weiter.«
»Setz dich doch wenigstens mit ihm hin, Ginny«, schlug ihr Vater vor. »Du brichst dir noch das Kreuz.«
»Das habe ich auch schon probiert, Papa«, antwortete Rina.
»Denk daran, wie es war, als Sammy noch ein Baby war. Du hast ihn viel zu oft herumgetragen«, sagte ihre Mutter warnend.
»Was soll ich denn machen?«
»Gib ihn mir«, sagte ihr Vater. Kaum hatte er Jacob an der Schulter berührt, stieß der Junge einen schrillen Schrei aus.
»Laß gut sein, Papa«, sagte Rina. »Er will einfach zu keinem anderen.«
»Nimm ihn mit zu dir ins Bett, Ginny«, meinte ihre Mutter. »Nur für
Weitere Kostenlose Bücher