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Das Hotel

Das Hotel

Titel: Das Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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nicht mehr infrage. Sie musste ihre Beine benutzen und sich ausruhen, oder die Kraft würde sie gänzlich verlassen, und sie würde fallen.
    Deb versuchte die Cheetah-Federn auf einer Sprosse abzusetzen. Nach einigem Herumtasten verspürte sie einen Widerstand. Vorsichtig legte sie etwas mehr Gewicht auf das Bein, und der Widerstand gab nicht nach. So stand sie auf einem Bein in der Finsternis, wartete, bis sie wieder bei Kräften war, und lauschte auf einen Hinweis, wo sich Teddy befand.
    Wo war er?
    Vielleicht konnte er keine Leitern hinaufsteigen. Vielleicht war er nicht stark genug.
    Vielleicht …
    Deb verlor beinahe das Gleichgewicht, als sich die Sprosse bewegte, auf der sie stand.
    Mist.
    Ich stehe auf keiner Sprosse, sondern auf Teddy.
    Panisch ergriff sie die Sprossen über ihr und begann weiterzuklettern, müde Muskeln hin oder her. Die Angst verlieh ihr neue Geschwindigkeit und Kraft, und nach sieben weiteren Sprossen ertastete sie die Decke.
    Eine Sackgasse?
    Das kann nicht sein. Warum sollte eine Leiter ins Nichts führen?
    Sie hielt sich mit einer Hand fest, das Kinn auf der obersten Sprosse ruhend, und drückte mit der freien Hand fest gegen die Decke.
    Die Decke gab nach. Es war keine Decke, sondern eine weitere Geheimtür.
    Deb schob sie beiseite und zog ihren Oberkörper durch die Öffnung. Ein schwaches Licht fiel durch einen Spalt, und sie verstand, dass sie unter einer Tür hindurchschaute. Also kletterte sie vollends durch die Geheimtür und schloss sie, um sich daraufzustellen. Bei der Bewegung streifte sie etwas mit ihrem Kopf.
    Ein Kleiderbügel. Ich bin in einem Schrank.
    Die Tür öffnete sich, und Deb wurde so hart von einer Faust getroffen, dass sie sofort zu Boden ging.
    Felix starrte aus der Heckscheibe des Polizeiwagens. Auf der Gegenfahrbahn fuhr ein Abschleppwagen mit einer Corvette an ihnen vorbei – das einzige andere Fahrzeug seit fast einer halben Stunde.
    » Wohin bringen Sie uns, Sheriff?«, wollte Cam wissen.
    Er hatte die Frage schon mindestens ein Dutzend Mal gestellt, aber der Sheriff ignorierte ihn einfach.
    Felix war sich nicht sicher, was sich hier abspielte. Sollte es so eine Art Selbstjustiz auf dem Land werden? Würde er sie in den Wald fahren, um ihnen in aller Ruhe die Schädel zu Brei zu schlagen?
    Nein. Das hätte er schon längst tun können. Warum diese lange Autofahrt? Hier gab es Wald im Überfluss, und niemand würde ihre Schreie hören.
    Was also hatte er vor?
    Felix dachte wieder an Maria. Die kurze Euphorie, die er verspürt hatte, als er erfuhr, dass sie lebte, war inzwischen völlig verflogen. Jetzt hatte er ein merkwürdiges, ungutes Gefühl.
    Die vergewaltigen sie und bedienen sich an ihrem Blut. Und das schon ein ganzes Jahr lang.
    Felix hätte angesichts der Ungeheuerlichkeit dieser Tatsache am liebsten laut geschrien.
    Ich muss sie retten. Ich muss sie einfach retten. Ich kann nicht zulassen, dass sie das noch einen Tag länger aushalten muss.
    Außer Empörung und Schmerz verspürte Felix jedoch etwas anderes. Etwas wie Scham, und er fand es schwierig, sich dem Gefühl zu stellen.
    War das überhaupt noch Maria?
    Er konnte das Bild einer eingefallenen, stammelnden, beinahe verrückten Maria, das er vor sich sah, einfach nicht verdrängen.
    Felix biss die Zähne zusammen.
    Dann lerne ich eben, ihre Windeln zu wechseln.
    Ich liebe sie. Ich werde sie retten – ihren Körper und ihren Geist.
    Momentan war er allerdings nicht in der Lage, irgendjemanden zu retten. Schließlich saß er mit angelegten Handschellen auf der Rückbank eines Polizeiautos und wurde irgendwohin verfrachtet.
    Er warf Cam einen Blick zu. Der jüngere Mann schien nicht verängstigt zu sein. Wenn überhaupt, dann war er eher aufgedreht.
    Nicht zum ersten Mal fragte sich Felix, ob es eine gute Idee gewesen war, Cam mitzubringen. Einerseits liebte er Maria genauso wie Felix, und ihn zu Unrecht in einer psychiatrischen Anstalt dahinvegetieren zu lassen, war natürlich völlig falsch – insbesondere da Felix jede Hilfe brauchen konnte, um Maria zu finden.
    Andererseits hatte es einen Grund für seinen Aufenthalt in einer solchen Institution gegeben.
    Zu fünfundneunzig Prozent der Zeit verhielt sich Cam absolut normal. Aber Felix ertappte ihn immer wieder dabei, Selbstgespräche zu führen – und dabei gab er recht wirres Zeug von sich. Im vergangenen Monat war er ab und zu völlig von der Rolle gewesen. Es hatte nichts genutzt, als Felix ihn angebrüllt und befohlen hatte, sich

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