Das Isaac-Quartett
Morris’ Rückkehr. Sie steckten ihm Aprikosen, Birnen, Datteln und Pflaumen aus einer schmierigen Tüte in den Mund. Shebby spuckte das Obst nicht aus. Er schluckte Datteln und Fäden. Er bemühte sich zu rülpsen. Morris musste ihm auf die Rippen klopfen, damit der Rülpser herauskam. Doch sein Weinen setzte sich unverändert fort. Kein Laut war aus ihm herauszuholen. Daher zogen sich die anderen auf ihre eigenen Betten zurück. Irwin reichte die Tüte herum. Sie aßen die übrigen Früchte auf. Die Aprikosenschale war zäh. Sie spuckten die Haut aus. Sheb sah an die Wand.
»Kurze Hosen«, sagte er.
»Erklär uns, was du meinst, Shebby.«
»Welcher Kriminalbeamte stirbt in kurzen Hosen?«
»Er hat Tischtennis gespielt, Shebby. Das liegt nur daran. Wäre dir wohler, wenn dein Neffe eine schicke Hose versaut hätte?«
Shebby wollte die Medaille immer noch nicht tragen. »Sie haben Alberts Jungen genommen und einen Schwan aus ihm gemacht.«
Sam schüttelte den Kopf. Morris und Irwin verrollten die Augen. Was sollte man mit jemandem anfangen, der sich nichts aus Versicherungspolicen machte und eine Medaille aufessen wollte? Sheb war damit beschäftigt, in seinem Geiste Coen auszurotten. Es war ihm gut gegangen; ohne die Hilfe anderer war er mit seinem Innern zurechtgekommen, mit Jerónimos Besuchen, bis ihm Isaac Schuhe und eine kurze Hose in einem Karton gebracht und alle Unfähigkeiten der Coens in sich wachgerufen hatte. Die Hymnen auf Abzeichen und Medaillen und blutverschmierte Fetzen waren verfehlt; der Junge war nicht zum Bullen geschaffen. Als er ihn zum ersten Mal in dem unförmigen grauen Sackleinen der Neulinge gesehen hatte, hätte Shebby dem lächelnden Manfred in den Ärmel beißen, ihn an der Wade festhalten und ihm den Irrwitz eines Coen unter einem solchen Hut beweisen sollen. Nach dem Abschluss auf der Polizeiakademie hatte der Neffe Sheb mit seiner grauen Hose beschenkt. Sheb konnte sie tragen, ohne die Säume herauszulassen. Wer war hier der Narr in einer Bullenuniform, wer der Knabe mit den Engelsaugen? Sheb, der Eierdurchleuchter, hatte dreißig Jahre lang Blutklümpchen aufgespürt, war Kostgänger im Haus seines Bruders und hatte sein langes Zusammenleben mit den Coens damit beendet, dass er für Albert an einem Ofen rumfummelte. Einen Bruder töten und die Hose seines Sohnes erben. Das war die Logik der Coens.
Sheb roch Feuer in den Mauern. Er nörgelte an Sam herum, der das Bett neben ihm belegt hatte. »Lauf um dein Leben. Das Dach brennt.«
Sam wandte sich hilfesuchend an Morris und Irwin, jüngere Männer mit breiterer Brust. Sie wickelten ihn in Decken. Es war das dritte Feuer, das Sheb in dieser Woche roch. Sam dachte sich, die Medaille könnte ihn erschüttert haben. »Soll ich die Schwester rufen?«
»Nein.«
Sie hüllten ihn in die Decken, wickelten ihn bis zu den Ohren ein. Wenn sie ihn zum Schwitzen brachten, roch er kein Feuer mehr.
»Ist dir warm, Shebby?«
Sie zogen ihm Strümpfe über die Hände und Füße. Morris fuhr mit einem Finger um Shebbys Ohren. Erst, als er den Finger nass zurückzog, lächelten die anderen. Sie gestatteten ihm, noch eine Minute zu rösten, ehe sie in ihre Betten zurückkehrten.
Der DI, Herbert Pimloe, sah zu, wie die netten, kleinen Polizisten aus ihren Löchern krochen und zu Isaacs Büro schlurften. Diese »Engel« lancierten sich selbst als Anwärter um Inspektorenposten; sie lächelten nur für Isaac. Er, Pimloe, hätte nie einer von Isaacs Männern werden können; seine Augen waren nicht blau genug, und er würde bei Streifen niemals Strumpfhalter tragen (oder einen ausgestopften BH). Elf Pfund hatte er abgenommen, seit Isaac aus der Bronx aufgestiegen war, um Pimloes Stuhl zu besetzen. Der DI war nicht undankbar; er erkannte elementare Wahrheiten, wusste, dass er eben diesen Stuhl von Isaac selbst geerbt hatte. Doch der Verlust der Aussicht auf Cleveland Place aus seinen Fenstern, die widerrechtliche Aneignung seines Chauffeurs Brodsky und die Unwürdigkeit seiner neuen Unterkunft (einer kärglich belüftbaren Abstellkammer) – solche Dinge ließen ihn vom Fleisch fallen. Isaac war der Hahn im Korb, und Pimloe konnte entweder buckeln oder gehen.
Der DI hatte mehrere Möglichkeiten. Er würde im Wagenpark des First Dep nicht um einen neuen Chauffeur ersuchen, doch er konnte mit der Staatsanwaltschaft eine Anstellung aushandeln oder die Polizeiarbeit an den Nagel hängen und Sicherheitschef in einem der Einkaufszentren von Islip
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