Das Isaac-Quartett
Auge. »Mir hat schon mal ein Weißer ins Gesicht gefasst, ein schnieke gekleideter Bulle, und er wird eines Tages noch die Wunde bereuen, die er verursacht hat, als er aus dem Bauch seiner Mutter gekommen ist. Dieser Bulle hat einen puerto-ricanischen Kumpel, einen Krüppel. Sie werden beide ins Gras beißen.«
»Hast du einen meiner Portiers umgelegt, Chino? Hast du Schädel eingeschlagen?«
»Ich doch nicht. Ich bin durch den Keller eingestiegen. Ich musste nur erst die richtige Speiseaufzugslinie finden. Meine Knie sind wund gescheuert, Vander. Ich bin es nicht gewohnt, mit Drähten zu schmusen.«
»Wer hat dich hergeschickt? Zorro? Du kannst ihm ausrichten, dass ich kein Geld mehr von ihm annehme.«
»Sag es ihm doch selbst. Ich wickele keine Geschäfte in Speiseaufzügen ab. Ich bin wegen Odette hier. Wo ist sie? In der Wanne?«
Vander musste kichern. »Du solltest dich nicht an ihrer Unterwäsche vergreifen, Chino. Sie hat geschworen, dir die Augen auszukratzen.«
»Das ist mir recht.«
Der Chinese machte mit seinen Händen einen Trichter und brüllte Odettes Namen gegen Vanders Decke.
»Vergeude deine Puste nicht. Sie ist bei ihren Schätzchen. Sie ist ins Dwarf gegangen.«
Der Chinese vergewisserte sich selbst. Er hob die zerfetzten Fransen seiner Perücke, um beide Augen frei zu haben und pirschte durchs Wohnzimmer, öffnete Kleiderschränke, die doppelt so hoch waren wie er, und erforschte jede von Vanders vier Badewannen. Die Finessen parfümierter Seife in Form eines gelben Eis und der Überfluss an Bademänteln, die an einem silbernen Haken hingen, gefielen ihm sehr. Er ließ das Ei durch seine Hand gleiten und schnüffelte an den Bademänteln. Keine Spuren von Odette. Zufrieden, dass sie hier nicht war, nahm er Vanders Türklinke in die Hand.
Vander sprang zwischen den Chinesen und die Tür. »Chino, es würde mich glücklicher machen, wenn du es noch einmal mit dem Speiseaufzug probieren würdest. Meinen Nachbarn könnte dein Äußeres missfallen.«
Der Chinese packte Vander am Ärmel und schob ihn mit einem Ruck zur Seite. »Vander, ich lebe nach der Devise, niemals denselben Weg ein zweites Mal zu gehen. Das bringt Unglück.«
»Dann nimm wenigstens dieses Toupet ab. Du wirst den Fahrstuhlführer erschrecken.«
Der Chinese nahm seinen Schopf unter den Arm; sein eigenes Haar war hoch auf seinem Schädel angesetzt. Vander konnte nur eine geringfügige Verbesserung feststellen; der Verlust des Toupets betonte nur die strengen Linien, die von den Ohren des Chinesen über seine Backen bis zu den Augen reichten. Grimmige Züge, dachte Vander. Erst als der Aufzug unter seine Etage gesunken war, wurde er ruhiger. Er wählte Pimloes Nummer bei der Abteilung des First Deputy und krächzte ins Telefon.
»Das nennst du Schutz, Herbert? Er war hier – nein, nicht Zorro, das Schlitzauge. Er hat mir fast den Arm ausgerissen. Herbert, das geht gegen unsere Abmachungen. Du hast zugesagt, rund um die Uhr einen Posten vor die Tür zu stellen. Ich habe schon genug mit diesem anderen Schammes zu tun gehabt. Der Junge, den du geschickt hast, war hier. Coen. Er konnte sich gar nicht sattsehen an Odile – was? Herbert, sie hat Zorro nicht gesehen. Glaubst du, das wüsste ich nicht? Ich würde ihr die Zehen brechen, wenn sie mich belügen würde; mach dir keine Sorgen. Ich möchte keinen Chinesen mehr in meinem Speiseaufzug sehen. Kümmere dich als Erstes um ihn. Auf Wiedersehen.«
Der Chinese hatte Vander bereits den Appetit verdorben. Er würde sich keine Croissants und Madeleines frisch von der Konditorei bringen lassen. Heute würde er gewöhnliches Brot essen.
4
Coen fand Pimloes Chauffeur schlafend in einem Wagen des First Deputy an der Columbus Avenue vor, zwei Häuser neben seiner Wohnung. Er weckte den Chauffeur, indem er ihm mit einem Knöchel gegen den Kopf pochte. »Nimm dir nicht zu viel raus, Coen.«
»Hör mal, Brodsky, dein Boss muss mich für beschränkt halten. Ich mag es nicht, wenn mir ein gojischer Schnösel für nichts als Scheiße sechshundert Dollar andreht. Warum hat Pimloe es auf mich abgesehen? Was hat er Child alles über die Guzmanns gesteckt? Der Schmock hat vergessen, dass César niemandem mit dem Wagen auflauert. Er kann nicht Auto fahren.«
»Wenn Pimloe ein solcher Schmock ist, wie kommt es dann, dass er dich in eine Uniform stecken kann, und dass du ihm deine Dienstabzeichen aus der Hand frisst? Der hat dich in der Hand, Manfred. Mach ihn an, und du wirst für
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