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Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel
Autoren: Diane Cooper
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gewöhnlichen Sterblichen und habe kaum Zeit für einen schnellen Keats, während ich das Bad putze oder einen Hund entlause.
    Als ich die Augen wieder aufmachte, ging es mir schon viel besser. Ich konnte die beiden großen Torpfosten aus
    Stein sehen, die ein großes altes Haus ankündigten. An einem prangte ein blitzendes Arztschild aus Messing. Ich hatte mich schon ein- oder zweimal gefragt, ob ich mich nicht endlich mal bei einem Arzt anmelden solle. Jetzt war genau der richtige Moment dafür. Ich würde herausfinden, wie es um mich stand, und könnte endlich anfangen, mir Sorgen um etwas anderes zu machen. Arzte und Zahnärzte entdecken immer etwas, das nicht in Ordnung ist, schon um genügend Krankenscheine zu sammeln. Vielleicht würde der Arzt mich sogar ins Haus bitten und mir etwas gegen den momentanen Stress geben; vielleicht einen Martini mit Eis und Zitrone. Selbst dafür haben sie Rezeptformulare.
    Ich sah in den Spiegel, brachte meine Haare notdürftig in Ordnung, lächelte Nr. 0,5, Lauwarm, stieg aus, stand neben einer späten Forsythie in der Sonne und spähte um die Pfosten herum. Der Name auf dem Messingschild lautete Hebgraben. O Gott, dachte ich, der ist bestimmt in den besten Jahren und grau von Kopf bis Fuß. Familiennamen sind beinahe so verräterisch wie Vornamen. Bei einem Harry oder Julian weiß man, woran man ist. Rauhe Schale, weicher Kern. In gewisser Hinsicht ist es bei einem Familiennamen noch schlimmer. Die Wurzel aller Familiennamen liegt im Beruf oder Wohnort irgendeines Vorfahren, und ein Hebgraben, nahm ich an, konnte nur in einem Graben gehaust haben. Ich bin nicht sicher, wieso er dort gelandet war, aber ich bin ziemlich sicher, daß er ein langweiliger Mensch gewesen ist, der nicht viel Initiative besaß und diese Eigenschaften an alle seine Nachkommen vererbt hatte.
    Die Kirchturmuhr zeigte kurz vor zwölf. Der Arzt konnte natürlich gerade Hausbesuche machen. In diesem Fall würde Frau Doktor mich widerwillig und mit der Hälfte ihrer Gedanken noch in der Küche empfangen. Ich würde noch etwas gewinnender lächeln müssen als in der
    Schlange an der Supermarktkasse, wenn ich einen Scheck ausschreibe und die hinter mir wartenden Barzahler aufhalte. Ich hatte noch einen Riegel Nuts in der Tasche. Das würde helfen. Arztfrauen sind brodelnde Vulkane, was sie nur mühsam unter ihrem gewinnenden Lächeln verbergen. Sie brodeln, weil sie ihren Schlaf und ihre Schönheit schon frühzeitig für schwangere Schülerinnen opfern müssen. Sie trösten sich mit Schokolade oder Gin.
    Sie machte auf. Ich sah auf einen Blick, daß sie der Gin-Typ war. Nicht exzessiv, sondern mit Wermut und Stiletto-Absätzen. Ich schob den Nuts-Riegel tiefer in die Tasche und legte mir schnell eine andere Taktik zurecht. Sie trug einen weißen Kittel ihres Mannes und eines von ihren eigenen rosa Halstüchern. Keine Frau ihres Kalibers würde einen Mann haben, der rosa Halstücher besaß.
    Ich bewunderte überschwänglich ihre Forsythie. Ich geriet buchstäblich ins Schwärmen. Ich war sicher, daß der Garten ihr Hobby war. Wenn Arztfrauen eine Baumschere in der Hand haben, vergessen sie, daß das Stew kalt wird und das Wasser um den Plumpudding verkocht. Dann bemerkte ich aber, daß sie lila Fingernägel und überkronte Schneidezähne hatte. Ich verlor kein Wort mehr über die Forsythie und sagte: «Ich würde mich gern zur Sprechstunde anmelden. »
    «Das ist eine Tierarztpraxis», antwortete sie. Ich hatte nur auf den Namen, nicht auf «med.» oder «vet.» geachtet. Aber war es nicht genau das, was ich eigentlich gesucht hatte?
    «Oh», sagte ich andächtig. «Nicht zu fassen! Es hätte auch eine Zahnarztpraxis sein können! Aber ein Tierarzt ist eigentlich genau das, was ich brauche...»
    Sie musterte mich intensiv, als vermutete sie einen fortgeschrittenen Fall von Räude.
    «Ist Herr Dr. Hebgraben denn zu Hause?» Schwamm über den Namen. Dr. Lamb wäre fromm und zahm gewesen, was bei Tollwut verhängnisvoll sein kann. Wenn es wenigstens ein Dr. Shepherd gewesen wäre — aber dann fiel mir ein, daß der Vorfahr vielleicht Gräben ausgehoben hatte, warum sonst das «Heb», und Gräbenausheben ist eine sehr nützliche Tätigkeit, die Kraft, Geduld und Ausdauer erfordert. Er würde schon reichen.
    Die Dame lachte dumpf. «Zu Hause?» wiederholte sie. «Er ist nie zu Hause.»
    Wenn ich nicht eine ganze Menge über freiberufliche Frauen - ich meine Frauen von Freiberuflichen - gewußt hätte, hätte ich
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