Das Isaac-Quartett
Munster mitgenommen, als er einen Monat alt war, und ihn auf den Tresen gesetzt. Auf diese Weise erlernte Patrick das Krabbeln, auf einem zerbeulten Blech, das mit Whiskey und Dubliner Bier galvanisiert war. Er brauchte seine Nase nicht heimlich in den Krug eines Gentleman zu stecken. Er trank sein Guinness direkt vom Tresen, angewärmt und mit einem leichten Beigeschmack von Zink.
Bei der zwölften Flasche hatte Patrick auf drei Seiten seines Gesichts Schnurrbärte. Er fing an, die Lieder seines Vaters über die Hexen, Riesen und Kröten von Limerick und den Brand der Wolftone Street zu grölen. So besoffen er auch war und obwohl ihm das Guinness aus den Ohren rauskam, sah er dennoch einen bösen Chrysler dreimal am Fenster der Kings vorbeifahren. Patrick spuckte sich in die Hände, um die Racheengel zu verscheuchen, die über der Horatio Street schweben könnten. Er kannte sowohl den Besitzer dieses Wagens als auch seinen häufigsten Fahrgast. Er verabschiedete sich von Sammy, rappelte sich hoch und humpelte aus der Bar.
Es war verräterisch, auf bloßen Socken auf den Abingdon Square einzubiegen, aber Patrick konnte keine Schuhe tragen. Lederbänder an den Füßen verursachten ihm gottlose Blasen. Als Bulle war er der Gnade seiner Vorgesetzten ausgeliefert gewesen: Der Police Commissioner duldete keine Beamten ohne Schuhe im Umkreis seines Büros. Patrick musste seine gesamten Schuhvorräte mit Wattebällchen auspolstern. Dreizehn Jahre lang war er auf Watte gegangen und hatte über die zahllosen Blasen gejammert, die er sich dabei einhandelte. Die Ärzte des Bellevue hatten noch nie von einem Bullen mit derart sensiblen Füßen gehört. Patrick mied Fußpfleger und ihr Gerede über Wunderpulver und hopste gequält rum, wenn er einen Dieb jagen musste.
Jetzt hielt er Ausschau nach Hundescheiße. Bei den Bänken des Abingdon-Square-Parks bog er ab; er misstraute den grauen Bereichen zwischen den Straßenlaternen. Abends war er etwas kurzsichtig. Die Halbglatze im Park bemerkte er erst, als sie ihm etwas zuzischte. »Komm her, Silver.«
Patrick stöhnte. »Ich hätte mir denken können, dass du das in dem Wagen des First Deputy warst. Warum zum Teufel folgst du mir?«
Der Mann auf der Bank war Isaac, Isaac der Tapfere, der seine roten Backen in der Bronx verloren hatte. Und einen Großteil seines guten Aussehens. Er hatte Risse in der Stirn, die selbst im Dunkeln nicht weggingen. Sein Kinn saß krumm auf seinem ausgemergelten Hals. Ein Guzmann musste Isaac die Zähne eingeschlagen haben.
»Patrick, es ist nicht fair, dass du so tust, als gäbe es uns nicht mehr. Commissioner Ned war wie eine Mutter zu dir. Er hat dich im Präsidium aufgezogen. Du solltest ihn wenigstens einmal besuchen, ehe er stirbt.«
»Wenn ich jemals in die Nähe des Präsidiums käme, würdest du mich in Ketten legen und mir die Zehen abzwicken.«
»Dein Kopf könnte einen Friseur vertragen … Wo ist Jerónimo?«
Patrick strauchelte in seinen schwarzen Socken. Er kannte alle Tricks des First Deputy. Isaac hatte ihm nicht wegen eines kleinen Plauschs im Park aufgelauert. Diese Leute waren durchtrieben. Isaacs »Kinder« mussten in der Nähe sein, engelsgleiche Knaben, die schamlos eine alte Schul geplündert hätten. Patrick musste nach Hause laufen, ehe die Engel Jerónimo kidnappten. Doch das Guinness hatte ihm eins hinter die Ohren gegeben. Er konnte nicht mit zwei verhedderten Beinen losspazieren.
»Ich habe dich gefragt, wo Jerónimo ist.«
»Isaac, Liebling«, sagte Patrick in seinem besten Irisch, einem Akzent, mit dem er in einer ständig abnehmenden Gruppe von »Hebräern« in einer Synagoge der Bethune Street aufgewachsen war, Leuten, die Irland seit neunundsechzig Jahren nicht mehr gesehen hatten. »Das Kerlchen schläft. Wir hatten heute ein großes Festmahl. Schokoladentorte aus dem Laden seines Vaters. Nach einer ausgiebigen Mahlzeit macht er gern ein Schläfchen.«
»Hat er Blut an den Fingern?«
»Wieso?«
»Weil er auf den Dächern gespielt hat.«
Ein kleiner Junge war auf einem Dach über der Charles Street mit aufgeschlitzter Kehle gefunden worden. Jemand hatte ihm die Augen, Ohren und Lippen dunkelrot angemalt. Mordkommandos aus Manhattan South durchforsteten die Gegend nach möglichen Kindermördern.
»Isaac, du hast Stroh im Kopf. Das Kerlchen geht nie höher als ins Parterre. Fenster und Feuerleitern setzen ihn außer Kraft. Wer weiß das besser als ich? Wir kleben seit einem Monat zusammen. Ich lasse
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