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Das Hospital der Verklärung.

Das Hospital der Verklärung.

Titel: Das Hospital der Verklärung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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wohl betrunken, Władek? Jetzt willst du das rausholen?«
    »Dann warten wir’s doch lieber im Freien ab«, ließ sich die zweite, leisere Stimme vernehmen.
    »Ob im Freien oder nicht, ist einerlei. Wenn’s einschlägt, müssen wir so und so ins Gras beißen, hast du eine Ahnung! Ist vielleicht wenig davon da? Komm sofort heraus!«
    »Ja doch, Jaś, ich komme ja schon! Oder lieber in den Wald damit, Jaś …?«
    »Das fehlte noch, in den Wald! Komm rüber, ich habe einen Gast mitgebracht …«
    »Wieso denn das?«
    Die Stimmen gingen in undeutliches Murmeln über. Stefan nahm schleunigst seinen vorigen Standort am Tisch wieder ein. Als Woch mit dem alten Pościk erschien, schauten beide wie auf Verabredung in eine Richtung – nämlich auf die Meßinstrumente; der Werkmeister sagte etwas, aber seine Worte verloren sich in einem gewaltigen Donnerschlag. Woch tat einige Schritte, blieb dann mit leicht gespreizten Beinen stehen und ließ seinen Blick noch einmal über die Meßinstrumente schweifen.
    »Na, was meinst du?« forschte der Alte. Eine knappe Geste, die »Nicht stören!« bedeuten sollte, war die Antwort.
    Woch neigte den Kopf und verschränkte die Arme. In dieser Haltung, die Stefan an einen Kapitän erinnerte, der sein Schiff mit dem Sturm ringen sieht, drehte er sich langsam auf den Hacken herum; da bemerkte er Stefan und schien überrascht. Er trug für den Gast einen Stuhl in den Flur und stellte ihn vor der Schwelle ab.
    »Setzen Sie sich bitte hierher. Hier sind Sie außer Gefahr.«
    Stefan tat, wie ihm geheißen. Die Tür blieb offen; der Schaltraum wurde nun zur Bühne eines sonderbaren Schauspiels, und Stefan, der in dem dunklen, engen Flur saß, war der einzige Zuschauer.
    Die beiden Männer unternahmen zunächst nichts. Der Alte hatte sich auf einer Kiste niedergelassen, Woch stand nach wie vor. Jetzt achteten sie nicht mehr auf die Meßinstrumente, und doch schienen sie auf etwas zu warten. Ihre Gesichter glänzten immer mehr im gelben Schein derLampen; der stickige Ölgeruch erregte Übelkeit. Draußen tobte mit unverminderter Kraft das Gewitter.
    Mit einemmal stürzte Woch an das schwarze Pult, näherte das Gesicht dem einen und dem anderen Meßinstrument, kehrte an seinen Platz zurück und erstarrte wieder in Reglosigkeit. Stefan empfand schon eine gewisse Enttäuschung, da hatte er das Gefühl, daß eine Veränderung eingetreten war, nur wußte er nicht, was für eine. Seine Unruhe wuchs, bis er plötzlich ihre Ursache entdeckte.
    In den Wandkäfigen schien sich etwas zu bewegen. Ein eigenartiges Knistern oder Zischen kam von dort, steigerte sich zu einem unangenehmen Scharren, verstummte und fing von neuem an. Woch und Pościk hatten es offenbar auch gehört, denn sie wandten sich beide gleichzeitig um. Der Alte schaute den Werkmeister an, und Stefan schien sein Blick verängstigt. Aber keiner rührte sich vom Fleck.
    Die Minuten vergingen, der Regen prasselte aufs Dach, in dem gleichmäßigen Lampenlicht brauste im Baßton die Elektrizität, und die Geräusche in den Käfigen ließen nicht nach. Irgend etwas raschelte, scharrte und knisterte da, es klang, als wälzte sich ein gefesseltes Tier nach allen Seiten, denn die sonderbaren Laute wurden einmal vorn, ein andermal weiter hinten hörbar, einmal tief unten, dann wieder oben an der Decke, und Stefan spürte, daß sich jenes rätselhafte Etwas hinter dem Stacheldrahtgitter immer ungestümer gebärdete. Mit einemmal leuchteten zwei Käfige bläulich auf, ein immer grellerer Schein warf verzerrte Schatten der beiden Männer an die Wand und erlosch. Ein beißender, widerlicher Geruch drang Stefan in die Nase. Wieder zischte es in einem anderen Käfig – eine pfeifende Flamme züngelte empor, und der Eisenstab unter der Käfigtür sprühte wie ein Komet.
    Der alte Pościk richtete sich kerzengerade auf und steckte seine Pfeife in die Kitteltasche. Schweigend sah er zu Woch hinüber. Der aber packte seinen Arm und schrie ihm mit wutentstellten Zügen etwas ins Gesicht. Doch ein Blitzeinschlag ganz in der Nähe übertönte seine Worte. Da flammten in drei Käfigen zugleich steile Fackeln auf, vor deren blendender Helle das Lampenlicht düster schien. Es war, als hätte der Feuerbrand die ganze Mauer erfaßt. Woch stieß den Alten zur Tür, wo Stefan saß, während er selbst in gebückter Haltung, die Arme angezogen, langsam bis an die schwarzen Pulte zurückwich. In den Käfigen knallte es nun wie Pistolenschüsse, rotweiße Flammen

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