Das Isaac-Quartett
Ihre Nichte auch mit ihm zu tun hatte, sollte man annehmen, dass sie sich an seinen Namen erinnert.«
»Odile? Aus der ist nicht viel rauszuholen. Sie deckt Carrie und stellt sich stumm.«
»Schaden kann es trotzdem nichts. Ich würde ihr gern ein paar Fragen stellen.«
»Es wäre mir lieber, wenn Sie das nicht täten, Coen. Pimloe kann Sie über Odile unterrichten. Er hat sich einmal mir ihr unterhalten. Mitten im Gespräch hat sie angefangen, für ihn zu strippen. Sie wird Sie in die Irre führen, Coen, und sie wird versuchen, Sie für sich zu gewinnen. Außerdem ist sie schon von meinen eigenen Leuten ausgefragt worden. Von Detectives des Büros, das ich beauftragt habe.«
»Was hat sie denen erzählt, Mr. Child?«
»Ich sagte es bereits. Nichts. Das kleine Flittchen zieht liebend gern für Detectives eine Show ab.«
Child händigte ihm Fotografien von Caroline und den Bericht der Detektei aus, der in einem großen braunen Glanzumschlag steckte, Merkmal einer speziellen Agentur. Coen ärgerte sich über diese Aufmachung. Er hatte das Gefühl, dass die Detectives Child schröpften. Das Mädchen auf den Fotografien hatte ein Mausgesicht und strohige Haare. Ihr Hals, ihr spitzes Kinn, die Knochen hinter den Ohren hatten wenig mit Child zu tun. Coen warf einen Blick in den Umschlag. Er enthielt fette Spesenbelege, Neuigkeiten über »verdächtige Fahrzeuge«, die in der Nähe der Carbonderry School geparkt waren, und Hinweise auf weiße Sklaverei. Coen konnte nicht glauben, dass sich jemand die Mühe machen würde, eine derart reizlose Beute zu kapern.
»Sie halten es für möglich, dass sie in Peru ist«, sagte Child. Coen lächelte in sich hinein. Die Guzmanns kamen aus Peru und hatten dort noch Cousins, die sich als Taschendiebe, Stadtstreicher, Schwindler und Hochstapler betätigten; diese Cousins hätten auf Papa Guzmanns Wunsch hin hundert Mädchen aus New York an den Mann bringen können.
»Hier haben Sie ein bisschen Geld«, sagte Child und zog sechs Hundertdollarscheine aus einer Holzkiste. »Pimloe sagt, kein Bulle kauft so gute Informationen wie Manfred Coen.«
»Für sechs kleine Scheine kann ich die Welt kaufen, Mr. Child.«
»Behalten Sie es«, sagte Child und drückte Coen das Geld in die Hand. »In Peru fühlt man sich leicht einsam.«
Coen spielte mit der Lampe vor Childs Wohnung. Er legte den Lampenschirm auf einen Stuhl und zog jede von Childs Banknoten über die Glühbirne. Er suchte nach Pimloes Zeichen unter den offiziellen Nummern. Das Geld war sauber.
Child dachte gerade über die Einzelheiten seines Harold-Pinter-Festivals nach, als er ein Pochen im Speiseaufzug vernahm. Er tat es als lästige Ablenkung ab, Ratten zwischen den Kabeln oder auch das Furzen eines Hausmeistergehilfen im Schacht. Sollte er das Festival mit Die Zwerge eröffnen oder mit Der Geburtstag? Sollte er gebürtige Amerikaner nehmen oder eine englische Besetzung einfliegen? Ihm gingen fünfzigtausend Dollar ab. Er würde Odile auf Trab halten müssen, damit die Kohle reinkam. Musicals wollte er nicht finanzieren. Mit geschmacklosen Krimistücken wollte er nichts zu tun haben. Stücke für wiederauferstandene Filmstars lehnte er ab, obwohl sie ihm unter Garantie hunderttausend Dollar jährlich eingebracht hätten.
In der Frage, was er förderte, war Vander heikel. Er rechnete damit, sein Geld zu verlieren. Sein Vater, ebenfalls Vander Child, doch reicher, hatte Vander II den Geschmack an Croissants und die Liebe an »le Pingpong« hinterlassen; letzteres hatte er als Dreizehnjähriger in einem Ballsaal nahe am Bois de Boulogne erlernt, während Paris kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von arbeitslosen tschechischen Tischtennis-Champions überflutet war, und Vander I als inoffizieller Botschafter New Yorks in Frankreich weilte. Nach drei mühseligen Jahren in Princeton, während derer er seine Klassenkameraden dazu brachte, auf Barhockern zu sitzen und ihr Geld auf sein Tischtennisspiel zu setzen, stieß er auf eine Gruppe verarmter Schauspieler, brachte eine Alfred-Jarry-Produktion nach New York und wurde als »Engel des Broadway« bekannt.
Das Klopfen aus der Küche ging beharrlich weiter. Vander öffnete den Speiseaufzug; der Chinese taumelte ihm entgegen, Schmiere auf dem Unterhemd, den roten Schopf über einem Auge. Vander wollte den Chinesen an einem Hosenträger packen und ihn wieder in den Aufzugschacht stecken.
»Tun Sie das nicht«, sagte der Chinese und fixierte Vander mit seinem einen sichtbaren
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