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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Hase oder ein Hirsch.«
    » Oder ein Bär«, meinte ihre Mutter.
    » Mach dich nicht lächerlich.«
    » Zeig einer alten Frau gegenüber etwas Nachsicht. Schalte bitte den Motor und die Lichter aus.«
    Letti seufzte. » Florence …«
    » Ich bitte dich. Schaden kann es doch nicht.«
    Kelly lehnte sich nach vorn. » Und was ist, wenn es der Typ mit der Flinte ist, Mom?«
    » Der ist meilenweit von uns entfernt, Kelly.«
    » Oder ein Bär?«
    » Dann hilft er uns hoffentlich, von hier fortzukommen.«
    Niemand lachte. Letti seufzte erneut, schaltete dann aber Motor und Licht aus.
    Jetzt war es noch dunkler. Außerdem herrschte eine seltsam unnatürliche Stille. Letti konnte nicht einmal die Hand vor den Augen sehen.
    Auf einmal leuchtete etwas auf. Auf dem Rücksitz.
    Kelly. Sie hielt ihren iPod in die Höhe. Das Display strahlte weiß.
    » Mach das bitte aus, Liebes. Ohne Licht können sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnen.«
    Liebes? Florence hat mich nie › Liebes‹ genannt.
    Letti rügte sich innerlich. Was sollten solche Gedanken? Schließlich war das hier kein Wettkampf zwischen Mutter und Tochter.
    Das Licht erlosch, und alle warteten. Letti verspürte keine Angst. Sie hatte nie Angst. Es war eine nutzlose Emotion, so wie Schuld und Sorge. Selbst wenn dort draußen ein Bär auf sie warten sollte, gab es nur eines: damit fertigwerden und sich nicht vor ihm zu verstecken wie verschreckte Kinder.
    » Haben wir jetzt lange genug gewartet, Florence?«
    » Pst! Ich höre etwas.«
    » Was?«
    » Direkt neben dem Auto.«
    Letti spürte, wie sich Gänsehaut auf ihren Armen ausbreitete.
    » Sind die Türen verschlossen?«, flüsterte Florence.
    Entgegen jeglicher menschlicher Vernunft flüsterte auch Letti: » Warum? Soll der Bär jetzt auch noch die Tür aufmachen?«
    » Ich glaube nicht, dass es ein Bär ist«, erwiderte Florence. » Ich glaube, es ist etwas anderes.«
    Letti drückte gleich zweimal auf die Autoverriegelung, um auf Nummer sicher zu gehen. Dann presste sie das Gesicht gegen die Scheibe. Vielleicht würde sie so etwas erkennen können. Langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, und sie sah, wie sich die Scheibe von ihrem Atem beschlug.
    Letti wischte sie mit der Hand trocken.
    Aber die Feuchtigkeit verschwand nicht.
    Sie fuhr noch einmal darüber, bis es quietschte.
    Aber es half nichts. Zu ihrem Erstaunen breitete sich der Beschlag noch mehr aus.
    He … Die Feuchtigkeit kommt nicht von innen, sondern von außen.
    Da drückt jemand sein Gesicht gegen meine Scheibe.
    JD rastete aus. Er sprang auf Letti, senkte seine Krallen in ihre Schenkel und bellte und kratzte an der Scheibe wie ein Wahnsinniger. Lettis Gesicht war direkt neben dem seinen, sein Fell drückte sich gegen ihre Nase. Sie schob den Hund unsanft beiseite, ließ den Motor an, legte einen Gang ein und stieg aufs Gas.
    Der Motor heulte auf. Die Reifen fanden endlich Halt, und der Audi machte einen Satz nach vorn. Erneut stießen die drei unsanft mit den Köpfen ans Dach, während JD auf den Beifahrersitz plumpste. Letti lenkte scharf nach links, damit die Hinterreifen nicht stecken blieben. Es funktionierte. Sie schlingerte endlich weiter. Daraufhin schaltete sie die Scheinwerfer wieder ein und keuchte leise, als sie sah, wie sich etwas direkt neben ihnen hinter einem Baum versteckte.
    Ein Mann?
    Viel zu groß für einen Mann.
    » Mom!«, rief Kelly panisch und zeigte nach vorn.
    Aber Letti hatte es auch gesehen. Ein Baum, genau vor ihnen. Sie riss das Steuerrad herum und lenkte den Wagen zurück auf den Pfad. Den Verlust des Seitenspiegels konnte sie allerdings nicht mehr verhindern.
    Nach zwanzig Metern erreichten sie eine Lichtung. Letti bremste hart, um nicht in die Veranda eines großen Hauses zu schlittern, das urplötzlich vor ihnen aus dem Nichts aufgetaucht war.
    Dann ertönte ein riesiger Knall, als einer der Vorderreifen platzte.
    Ihre durch den Blutgestank verursachte Übelkeit zwang Deb nach etwa zehn Kilometern, auf dem Notstreifen anzuhalten.
    » Ich habe genügend Wasser und ein paar Handtücher im Kofferraum«, erklärte sie. Das waren die ersten Worte zwischen ihr und Mal, seitdem sie den übel zugerichteten Hirsch zurückgelassen hatten. » Wir können unsere blutverschmierten Kleider in Plastiktüten verstauen.«
    » Sie haben ja an alles gedacht«, meinte Mal.
    » Das kommt vom Triathlon. Da weiß man nie, wann man schwimmen oder etwas trinken muss.«
    Sie stiegen aus und gingen zum Kofferraum. Mal

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