Das Isaac-Quartett
zwei knorrige Holzbalkone über den Köpfen der Bullen, war sämtlicher Bänke beraubt worden, da keine Frauen mehr in die Synagoge kamen.
Die Kapelle selbst war völlig verfallen. Die Einrichtung wirkte unsinnig: Seidenlappen auf einem kaputten Schrank, ein Podest mit wackligem Geländer, ein Stuhl, der an die Wand genagelt war. Sie fragten Hughie nach der eigentümlichen Neigung im Polster des Stuhls.
»Rabbi, werft ihr eure Sünder in dieses Loch?«
»Das ist der Stuhl des Elia. Er ist nach Norden gerichtet, nach Jerusalem, nach Bagdad und zur Irischen See. Das ist der Pfad, den Elia wählt, wenn er auf die Welt herabsteigt. Wenn er das nächste Mal vom Himmel herabsteigt, wird er unter uns weilen.«
Isaacs drei Kinder konnten die Leichtgläubigkeit der irischen Juden nicht fassen. Esel aus Limerick. (Scanlan, ihr Boss, kam von der Donegal Bay.) Limerick war schon immer Irlands Brutstätte für Idioten gewesen.
Die Juden teilten jetzt Gebetsschals aus, und die Kriminalbeamten wurden genötigt, ihre Köpfe in riesigen Leinenschals mit breiten Streifen und primitiven Quasten zu begraben, die nichts weiter als zusammengeknotete Längsfäden waren. Die Kriminalbeamten wurden gemeinsam mit Hughie und den sechs alten Männern auf den Betstand berufen (das erbärmliche Podest in der Mitte des Raumes). Sie standen auf der unteren Stufe, in Patricks Minjen eingefangen. Sie hörten Laute, die das Leinen auf ihren Köpfen gefrieren ließen. Das Minjen brüllte und ächzte wie eine Herde kranker Kühe. Die Kriminalbeamten hätten lieber unter Rastafaris oder mit Anhängern eines anderen Wahnsinnskultes gebetet, als in die Drapierungen eines Gebetsschals zu geraten.
Die irische Synagoge lag nur drei Straßenecken vom Krankenhaus St. Vincent entfernt, doch der Lieutenant hatte seinen gesamten Wagenpark mitgebracht. Er konnte Silver und den beknackten Jerónimo nicht mit einer Pistole im Rücken über den Abingdon Square abführen. Silver galt in der Bethune Street praktisch als Heiliger. Idioten wären aus den Bars gestürzt, um ihn aus Scanlans Klauen zu retten; Scanlan würde sich dann vor einer städtischen Behörde dafür verantworten müssen, einen Vertreter der Kirche entführt zu haben. Deshalb konnte Scanlan den Transport nicht zu Fuß ausführen. Er hatte die Guzmanns satt. Seit Juni war er in die Bronx verbannt worden und fuhr die Boston Road auf und ab wie ein Mississippilotse. Man konnte in einem Schlagloch auf Grund laufen und in einem morschen Kanaldeckel verschwinden. Bei einem Bronx-Kommando konnte man sich seines Lebens nicht sicher sein. Er wäre Jerónimo liebend gern losgeworden, damit es in New York einen Guzmann weniger gab, aber mit Patrick Silver im Wagen konnte er dem Baby nichts anhaben.
»Sollten wir nicht auf ein kleines Eis anhalten, St. Patrick? Ohne dieses klebrige Schokoladenzeug wird Jerónimo den Vormittag nicht überleben.«
Silver reagierte nicht. Er presste seine Knie gegen die Tür und dachte an Commissioner Ned. Er war kein totaler Ignorant. Von der Synagoge oder von den Kings of Munster aus hätte er zum Präsidium gehen und O’Roarke besuchen können. Er hatte den Weg nicht vergessen. Nur wollten ihn seine Beine einfach nicht hintragen. Der First Dep hatte eine halbe Etage für sich. Patrick fürchtete diese Räume. Mehr als zehn Jahre war er dort großgezogen worden.
Patrick war der verrückte Bulle der Centre Street, ein Typ aus Limerick mit einer Jarmulke, der einzige Jidd, der der Shillelagh Society (einer Bruderschaft irischer Polizeibeamter) angehörte. Er machte Krawall mit den Shillelaghs, hurte mit ihnen, traf sie bei Hochzeiten, Totenwachen und gesellschaftlichen Anlässen, doch Patrick ging nicht mit seinen Brüdern zur Messe und machte auch die Exerzitien nicht mit. Er pisste in eine Flasche im Präsidium. Er schlummerte mit einer Jarmulke über den Augen. Er verschwand während eines Polizeieinsatzes, um die Opfer für die Morgen- und die Abendgebete zu schnappen. Niemand außer Patrick besaß einen Schlüssel für die Schul. Vorgesetzte konnten ihn nicht für seine Fehltritte bestrafen. Kommissare waren gezwungen, ihn anzulächeln. Patrick Silver hatte den größten Rabbi auf Erden: First Deputy O’Roarke.
O’Roarke war ein entfernter Cousin des katholischen Geistlichen, der im Jahre 1906 alle Juden aus Limerick geworfen hatte. Er teilte den Glauben seines toten Cousins an die jüdischen Teufel nicht. Seine Liebe zu den Iren war schlicht und ursprünglich und
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