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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ein Pfad.«
    » Ist aber genau an der Stelle, wo es laut Karte sein soll. Und schau doch mal.«
    Letti zeigte auf ein winziges Schild, das an einem Baum befestigt war. RUSHMORE INN .
    » Warum in aller Welt haben sie das Schild grün angemalt?«, wollte Florence wissen. » So ist es kaum von den Bäumen zu unterscheiden. Und so winzig dazu.«
    Letti lenkte den Wagen nach rechts in den Wald hinein.
    » Letti, das kann nicht dein Ernst sein. Was ist, wenn wir stecken bleiben?«
    » Das ist ein Audi mit Allradantrieb.«
    Florence schnalzte mit der Zunge, ein Geräusch, das sie gewöhnlich von sich gab, wenn ihr etwas missfiel. » Lass uns zum Event-Hotel fahren. Die haben sicherlich noch Zimmer frei. Außerdem lade ich euch ein.«
    Letti sträubte sich innerlich, als sie die Worte ihrer Mutter vernahm. Jegliche Zweifel, die sie angesichts der Pension vielleicht gehegt hatte, waren auf einmal verflogen. Sich einladen lassen? Niemals. Letti würde das hier durchziehen – koste es, was es wolle.
    Die Reifen des Audis taten ihre Pflicht, und der Allradantrieb kämpfte sich über den buckeligen, steinigen Pfad, ohne stecken zu bleiben. Doch die Federung war hart eingestellt und schüttelte sie durch wie eine Achterbahnfahrt auf dem Jahrmarkt. Nach zwanzig Metern schluckte der dichte Wald den letzten Sonnenstrahl, sodass Letti die Scheinwerfer einschalten musste. Obwohl der Pfad völlig überwuchert war, gab es keine nennenswerten Kurven. Auch lagen keine Bäume oder Ähnliches im Weg.
    Mann, war das dunkel.
    Im südlichen Illinois, auf den Great Plains, waren selbst Neumondnächte von Sternen erhellt. Aber das hier war, als ob sie in Tinte schwimmen würden. Letti hatte das Fenster einen Spalt weit offen, und sie spürte, wie die Dunkelheit durch die Ritze ins Auto kroch.
    Dann gab es einen riesigen Ruck, und der Wagen blieb in einer Kuhle stecken. Letti stieß mit dem Kopf gegen das Lenkrad auf die Hupe, während JD gegen das Armaturenbrett geworfen wurde und vor Überraschung aufjaulte.
    Letti setzte sich wieder aufrecht hin. Doch das Auto zeigte nach unten, als ob sie plötzlich einen steilen Hügel hinab fahren würden.
    » Mom?«
    » Wir stecken in einem Loch oder einem Graben fest. Ist euch etwas passiert?«
    JD hüpfte auf Lettis Sitz, die großen Pfoten zwischen ihren Beinen. Plötzlich fing er zu knurren an.
    » JD ! Runter mit dir!«
    Aber anstatt auf sie zu hören, begann er zu bellen. Sein ganzer Körper spannte sich an. Letti folgte seinem Blick, sah aber nichts als Dunkelheit.
    » JD ? Was ist los, mein Junge?«
    Kelly gab ihm einen leichten Klaps auf den Kopf und meinte besorgt: » Mom, da draußen ist etwas. JD kann es spüren.«
    Letti griff nach dem Halsband. Der Hund fletschte die Zähne und stand steif da, die Nackenhaare aufgerichtet. Das letzte Mal, als sie ihn so erlebt hatte, war schon einige Monate her. Damals hatte jemand versucht, nachts um drei bei ihnen einzubrechen. Es stellte sich heraus, dass es ihr betrunkener Nachbar war, der sich im Haus geirrt hatte. Aber JD war so ausgeflippt, dass er sogar ein Sicherheitsfenster kaputt gemacht hatte.
    Sie hatte keine Lust, dass er diese Vorstellung jetzt wiederholte.
    Letti trat auf die Bremse, legte den Rückwärtsgang ein und gab Gas.
    Die Reifen drehten durch, aber das Auto bewegte sich keinen Millimeter.
    » Da draußen sieht man aber auch gar nichts«, bemerkte Florence mit der Nase gegen die Scheibe gepresst. » Es ist, als ob man mitten in der Nacht in ein Grab schauen würde.«
    Letti gab etwas mehr Gas und drängte JD zur Seite, um den Drehzahlmesser im Auge behalten zu können.
    Das Auto bewegte sich noch immer keinen Zentimeter. Ob der Wagen vielleicht auflag und die Reifen in der Luft hingen? In diesem Fall blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als auszusteigen und nachzusehen. Vielleicht könnte sie ja …
    JD bellte erneut – kurz und knapp und verdammt laut. Letti fuhr vor Schreck zusammen.
    » JD ! Runter mit dir!«
    Letti stieß den Hund unsanft zurück auf seinen Sitz, ehe sie mit der Hand zum Türgriff fuhr.
    » Letti!«, brüllte Florence von hinten in ihr Ohr. » Steig bloß nicht aus!«
    Ihre Mutter hatte noch nie ihre Stimme erhoben. Nie. Selbst dann nicht, als Letti noch klein war, und jetzt kam es ihr wie eine Ohrfeige vor. Letti drehte sich um und blickte ihre Mutter an.
    » Was ist los? Hast du ein Problem?«
    » Da draußen ist etwas«, erwiderte Florence.
    » JD ist noch nie in einem Wald gewesen. Es ist wahrscheinlich ein

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