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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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einzige, die ihm Dermott austreiben konnte. Der Wurm kniff ihn nie, wenn er mit Jennifer Pears zusammen war.
    Aber er hatte noch andere Verpflichtungen. »Hizzoner« wurde langsam verzweifelt. Die Daily News prophezeite, dass nur einer von zehn Sam wählen würde. Man riet ihm, sich selbst von der Wahlliste zu streichen. »Hizzoner« weigerte sich. Er machte noch weitere Exkursionen mit Isaac. Doch dann bekam er im Gracie Mansion einen Herzanfall. Man trug ihn über die Straße ins Krankenhaus. Rebecca schickte der New York Times eine ganze Seite voller Beileidsbekundungen. Die Leute nannten sie schon Bürgermeisterin Karp.
    Der alte Sam tat Isaac leid, aber er war froh, dass er in den Kirchen, Schuls und Gesellschaftsvereinen keine Lügen mehr verbreiten musste. Er bummelte wieder häufiger als Penner umher.
    Annie schien ihre Ecke verlassen zu haben. Lazar kam aus seinem Pornoladen und hielt ein Schwätzchen mit Isaac. »Sidel, hör auf, von dieser Frau zu träumen … Ich kann dir eine Schönheit besorgen mit Gedichten auf der Brust.«
    »Lazar, du hast doch nicht deinen Laden verlassen, um mir den Luden zu machen. Was ist mit Annie Powell?«
    »Sie ist im Krankenhaus … Im Roosevelt. Man hat sie letzte Nacht bewusstlos gefunden … jemand ist ihr aufs Gesicht gestiegen.«
    Isaac hielt einen Streifenwagen an. »Fahren Sie mich ins Roosevelt Hospital, schnell.« Die Cops wollten schon den Penner auslachen, der ihnen Befehle erteilte. »Funken Sie mein Büro an, ich bin First Deputy Sidel.«
    Sie rasten unter Sirenengeheul zum Roosevelt Hospital. Isaac fand Annie auf einer Armenstation in einem entlegenen Winkel. Die Schwestern konnten nicht begreifen, was dieser Penner mit den beiden Cops wollte. Die Polizisten wendeten den Blick von Annie Powell. Ihr Gesicht war eine einzige riesige unförmige Schwellung. Ihre Lippen waren aufgeplatzt. Das D auf ihrer Wange hatte seine Form verloren. Sein Kern war durchbrochen und eingesunken. Dermott hatte sich von Annie wegradiert. »Hol sie aus diesem verdammten Loch raus«, brüllte Isaac den diensthabenden Stationsarzt an. »Leg sie auf ein Privatzimmer.«
    »Aber«, stotterte der Arzt und versuchte, nicht auf Isaacs ausgebeulte Hose zu starren.
    »Arschloch, das ist Sache der Polizei … und hör endlich auf, mich anzublinzeln. Ich bezahle das Zimmer.«
    Die Streife brachte ihn nach Marble Hill. Isaac platzte in Martin McBrides Achtzimmerwohnung. Der alte Geldeintreiber aß gerade mit einer Korona von Neffen, Nichten und seiner Frau zu Abend. Isaac lupfte ihn vor aller Augen vom Boden. Die Neffen waren zu nichts gut. Sie wichen vor dem irren Penner zurück, der ihren Onkel durchschüttelte.
    »Martin, du sagst mir sofort, wo Dermott ist, oder ich schlag dich zu Brei.«
    »Dublin«, keuchte Martin, der vor Isaacs Hemdbrust baumelte. »Der Neffe ist in Dublin.«
    »Adresse?«
    »Das Shelbourne. St. Stephens Green.«
    »War eine Narbe nicht genug für ihn? Hat er O’Toole befohlen, ihr beide Gesichtshälften zu ruinieren?«
    »Ich weiß nicht, Sir. Ich schwöre bei Gott. Dermott redet nie mit mir …«
     
    Isaac kehrte nicht ins Hotel zurück. Er ging in seine Mönchszelle in der Centre Street. Dort saß er im Dunkeln und rieb sich mit den Fingern unter der Nase. Der König ist also in Dublin. Isaac musste ihn erledigen. Es war egal, dass keine Logik dahintersteckte. Das Ding in seinem Bauch schnurrte. Mehr Ermunterung brauchte ein Mann nicht. Doch Isaac hatte immer noch den Verstand eines Cops. Was bedeutete ihm Annie Powell? Es gab doch noch andere narbige Nutten auf der Welt, jede Menge. Er hatte mit dieser Annie nicht geschlafen, sie nicht angerührt. Und sie hatte sich über seine Champagnergeschenke lustig gemacht. Aber er war ganz hingerissen von dem Buchstaben auf ihrem Gesicht, von Dermotts Mal. Er hätte seine eigenen Leute losschicken und O’Toole von der Straße fegen können. Fünf oder zehn von Isaacs Männern an jedem von Jameys Armen. Sie hätten ihn schon zum Reden gebracht. Aber Isaac würde sich selbst um Jamey kümmern, wenn er aus Dublin zurück war. Jamey war doch nur ein Vasall dieses Königs. Dermott Bride war Annie aufs Gesicht gestiegen. Das war der Kerl, den Isaac haben wollte. Er hatte schon einen Flug mit Aer Lingus gebucht, so verrückt das auch war. Isaac reiste am nächsten Tag ab.
    Er ging nicht als der große Isaac Sidel nach Dublin. Ein vertrauenswürdiger Kollege hätte ihm schon einen Pass zurechtgeflickt. Isaac hätte unter jedem Namen

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