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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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habe. In einer Woche bist du mich wieder los.«
    »Scheiß auf die Wohnung«, sagte Isaac. »Du kannst bei mir bleiben. Das ist gar nicht so blöd, wie du glaubst, Marilyn. Ich bin nie hier.«
    »Du würdest die Freunde nicht mögen, die ich in deine Wohnung brächte.«
    »Bring mit, wen du willst.«
    »Was ist mit Blue Eyes?«, sagte sie.
    Isaac verfluchte alle seine Vorväter, die ihm eine Tochter gegeben hatten, die beißen konnte. Seine Zunge hatte sich in seinem Mund verheddert. Der Chef blubberte abgehackt. »Das ist nicht meine Schuld, Marilyn. Ich habe Feinde. Manfred ist zufällig mit ihnen gemeinsam aufgewachsen. Es war miese Arbeit. Ich musste ihn auf die Guzmanns ansetzen … ich hatte keine Wahl.«
    »Quatsch«, sagte sie. »Manfred wäre heute noch am Leben, wenn er mit mir nach Seattle gegangen wäre. Ich habe versucht, ihn der Polizei zu stehlen. Er wollte sich nicht von der Stelle rühren. Er war einem Scheißkerl wie dir ergeben.«
    »Seattle«, sagte Isaac, und seine Backen nahmen eine entsetzliche Färbung an. »Blue Eyes hätte Seattle nicht durchgestanden. Da ist es zu feucht. Der Regen hätte seine Pingpongbälle verzogen. Er hätte zu uns zurückkommen müssen.«
    »Papa, woran liegt es, dass um dich herum alle sterben und du ohne einen Kratzer auf dem Arsch rumläufst?«
    »Gar nicht wahr«, sagte Isaac. »Wenn du dir die Mühe machen würdest, näher hinzusehen, würdest du merken, dass ich einen Haufen Narben habe.«
    Der Chef taumelte in sein eigenes Zimmer und suchte sein Honigglas. Marilyn hatte ihn ausgehöhlt. Isaac musste Honig schlecken, um nicht zu sterben. Marilyn ertappte ihn mit seinem Finger im Glas. Isaac, der bekümmerte Bär.
    »Papa, soll ich runterlaufen und ein Dutzend Eier holen?«
    Der Bär wimmerte mit Honig in der Nase. Tochter, ich habe einen Wurm, der mir kostbarer ist als alle meine Kampfnarben. Habe ich mir den etwa nicht auf dem Schlachtfeld geholt? Er ist bei mir, wenn ich scheiße, wenn ich schnarche, wenn ich ins John Jay gehe. Mit den Häkchen in seinem Maul kann er »Blue Eyes« buchstabieren. Ein gottverdammt gebildeter Wurm.
    Das irrsinnige peruanische Kol Nidre wehklagte in Isaacs Kopf. Er war von Priestern umgeben. Wessen Vorhaben war das? Der große, fette Bulle, Isaac der Tapfere, hatte Blue Eyes ermordet, Jerónimo ermordet, und bei wie vielen mehr war es ihm geglückt, sie umzubringen? Er brauchte keine Waffe. Er machte sie mit seiner Logistik kalt. Isaac herrschte über Manhattan und die Bronx. Er trieb einen in die Ecke und überließ einem anderen die Ausführung. Man konnte ihm den kleinen Finger ins Gesicht bohren. Isaac kam immer ohne Makel weg. Er hatte diesen blauäugigen Gauner geliebt. Hatte er Coen nicht zehn Jahre lang großgezogen? Marilyn hätte sich einen der hochgestellten Kommissare zum Mann nehmen sollen, nicht einen Bullen, der mit Isaac Dame spielte. Er wollte nicht, dass Coen mit seiner Tochter vögelte. Es nagte an Isaac. Blue Eyes war ein Stück von ihm. Hätte er sein Leben damit verbringen sollen, sich vorzustellen, dass sein eigener »Engel« Marilyn the Wild bumste?
    Es klopfte an Isaacs Tür. Isaac fiel seine Verabredung mit der Blintzenkönigin wieder ein. Jetzt kam es zu einem Frauenüberschuss in seiner Wohnung. Marilyn und Ida würden sich aneinander heranpirschen und bei Vater Isaac murren. »Baby«, sagte er und berührte Marilyns langen, langen Ärmel. »Das ist nur eine Freundin. Ida Stutz.«
15
    St. Patrick von den Synagogen warb mit Jerónimo im Kopf um die kleine Goie. Mit seinem neuen Shillelagh stand er vor dem Haus und entmutigte Freier, Freundinnen und Zuhälter. In seinem Fauchen lag ein bisschen Hexerei, im Stiel seines Besens ein Hauch von irischer Traurigkeit. Silver hatte mitgeholfen, das Baby zu vernichten. Er hatte zugelassen, dass Jerónimo in die Kampfzonen geraten war, die Isaac wie im Spiel errichtet hatte, eine Art Puppenhaus für sich und die Guzmanns. Sein gesamtes mieses Heer. Patrick war der Hüter des Babys, und er hatte es entwischen lassen.
    Mit Guinness-schweren Hosentaschen und einem Hemd, das zerfetzt auf seiner Brust hing, verharrte Patrick in der Jane Street und sang von Hexen und toten irischen Königen. Es war ein groteskes Ständchen. Odiles Fenster gingen nach hinten. Sie hörte nichts als erbärmliches Gejaule und einen unsinnigen Wortschwall. In einem Hauch von einem Nachthemd kam sie auf die Straße, um St. Patrick aufzulesen. Nachbarn erspähten ihren Po unter der Gaze,

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