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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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kichert, der andere sabbert vor sich hin.
    Andere schauen zu.
    Andere Monster.
    Ein Mann hat zusammengewachsene Finger, wie Flossen. Die vollen Augenbrauen treffen sich über der Nase und lassen ihn wie einen Neandertaler aussehen. Seine Nase und Ohren sind im Gegensatz zu dem riesigen Gesicht winzig. Er klatscht die Flossen zusammen. Offensichtlich gefällt ihm die Show.
    Ein weiterer Mann mit einem spitz zulaufenden Schädel, der einem Wassertropfen oder einer Aubergine gleicht, hüpft von einem Fuß auf den anderen und wartet ungeduldig, dass er an die Reihe kommt.
    Ein Kerl hat einen Spalt mitten im Gesicht, als ob jemand mit voller Wucht mit einer Axt auf ihn eingeschlagen hätte. Er schnaubt durch die riesige Öffnung zwischen Mund und Nase und versprüht Speichel und Rotz.
    Daneben sitzt ein weiteres Monster. Nackt und widerlich fett, in einem alten, rostigen Rollstuhl. Statt Knien hat es winzige, babyartige Füße am Ende seiner Oberschenkel. Auch sein rechter Arm ist völlig unterentwickelt und winkt ihr zu, während es sie anlächelt.
    Da sind mehr, viele mehr. Und die sind noch schlimmer.
    Sie schreit nicht. Sie mögen es, wenn sie schreit.
    Stattdessen ballt sie ihre Hände zu Fäusten und krallt ihre Fingernägel tief in ihre Handflächen. Dann beißt sie sich auf die Zunge und zwingt sich so zum Aufwachen.
    Sie öffnet die Augen.
    Die Monster sind noch immer da.
    Das ist kein Albtraum.
    Sie ist die ganze Zeit über wach gewesen.
    Letti Pillsbury blickte in den Rückspiegel und musterte ihre Tochter und ihre Mutter auf der Rückbank, die beide in das Spiel versunken waren. Sie war gleichzeitig glücklich und traurig und konnte zudem ein Gefühl der Scheinheiligkeit nicht abschütteln. Aber sie und Florence hatten beschlossen, Kelly nichts zu sagen, bis der Ironwoman-Wettbewerb vorüber war.
    Eins nach dem anderen.
    Sie konzentrierte sich wieder auf die Straße und dann auf die Landkarte. Es war keine richtige Karte, sondern eher die Fotokopie einer Zeichnung – einer schlechten Zeichnung. Letti hatte die Pension gestern noch einmal angerufen und mit der Inhaberin gesprochen, um wenigstens eine vernünftige Wegbeschreibung zu bekommen.
    » Nach dem Highway 55 fahren Sie genau siebzehn Kilometer die 219 entlang. Die Straße ist nicht markiert. Achten Sie also auf Ihren Tacho, damit Sie die Einfahrt auf der rechten Seite nicht verpassen. Wir freuen uns schon auf Sie.«
    Laut Tacho waren sie jetzt exakt 16,9 Kilometer auf der 219 gefahren, aber links und rechts waren nichts als Berge und Wald zu sehen. Außerdem wurde es immer dunkler. Letti fragte sich nicht zum ersten Mal, ob es wirklich clever gewesen war, so weit ab vom Wettkampf zu wohnen. Schließlich hätten sie auch ein Zimmer im Event-Hotel buchen können. Aber sie hatten nicht viel Geld, und ihre Lage würde sich noch verschlechtern. Als also die Broschüre des Rushmore Inn durch den Briefkasten ins Haus flatterte und es hieß, dass sie zwei freie Übernachtungen gewonnen hätten, konnte sie ihr Glück kaum glauben. Letti konnte sich zwar nicht daran erinnern, an einem Wettausschreiben teilgenommen zu haben, aber anscheinend hatte sie zwischen ihrem ganzen Papierkram irgendwo ein Häkchen gemacht. Die Pension war wirklich weit ab vom Schuss, aber selbst wenn sie die schlimmste Ausstattung sämtlicher Pensionen der Welt aufwies, kam sie ihr doch wie gerufen.
    Letti ging vom Gas, sah in den dichten Wald hinein und suchte nach der Abzweigung. Anfangs hatten ihr die Schönheit der Landschaft, der unendliche Wald und die zerklüfteten Berge noch den Atem geraubt, doch nach Stunden dieses fantastischen Anblicks fühlte sie sich eingeschüchtert und verlassen. Letti hoffte, dass die Strecke gut markiert war, denn wenn man sich in dieser Wildnis verlief, würde man den Weg zurück wohl niemals mehr finden.
    Als sie Kilometer 17 erreichte, fuhr Letti an die Straßenseite und hielt an.
    » Sind wir endlich da?«, fragte Kelly und lehnte sich zwischen den beiden Vordersitzen zu JD vor, um ihn zu streicheln.
    Letti überprüfte den Tacho ein weiteres Mal und schaute dann auf die Landkarte.
    » Laut den Anweisungen schon. Aber ich sehe keine Abzweigung«, erwiderte sie.
    » Da«, sagte Kelly. » Siehst du die Reifenspuren da drüben?«
    Letti folgte dem Finger ihrer Tochter und erkannte zwei beinahe unsichtbare Reifenspuren, die von Vegetation und Bäumen fast völlig überwachsen waren.
    » Das ist keine Straße«, sagte Florence. » Das ist noch nicht einmal

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