Das Internat
Sie war außerdem zu dem Schluss gekommen, dass dies entweder echte Regierungsagenten waren oder Männer, die so taten als ob. Möglicherweise das FBI.
"Wo ist Ihr Durchsuchungsbefehl?" Sie warf dem Leiter einen so unterkühlten Blick zu, dass er auf der Stelle zu Eis hätte erstarren müssen. "Und was zur Hölle machen Sie in meinem Haus?"
Er lächelte, als ob ihre Fragen ihn amüsierten. "Ich bin John Bratton, Secret Service der Vereinigten Staaten, und hier geht es um eine Angelegenheit nationaler Sicherheit. Ich bin mir sicher, dass Sie wissen, was das bedeutet."
"Natürlich weiß ich das." Mattie verachtete Amtsmissbrauch aus tiefstem Herzen. Sie hatte davon in ihrer Kindheit reichlich ertragen müssen, und es hatte die Richterin Smith geprägt. Am Bezirksgericht hatte sie routinemäßig Anträge unterzeichnet, die Hausdurchsuchungen autorisierten. Aber die Dinge hatten sich geändert, seit der Patriot Act in Kraft getreten war. Dieses Gesetz versetzte den Geheimdienst in die einzigartige Lage, straffrei private Räumlichkeiten durchsuchen zu können – vorausgesetzt, es handelte sich dabei um eine Angelegenheit nationalen Interesses. Da die meisten der Angelegenheiten, die die nationale Sicherheit betrafen, streng geheim waren, konnten sie weder von der Öffentlichkeit noch von den Medien nachvollzogen werden.
Es war kein Fall von absoluter Macht, aber es war nahe dran. Wie auch immer, wenn diese Männer wirklich zum Geheimdienst gehörten, hatte es mit ihrem Anruf bei Jane zu tun, da war sich Mattie sicher.
Mattie zwang sich, den Ausweis genau zu prüfen, den er ihr entgegenhielt.
"Ich habe etwas getan, das die Sicherheit des Landes gefährdet?" Ihr Lachen hatte einen bösen Unterton. "Halten Sie mich für einen Spion? Eine Terroristin?"
Brattons Tonfall war gelassen, aber scharf. "Nein, Euer Ehren, ich halte Sie nicht für eine Terroristin. Ich entschuldige mich, wenn ich diesen Eindruck erweckt haben sollte."
Mattie lockerte die Finger. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie die Hände zu Fäusten geballt hatte. Einem Impuls folgend, wollte sie den Schmerz wegreiben, aber irgendetwas sagte ihr, dass sie vor diesem Mann besser keine Schwäche zeigte.
"Muss ich meinen Anwalt anrufen? Oder vielleicht sollte ich einen Bundesanwalt fragen, was er über Ihren Besuch hier denkt?" Es war vermutlich nicht angebracht, ihn voller Verachtung anzustarren. Mattie tat es trotzdem. Sich in Gefahr tot zu stellen, hatte ihr nie gelegen – und sie trug Narben, die das bewiesen.
"Das wird nicht nötig sein, Euer Ehren. Es sollte nicht lange dauern." Er machte eine Handbewegung, die sie einlud, ihm zu folgen, und sprach dann zu seinen Männern. "Machen Sie weiter, meine Herren, aber stellen Sie alles wieder vorsichtig zurück an seinen Platz."
Auf der Suche nach Schäden ließ Mattie den Blick kurz durch das Zimmer schweifen. Sie konnte nichts Zerbrochenes entdecken. Ihr Lieblingsschaukelstuhl aus Rattan war in Ordnung, und auch der Bambus, den Jaydee ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Er sollte Glück bringen, Mattie glaubte daran.
"Nach Ihnen", sagte Bratton und trat einen Schritt zurück, um Mattie vorbeigehen zu lassen.
Ausgesprochen höflich, dachte sie, es sei denn, er wollte ihr in den Rücken schießen. Oder er wollte sie unter vier Augen fertigmachen. Welcher bessere Ort käme dafür infrage als ihr eigenes Schlafzimmer? Weil sie annahm, dass sie dorthin geführt wurde, ging Mattie zielstrebig in das kleinere Zimmer nach links.
Sofort schoss eine Hand hervor und hielt Mattie am Arm fest. "In die andere Richtung, bitte", sagte er. "Ich möchte Ihnen etwas zeigen."
Er hatte die alten Utensilien ihrer Mutter gefunden, die sie zum Handlesen benutzt hatte. Die Karten und Bücher lagen auf Matties Bett verstreut. Sonst sah das Zimmer unberührt aus, aber sie war sich sicher, dass der Agent jeden Schrank und jede Schublade kontrolliert hatte.
"Wer hat diese Durchsuchung angeordnet?", verlangte sie zu wissen. "Wer hat Sie dazu autorisiert?"
"Ich versichere Ihnen, dass es in meiner Macht liegt. Und Sie haben offensichtlich ein Interesse am Handlesen?" Er überreichte ihr das Beweisstück.
"Ein Interesse, ja." Sie starrte demonstrativ auf seine ausgestreckte Hand. "Seien Sie nicht zu besorgt wegen Ihrer unterbrochenen Lebenslinie, Mr. Bratton. Ich bin sicher, dass Sie sich von dem tragischen Unfall gut erholen werden. Soviel kann ich von Ihren Lieben nicht sagen, wenn Sie welche haben."
Er lächelte nicht.
Weitere Kostenlose Bücher