Das Isaac-Quartett
geschossen. Er war in Unterschlüpfe von Zuhältern gegangen und hatte mit seiner Fünfundvierziger gewedelt, und aus den Augäpfeln war ihm das Guinness gequollen. Der PC hatte ihm die Waffe abnehmen müssen. Silver wurde zum Büroangestellten zurückgestuft, dem Gummiknüppeltrupp zugeteilt. Er ließ seinen Job sausen und pfiff auf seine Rentenansprüche.
»Patrick ist in seiner Synagoge, Commissioner Ned. Er schläft. Ich habe ihm ein paar Versuchsballons zukommen lassen. Mit besten Grüßen von Ihnen und mir. Sie sind in Silvers Park gelandet. Meine Leute haben noch mehr auf Lager. Sie werden Dornröschen wiederbeleben.«
Isaac verließ O’Roarkes Privatgemach mit einem Zwicken im Darm. Es konnte der Wurm sein. Oder ein Ausbruch von Eifersucht. Diese Iren kraulten sich gern gegenseitig hinter den Ohren.
Im Gang lauerten Hyänen. Herbert Pimloe stand mit Cowboy Rosenblatt vor dem Büro des First Dep. Pimloe arbeitete unter Isaac. Er war O’Roarkes Prügelknabe. Aber er hatte sich an Cowboy gehängt. Im selben Augenblick, in dem Commissioner Ned in seinem Stuhl zusammenklappte, würden sie über Isaac herfallen und ihm die Haut aus dem Gesicht reißen.
»Cowboy, was ist in der Charles Street passiert? Erzähl mir von dem verstümmelten Jungen.«
Cowboy spielte mit den Beschlägen seines Halfters und ignorierte den Chef. Isaac schob sich zwischen Cowboy und Pimloe. »War kein Lippenstift auf den Backen des kleinen Jungen? Die Geschichte kommt mir bekannt vor.«
»Herbert«, sagte Cowboy und rempelte Isaac an, um Pimloe einen Rippenstoß zu versetzen. »Das sind die Rasties, meinst du nicht? Das ist ihre liebste Jahreszeit für Ritualmorde.«
Das Präsidium schwebte in Todesängsten vor den Rastafaris, einer Gemeinschaft schwarzer Jamaikaner, die König Haile Selassie verehrten und ihr Haar in langen Dreadlocks trugen, damit es einer Löwenmähne ähnelte. Die Rastafaris hatten sich in Brooklyn und der Bronx niedergelassen, führten eifrig Krieg in diesen Bezirken und brachten sich gegenseitig um.
»Cowboy, das ist ein anderer Kult. Die Rasties würden keinen Neunjährigen aufs Dach locken. Das ist der Lippenstift-Freak oder einer seiner Brüder.«
»Ja«, sagte Cowboy. »Jerónimo. Vielleicht sollte ich die Mordkommission auf Papas Baby loslassen. Wer weiß? Alle Guzmanns könnten Lippenstift-Freaks sein.«
»Lach nicht. Wenn die Guzmanns in Peru geblieben wären, gäbe es bei uns keine toten Jungen.«
»Isaac, ich kann deine Theorien über Jerónimo nicht mehr hören. Dieser Junge ist ein weißhaariger Trottel. Wenn du die Guzmanns hasst, dann heißt das noch lange nicht, dass der Freak aus ihren Reihen kommt. Der Freak sitzt im Zuchthaus, und da habe ich ihn hingebracht.«
»Denk um, Cowboy. Ernesto ist weg. Jemand hat den Puppenmacher rausgeholt.«
Isaac schickte nicht nach seinem Chauffeur. Er überquerte die Bowery zu Fuß. Niemand winkte ihm aus den Friseurläden und Konditoreien zu. Einst war Isaac der einzige Bischof der puertoricanisch-jüdischen East Side gewesen. Die Kaufleute waren aus ihren Geschäften geeilt, um dem Bischof die Hand zu küssen. Ein Nicken von Isaac hatte Reichtum bedeutet. Die alten dueñas der Eldridge Street konnten ihre Geldbörsen vom Daumen baumeln lassen. Sie hatten den großen Isaac, der ihnen jedes gestohlene Gut wieder organisierte. Doch Isaac hatte den Kontakt zu den Hauswirtinnen, Kaufleuten und Rentnern seines Bistums verloren. Die Guzmanns hatten unter seine Koteletten gehackt und das weiße Fleisch in seinem Kopf verspeist. Isaac stolperte durch die East Side wie ein hirnloser Bär.
Er trat in ein vegetarisches Restaurant, um fünf Teller Erbsensuppe zu löffeln. Isaac musste seinen Wurm füttern. Die Kellner ließen sich von Isaacs Begeisterung für Erbsensuppe nicht beeindrucken. Sie warteten darauf, dass der Bär von seinem Hocker klettern würde. Mit den Schweißperlen auf seiner Nase konnte Isaac einem Lokal nur schaden.
Der Chef hatte mehr als nur Erbsen im Sinn. Er war auf der Suche nach seiner Freundin Ida, der Kassiererin im Café der Ludlow Street. Er fand sie weder bei der Kasse noch beim Butterfass, den vegetarischen Salamis oder am Herd, neben dem Ida mit Leidenschaft quadratischen Pfannkuchen für die Blinis und Blintschikis auswalkte, eine Spezialität des Hauses. Isaac zog von seinem Hocker aus Erkundigungen ein. Die Kellner zuckten die Achseln. »Isaac, Gott sei unser Zeuge, sie ist eines Tages verschwunden. Glaub nicht, sie sei nicht
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