Das Hundehotel
Krise hervorrufen.
«Er ist den ganzen Tag mit dem kleinen Mädchen zusammen, und da sie kaum geht, geht er auch nicht. Sie wird verwöhnt mit Süßigkeiten und Kuchen, er auch. Die Eltern finden seine Trägheit, seinen üblen Mundgeruch und die anderen Kontraste zu ihren Windhunden langsam unerträglich, aber Emily, die Tochter, liebt ihn abgöttisch, sosehr er auch riecht und zunimmt. Als er wegen der Krallen zu mir kam, baten sie mich, etwas gegen seinen allgemeinen Zustand zu tun, und nach ein paar Fragen schlug ich dich vor. Emily hätte nie dazu überredet werden können. Sie ist erst acht und wird zu Hause unterrichtet. Ein sehr einsames Kind. »
«Es wird einige Zeit dauern», sagte ich. Wie wenn man den Mount Everest abtragen müßte...
«Sie fahren in die Ferien. Ich würde mageres Fleisch vorschlagen, sonst nichts, höchstens einen Hundeknochen. Eine kleine Portion pro Tag. Er muß abnehmen. »
«Quatsch!» sagte ich hitzig. «Ich muß ihm helfen abzunehmen, was nicht weiter schwer ist, aber ich muß auch dafür sorgen, daß er nicht allen Lebensmut verliert, und das ist eine ganz andere Sache.» Hetty zuckte mit den Schultern. Ich fügte hinzu: «Ich persönlich wäre lieber fett und glücklich als dürr, hundert Jahre alt und lebensmüde. »
«Aber so glücklich ist er gar nicht.» Ich mußte ihr recht geben. Er schnaufte wie eine Dampfmaschine. Seine Augen waren schleimunterlaufen und stumpf. Neidisch beobachtete er Rosie, die unter den Büschen herumschnüffelte. Ich schenkte Tee aus der Kaffeekanne ein. Da er sich in einem sehr anmutigen Bogen in die Tasse ergoß, hatte ich aufgehört, die Teekanne zu suchen.
Ben machte mit viel gebackenen Bohnen und Zuckerrübenkraut sein Spezial-Cowboy-Stew. Ich sah, wie Rajahs Nase zuckte. Ich wünschte, es gäbe Salat, denn der riecht wie kaltes Wasser.
In den nächsten Tagen pustete und keuchte und röchelte und ächzte er weiter dahin, und Ben schnitt alles mit, und ich nahm ihn auf den Schoß und streichelte ihn (widerwillig, da er einen Krankengeruch verströmte) und gab ihm mageres Fleisch in winzigen Stücken. Er blickte mich ab und zu flehend an, und ich hätte ihn am liebsten mit irgendwelchen harmlosen Dingen vollgestopft. Aber es gab nichts, in dem nicht einige Kalorien oder Kohlehydrate lauerten. Ich schüttete allen Hunden Weizenkleie auf das Abendessen und gab Rajah doppelt soviel davon wie den anderen. Ich wußte aus eigener bitterer Erfahrung, daß man nur dann abnehmen kann, wenn man weniger ißt.
Es war Ben, der auf Karotten kam. Wenn man wirklich vor Hunger stirbt, sagte er, würde man in allergrößter Not auch Karotten oder Sellerie oder Salatblätter essen, sogar Rajah würde das tun. Die meisten Hunde mögen irgendein Gemüse. Ich schnitt eine Karotte in Scheiben und versuchte es. Rajah schlang sie gierig hinunter. Seine Portion wurde jetzt größer, denn ich mischte geraspelte Karotten und Sellerie darunter, und zwischendurch bekam er als Beweis unserer Liebe ein paar Salatblätter.
Sehnsüchtig beobachtete er die Dropsdose, wenn ich sie vom Regal holte. Ich versuchte, es zu tun, wenn er nicht in Sicht war, aber er roch es jedesmal und kam angewatschelt. Abermals hatte Ben den rettenden Einfall. «Der Geruch macht ihn hungrig. Wie Schweinebraten oder Eintopf uns.» Er wisse schon, was zu tun sei, und ob er die Küche eine Weile für sich (und eine Handvoll Hunde und den unvermeidlichen Rover) haben könne?
Er braute etwas zusammen, das er «Schokoretten - für Fidos Figur» nannte. Uns war an jenem Tag gar nicht klar, welch zugkräftigen Slogan er gefunden hatte.
Ich glaube, er kochte Karotten und Weizenkleie auf, gab es in den Mixer, rollte den Brei zu kleinen Kugeln und bestäubte diese, wenn sie kalt waren, mit einer Spur Kakaopulver. Sie rochen zweifellos ein bißchen nach Schokolade, für mich aber auch nach Karotten und Weizenkleie. Aber den Hunden machte es nichts aus. Sie fanden sie unwiderstehlich.
Nach dem erfolgreichen Test schlug ich Ben vor, das Produkt weiter anzufertigen. Ich würde einen Batzen Geld für echte Schokodrops sparen und tat den Hunden außerdem noch einen Gefallen, wenn sie Übergewicht hatten. Wir kamen überein, daß ich die Zutaten kaufen würde und daß er sie verarbeitete, und ich würde ihm pro hundert Drops eine kleine Summe zahlen. Was ich nicht einkalkulierte, war seine Geschäftstüchtigkeit. Als er seine Tanten am Sonntag zum Tee besuchte, überredete er sie, eine gewisse Menge zu bestellen
Weitere Kostenlose Bücher