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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Frau.«
    Vater Isaac kehrte zu seiner Gruppe von Feuerwehrmännern und Bullen zurück. Ein wurmzerfressener Junge ging ihm durch den Kopf. Ihm war nicht danach zumute, über Aischylos, Blut und Verbrechen zu labern. Wieder plärrte sein Empfänger los. Isaac schickte seine Zuhörer nach Hause.
    Er brauchte sich nicht mit Herbert Pimloe zu streiten. Das Präsidium verband ihn mit einer anderen Stelle. Er hatte seinen alten Chauffeur am Telefon, Sergeant Brodsky, der aus einer Imbissstube an der West Street anrief. Brodsky frohlockte. »Isaac, die Guzmanns gehören uns. Sie haben die Überfahrt auf einem spanischen Frachter gebucht. Endstation ist Barcelona. Stell dir das vor, Isaac. Sie haben deinen Namen benutzt. Sie haben sich als die vier Sidels auf der Passagierliste eingetragen. Die haben vielleicht Nerven. Sie sind eben gerade an Bord gegangen. Jorge haben sie auf einer Matratze getragen. Ich habe Jerónimo nicht gesehen, Isaac.«
    »Jerónimo ist ganz oben in der Bronx«, sagte Isaac.
    Brodsky kratzte sich die Nase. »Wie meinst du das?«
    »Das Baby fährt nicht nach Barcelona.«
    »Hab ein Herz, Isaac. Ist der Schwachkopf bei dir oder bei Pimloe? Willst du, dass wir eine Razzia auf dem Schiff machen? Wir haben Vorschlaghämmer. Ich könnte die ganze Anlegestelle kurz und klein hacken und Zorro von diesem spanischen Frachter zerren.«
    »Brodsky, die Guzmanns können tun, was ihnen beliebt. Zorro existiert für uns nicht mehr. Gönn Papa seine Seereise. Der Atlantik wird gut für Jorges Beine sein.«
    »Mein Gott, Isaac, kann ich mir nicht wenigstens einen vornehmen? Nur einen einzigen? Alejandro oder Topal. Welcher, das ist mir gleich.«
    »Auf Wiederhören, Brodsky.«
    Isaac fuhr mit seiner blauen Limousine in die Horatio Street. Mit einem höflichen Nicken schickte er den Fahrer fort und trat in die Kings of Munster. Iren flohen aus der Bar. Der einzige Hund in der Bar, ein alter Terrier, der gern leere Guinness-Flaschen ausschleckte, verkroch sich unter einen Tisch. Sammy sagte kein Wort zur Begrüßung. Isaac biss die Zähne zusammen und ging ins Allerheiligste. Patrick hatte sein Minjen zusammen. Er brauchte Vater Isaac nicht. Er stand bei Rabbi Hughie und den Kirchenältesten der Schul und drei bärtigen Herren mit weichen weißen Gebetsschals. »Bedeck deinen Kopf«, knurrte Patrick. »Du befindest dich an einer geheiligten Stätte.«
    Isaac zog sich ein Taschentuch über die Ohren.
    »Silver, ich wollte nicht, dass das Baby stirbt.«
    »Isaac, trag deine schmutzigen Geschäfte nicht in das Haus meines Vaters. Dies ist eine Synagoge. Wir beten hier. Die Polizei wird hier nicht erwähnt.«
    Die drei bärtigen Männer mit den weichen weißen Schals stimmten ihr Klagen an. Die Schals verbargen einen Teil ihrer Anatomie. Entweder die Männer waren bucklig, oder sie beugten sich zu weit vor. Sie hatten kein Gebetbuch vor sich liegen und versammelten sich um den Schrein aus Babylon.
    Isaac flüsterte jetzt. »Wer sind sie? Mystiker aus der Greenwich Avenue?«
    Patrick funkelte Vater Isaac böse an.
    »Papa hat sie uns geschickt. Es sind Kantoren aus Peru. Du hältst jetzt den Mund, Isaac. Die Kantoren singen Kol Nidre für die Schul.«
    Isaac musste wieder flüstern. »Verzeih mir, Silver. Ich bin kein Rabbi. Ich bin ein Bulle. Aber wer singt zehn Tage vor Jom Kippur das Kol Nidre?«
    »Die Kantoren haben einen anderen Kalender, Isaac. Lass sie in Ruhe. Sie begehen Jom Kippur, wann immer sie können.«
    Isaac lauschte auf den Gesang der peruanischen Kantoren. Er konnte sich nichts daraus zusammenreimen. War es ein Mischmasch aus Spagnuolo und Portugiesisch? Nur die Marranen konnten das Kol Nidre in den verschiedensten Sprachen aufsagen. Darum ging es Isaac nicht. Der Rhythmus, den diese Kantoren hervorbringen konnten, die trillernden Laute, die in ihren Kehlen zu zerschmettern schienen, fanden Anklang bei Isaacs Wurm. Sein Bauch wurde geschmeidig. Das Fleisch unter seinem Herzen hatte keine Klauen. Doch das Taschentuch lag ruhig auf seinem Schädel. Der First Dep würde sich nicht nach der Melodie der Kantoren wiegen. Sie schrien mit gewaltigen Tränen in den Augen. Isaac wurde hart. Er wusste alles über den Ruf der Kantoren und Priester der Marranen. Die besten unter ihnen besaßen die Kraft, die Toten in Bewegung zu bringen. Isaac wollte keinen Jerónimo hören, der ihn aus einem Grab in Westchester anzirpte. Er verließ die Kings of Munster.
    Die Leute sahen einen Mann mit einem Taschentuch über den

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