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Das Inselcamp

Das Inselcamp

Titel: Das Inselcamp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Steinkuehler
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Lauf der Mahlzeit wurde er kleiner. Als er kaum noch einen Finger betrug, hielt Judith es nicht mehr aus.
    Quer durch den Kreis ging sie auf ihre Mutter zu. Kurz blieb sie vor ihr stehen. Dann zwängte sie sich in den Abstand und lehnte sich an. Im Schutz des Schweigegebots konnte sie das wagen.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    Letzte Worte
    »Kinder sind eine Pest. So viel ist mal sicher.« – Britt, Pitt und Jacques hatten sich für die Kinder vom Campingplatz wieder etwas Neues ausgedacht. Sie veranstalteten eine Strandolympiade. Quallenweitwurf, Burgen bauen und Muschelwettsuchen gehörten zu den Disziplinen.
    Beim Muschelwettsuchen hatte Britt Pause. Sie saß im Sand, neben Gerald, dem Rollstuhlfahrer, und Edwin, dem Stotterer, und sah zu: den Kindern, die eifrig hin- und herliefen, und den Surfern, die wie am Vortag auf dem Wasser waren.
    Da hatte sie auf einmal diese harte Stimme im Ohr. Kinder sind eine Pest . Britt sah auf und entdeckte eine Frau im weißen Frotteekleid. Sie hatte rot lackierte Zehennägel und trug eine Menge bunten Schmuck. Ihr Gesicht war bleich und hohlwangig, mager wie die ganze Gestalt. Ein buntes Tuch bedeckte den Kopf und verhüllte die Haare. Sie konnte jung sein oder alt.
    »Finden Sie?« Britt dachte daran, dass sie das auch mal gedacht hatte. Es war noch nicht lange her. Und doch eine Ewigkeit. Die Frau setzte sich zu ihr. »Sie lärmen. Sie stören meinen Schlaf. Sie rennen. Sie wirbeln Sand auf. Und der fliegt mir in die Augen!«
    Britt sah sie von der Seite an. Sie hatte schon von ihr gehört. Die Kinder nannten sie Spinne . »Sie hat versucht, uns zu vergiften«, hatte eines der Kinder ihr anvertraut. Wirklich  …? »Na ja, sie hat uns Limonade angeboten. Das sagt doch alles …«
    Britt hatte auch gehört, dass Spinne sehr krank sei. Sie sei auf die Insel gekommen, um Abschied zu nehmen, hatte der Campingplatzverwalter ihr anvertraut.
    »Der geht leicht raus, der Sand«, sagte Britt. »Du musst weinen. Die Tränen waschen ihn raus. Und dann ist alles wieder gut.« Spinnes Lachen war leise, heiser und bitter. »Glaubst du?«
    Britt lächelte vage. Noch nie hatte sie so dünne Arme gesehen. Irgendwie war es ihr peinlich. »Ihr gehört auch zu denen, die glauben, alles wird gut, oder?«, fragte Spinne. Das war eine Fangfrage. »Wir gehören zu Jesus«, sagte Britt mit Würde und Stolz. »Der hat es gesagt.« Spinne sah sie aufmerksam an. »So ein Träumer«, sagte sie.
    Britt zögerte. Wieder fiel ihr Blick auf die dünnen verwelkten Arme. Rasch schaute sie weg und suchte mit den Augen nach Pitt. »Er sagte das, als er am Kreuz hing«, hörte sie sich sagen. Sie dachte sich nicht viel dabei. Aber die Spinne an ihrer Seite verstummte.
    Britt beobachtete Pitt und Jacques beim Muschelnzählen. Jacques war nicht ganz bei der Sache. Er schaute immer wieder nach den Surfern.
    »Am Kreuz«, sagte Spinne leise. »Ja, da hänge ich auch.« Britt tat, als ob sie es nicht hörte. Das war viel zu schwer. »Ich schätze, ich rede anders«, sagte Spinne.
    Auf einmal wurde es Britt zu viel. Sie sprang auf die Füße. »Hast du wirklich versucht, die Kinder zu vergiften?«, fragte sie von oben herab.
    »Ich bin frei, weißt du«, sagte Spinne mit ihrer harten, kalten Stimme. »Mir kann keiner mehr was. Ich bin bald weg.« Britt sah auf sie runter. »Dann würde ich mir Mühe geben«, sagte sie, raffte ihr Gewand und rannte.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    Einer fehlt
    Einer fehlte bei den Surfern. Das war Philip, der Meistersurfer. Philip hatte sich unauffällig entfernt, als Tom und Jakob ihre Kittel auszogen. Dann war er am Lager vorbeigeschlichen und auf die andere Seite. Er fand den Weg, der über den Steilhang führte, und schlug ihn ein, ohne zu zögern.
    Der Erste, den er einholte, war Matti. Mit gesenktem Kopf, Hände und Arme im Kittel verborgen, schlurfte er vorwärts. »Wie ein echter Mönch«, bemerkte Philip, als er aufschloss.
    Matti sah nicht auf. »Vielleicht gehe ich ja ins Kloster«, sagte er trübsinnig. Philip grinste verlegen, und ratlos machte er einen müden Witz. »Ins Nonnenkloster, wenn schon«, sagte er.
    Matti war naiv genug, darüber zu lachen. »Nonnen!«, rief er kichernd. »Nein, wirklich!« Sein Gang wurde schneller und beschwingter. Philip musste sich anstrengen, um mitzuhalten. »Warte doch, Mann«, rief er. »Das hat Zeit.« Darüber lachte Matti noch mehr.
    »Wo sind denn die Mädchen?«, fragte Philip, als sie nebeneinander hergingen. Matti nickte nach

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