Das Isaac-Quartett
dem Stuhl der Hexe hervor. Er hielt Jorge einen kleinen Revolver an den Kopf. Zorro bemerkte, dass er schiefe Zähne hatte und dass der metallumwickelte Lauf des Revolvers in Jorges Ohr zitterte. »Das ist mein Sohn«, sagte die schwangere Zigeunerin. »Er hört auf mich. Er wird deinem Bruder eine Kugel in die Fresse jagen, das schwöre ich dir. Macht, dass ihr aus Atlantic City rauskommt!«
Jorge ließ sich nicht verdrießen. Er steckte sich einen Gummibär in den Mund und legte zwei Finger um die Trommel des Revolvers. Jorges Handbewegung bereitete der Hexe Kopfzerbrechen; es erschien ihr idiotisch, eine Schusswaffe mit zwei trägen Fingern zu streicheln.
Zorro rieb sich die Backe. Die Marranen verachteten Feuerwaffen (Schusswaffen waren für Banditen in der Großstadt und für Bullen wie Isaac die Kröte da), doch Zorro erkannte die Festigkeit, mit der sein Bruder zupackte. Er grub der Hexe einen Fingernagel in den Bauch. »Bring mir Isidoro!«
Der Junge fauchte Zorro an und versuchte, den Abzug zu lösen; die Trommel wollte sich einfach nicht drehen. Jorge hatte mit zwei Fingern den Abzug blockiert. Die Hexe wälzte sich auf ihrem Stuhl. Die Guzmanns mussten Untermenschen sein, Geschöpfe mit stinkenden Seelen; wer sonst hätte Bleikugeln mit einem Daumendruck unschädlich machen können? »Misters, tun Sie meinem Jungen nichts.«
Die Waffe verschwand in Jorges Ärmel. Die Zigeunerin wackelte mit dem Kopf. Nur Männer, die die dampfende Pisse christlich-jüdischer Heiliger tranken, konnten so starke Zauberkräfte besitzen. Sonia hatte von den Marranen gehört, die Moses auf dem Sinai, Jesus, Jakob und die Könige von Babylon zu ihrem Schutz anrufen konnten. Sie führte die Brüder aus der Höhle und in das dichte Gras ihres Privatgrundstücks, ein schmaler Keil Land hinter der Pennsylvania Avenue. Auf dem Rasen der Hexe gab es keine Bimmelbahnen, nur das Aushängeschild eines alten Restaurants, The Merman’s Roost, und Blechstücke, die einer Gondel oder einem anderen langen, schmalen Schiff ähnlich sehen sollten; das Blech lag verrostet auf dem Boden, die Ränder der Gondel waren angenagt, und in der Mitte warfen sich enorme Blattern auf.
Jorge ließ sich durch eine Gondel im Gras verwirren. Er hätte sich die Hose zerreißen können, während er über ein Boot mit Zähnen in seinen beiden gewaltigen Ohren stieg. Zorro musste seinen Bruder über das Aushängeschild führen, Knie für Knie. Der Rost verschmutzte Jorges Schuhe.
Die Zigeunerin brachte sie zu einem niedrigen Häuschen am Ende der Parzelle. Die Brüder fanden keine benutzbare Tür. Sie mussten durch ein Loch im Drahtgitter der Veranda kriechen, um in das Haus der Zigeunerin zu gelangen. Der fliegende Händler machte ihnen keinen Ärger. Er rief Zorro von der Küche aus zu: »Was kann ich für dich tun, César? Ich vermisse den Tee deines Vaters. Mir fehlt die Geduld, Gebete über den Kessel zu sprechen. Wie Papa es tut.«
»Isidoro, meine Zunge ist heute nicht trocken. Ich komme auch ohne deinen Tee aus.«
Der Händler schlurfte im Schlafanzug durch die Küche. Zorros Groll war verflogen; er hätte nicht so grob mit dem Cousin seines Vaters umgehen sollen. Die Guzmanns tranken dunkelroten Tee mit Isidoro. Jorge verbrannte sich die Finger am Glas. Isidoro gestattete sich ein schüchternes Lächeln. Die Krypto-Juden aus Spanien, Portugal, Holland, Brasilien, Peru und der Bronx konnten nur brühendheißen Tee genießen; das Feuer in ihrer Gurgel sagte ihnen, dass sie noch am Leben waren.
Mit rotem Tee im Magen legte sich Zorros Wut. Er musste finanzielle Angelegenheiten erörtern. »Isidoro, Papa schuldet dir einhundertsiebzig Dollar. Ich habe es in seinem Rechnungsbuch gelesen. Wie soll der Betrag gezahlt werden? An die Zigeunerin und ihren Sohn?«
»Zur Hälfte«, sagte der fliegende Händler. »Die Hälfte an Madame Sonia und die andere Hälfte an das Waisenhaus in der Stebbins Avenue.«
»Isidoro, du kennst die Dummköpfe, die dieses Heim verwalten. Deine Wohltätigkeit wird in die Tasche eines reichen Arztes fließen.« Die verquollenen Augen des Händlers geboten Zorros Argumenten Einhalt. Er malte eine Zahl auf seine Manschette; dort erledigten die Guzmanns den größten Teil ihrer Arithmetik. »Fünfundachtzig Dollar an die Waisen der Stebbins Avenue«, verkündete Zorro. Dann umarmten er und Jorge Isidoro; die drei wiegten sich vor dem Ofen der Zigeunerin. Die Brüder waren dem Bogotano immer noch zugetan.
Sie hielten einander
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