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Das Hundehotel

Das Hundehotel

Titel: Das Hundehotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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Luft machen. Ein Hund leidet stumm, und die Stille ist schwerer zu ertragen als ein schmerzhaft verzogenes Gesicht. Ich verstand immer besser, warum Hetty von der Humanmedizin zur Tiermedizin übergewechselt war.
    Sie kam am nächsten Nachmittag. Ich hatte den ganzen Tag ungeduldig gewartet und immer wieder die Zufahrt hinuntergeblickt, so daß Ben zuletzt vorschlug, ich solle mich doch mit einem Schemel an die Straße setzen und derweil den Passanten aus der Hand lesen, um mir die Zeit zu vertreiben. Als Hetty dann endlich erschien, verbrachte sie die ersten fünf Minuten damit, Ben über Eric auszufragen, der jetzt anfing, kurze Streifzüge durch die Speisekammer zu machen.
    Schließlich wollte sie Smudge sehen. Ich holte ihn triumphierend herein. «Eine Nähnadel», sagte ich achselzuckend. «Eine ziemlich große Nähnadel. Jemand muß sie ganz schön vermißt haben! Zwischen zwei Zähnen, mit einem braunen Wollfaden. Stell dir vor, du versuchst, mit einem solchen Ding im Mund zu schlucken. Bei jeder Bewegung zerschrammst du dir die Zunge, und wenn du schlucken würdest, würde die Nadel mit runtergehen. Ein kluger Hund wie Smudge wollte das natürlich nicht riskieren. Er hat lieber gewartet, daß jemand kommt, der das Ding findet. Jemand wie ich zum Beispiel.»
    Hetty hätte jedes Recht gehabt, mir diesen Hochmut übelzunehmen, aber sie tat es nicht und brach statt dessen in Begeisterung aus. Sie gab uns beiden einen Kuß und sagte: «Weißt du was? Du bist absolut Spitze!»
    Ich warf mich ein bißchen in die Brust.
    «Es ist nur nicht ganz das, was man Psychoanalyse nennt», sagte ich und sah den Nobelpreis wieder entschwinden. «Nicht das, was einem die Goldene Couch einbringt.»
    «Ich weiß nicht», sagte Hetty langsam. «Zugegeben, es war kein seelisches Problem, aber du hast es mit deinem psychologischen Einfühlungsvermögen gelöst. Ich würde sagen, es ist so etwas wie eine Nebendisziplin.» Wir kicherten.
    «Und jetzt rufe ich seine Leute an», sagte Hetty praktisch, «und überbringe die gute Nachricht.»
    «Hast du es denn nicht gleich gestern abend getan?» fragte ich erstaunt und ein bißchen ärgerlich.
    «Natürlich nicht. Ich mußte ihn doch vorher sehen und mich vergewissern. Nicht daß ich daran gezweifelt hätte, aber ich bin direkt verantwortlich, und außerdem hätten sie dann gedacht, es sei ein bißchen zu leicht gewesen.»
    «Nun, vielleicht sollte er noch einen Tag bleiben. Damit ich ihn etwas aufpäppeln kann.»
    «Und dein Portemonnaie auch...»
    «Nein, das ist es nicht», antwortete ich scharf. «Ich finde vielmehr, er sollte erst wieder nach Hause, wenn er wieder richtig auf dem Damm ist. » Doch, um die Wahrheit zu sagen, das Geld lockte selbstverständlich auch!
    «Sieh mal, du kannst etwas daraus lernen», sagte Hetty. «Es hängt mit der Psychologie des Menschen zusammen. Sie schätzen nur das hoch ein, was viel Geld kostet. Name und Ruf, der Status bei den Freunden und Bekannten, all das richtet sich letztlich nach der Höhe deiner Rechnungen. » Sie beobachtete, was für ein Gesicht ich machte. «Es trifft keine Armen, sie könnten noch viel mehr zahlen, ohne daß es ihnen etwas ausmachen würde. Und du kannst das Geld gebrauchen. Du mußt ganz einfach alles berücksichtigen, deine Zeit, deine Erfahrung, dein Wissen, deine Liebe, was du um ein Tier leidest, was du gibst und dann noch ihre Erleichterung und Dankbarkeit. Tust du ihnen nicht sowieso einen Gefallen, indem du ihr Gewissen erleichterst?»
    Ich hörte auf, die uneigennützige Helferin zu spielen. War ich nicht ohnehin die Größte?
    «Dein nächster Fall wartet schon», sagte Hetty und packte ihre Utensilien zusammen. «Ich habe gesagt, du seist noch einen oder zwei Tage mit einem besonders schwierigen Patienten beschäftigt. Sie sitzen am Telefon und können es kaum abwarten. Ich sag ihnen morgen Bescheid. Bis dann. » Mit einem kurzen Nicken sauste sie zur Tür hinaus. Man wußte nie, wann Hetty es ernst meinte und wann nicht.
    Diesmal meinte sie es jedoch ernst. Sie rief am nächsten Tag an, als ich gerade den Sittichkäfig und die Kakadustange säuberte. Clancy, der Kakadu, war für einen Monat da. Zum Glück war er einigermaßen gutmütig, obgleich man beim Anblick seines Schnabels zunächst einen Schreck bekam. Die Sittiche waren in einer Miniaturvoliere untergebracht: Ich hatte vier, und einer von ihnen schien bei den anderen so unbeliebt zu sein, daß ich ihn in einen Extrakäfig getan hatte. Ich konnte es

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