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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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fliegen können. Aber er wollte sein Büro nicht mit hineinziehen. Also nahm er die Dienste von Duckworth in Anspruch, einem unehrlichen Graveur, den Isaac vor dem Knast bewahrt hatte. Er ließ ihn mitsamt seiner Werkzeugtasche heimlich in die Centre Street bringen. Der Graveur war nervös. Er hätte gern sechsunddreißig Stunden gehabt, um einen Pass zu »machen«. Und er arbeitete lieber in seiner eigenen Dunkelkammer in der Canal Street, wo er seine Kunstfertigkeit ohne Druck des First Dep unter Beweis stellen konnte.
    »Isaac, bist du sicher, dass es da unten eine Kamera gibt?«
    »Duckie, warum muss ich mich wiederholen? Du bist doch schon mal hier gewesen. Die Fotoabteilung war immer im Keller.«
    »Aber woher wissen wir, was die Mistkerle hiergelassen haben?«
    »Genau das werden wir jetzt herausfinden.«
    Isaac schnappte sich eine Taschenlampe und die beiden marschierten drei Stockwerke hinab. Ratten huschten ihnen um die Beine. Es stank derart nach Rattenscheiße, dass es einen Mann umhauen konnte. Isaac stützte den Graveur. Aber Duckworth bekam seine Kamera. Die Fotoabteilung war immer noch komplett ausgerüstet.
    Der Graveur zog ein halbes Dutzend Pässe aus der Tasche. Sie waren Kostproben seiner Arbeit und enthielten fiktive Namen. Er brauchte nur noch ein Foto von Isaac, um es in einen davon einzufügen. Er würde das Foto dann beglaubigen und es mit dem Stempel des State Department in den Pass einfügen, den er in seiner Tasche bei sich trug. Duckworth blätterte in den Pässen.
    »Ich kann Ihnen den Namen Larry Fagin O’Neill anbieten … oder Marvin Worth, Ira Goldberg … Isaac, das sind praktisch echte Menschen. Einem davon verpassen wir einfach Ihr Gesicht.«
    »Behalte die für deine anderen Kunden, Duckie. Ich habe einen Namen. Moses Herzog.«
    Der Graveur war schwer getroffen. »Warum denn Moses Herzog? So hab ich die dreifache Arbeit. Ich muss bei Null anfangen. Fagin O’Neill ist wohl nicht gut genug?«
    Aber Isaac war gnadenlos. Moses Herzog. Es musste sein.

TEIL ZWEI
10
    Die irischen Stewardessen waren freundlich zu dem Geschäftsmann, Philosophen, Dichter aus New York City. Sie versorgten ihn mit Kaffee und Pfefferminzplättchen. Der Wurm liebte Pfefferminze. Moses schlief, als sie in Shannon landeten. Ein paar Passagiere stiegen aus. Dann hob der Flieger wieder ab und flog nach Dublin.
    Er reiste mit leichtem Gepäck. Er glaubte, dass zwei oder drei Tage genügten, um die Angelegenheit mit Dermott Bride zu erledigen. Sie würden ihn im Büro nicht vermissen. Isaac war schon für erheblich längere Zeiträume verschwunden gewesen.
    Die Taxifahrt zum Shelbourne kostete ihn fast drei irische Pfund. Das Shelbourne war ein Hotel mit weißen Säulen, einer blauen Markise, es gab Statuen, die Laternen über ihre Köpfe hielten, hohe Fenster und ein weißes Dach. Es lag gegenüber von St. Stephens Green, einem lang gezogenen, ansehnlichen Park. Isaac konnte den Park von seinem Fenster aus nicht sehen. Trotzdem kostete das Zimmer zwanzig Pfund die Nacht. Er musste Dermott umlegen und schnellstens wieder verschwinden oder seine Pension beleihen, um zu überleben.
    Er hatte keine Ahnung, wie Dermott aussah. Würde der König wie ein bescheuerter Druide auf der Treppe erscheinen und sich vorstellen? Keine Ahnung, über welchen Zauber Dermott in Dublin verfügte. Aber Moses hatte ein ausgesprochenes Pech. In der Lobby hakte sich ein Mann bei ihm unter. Es handelte sich um Marshall Berkowitz, den Erstsemester-Dekan an der Columbia university und Vizepräsidenten der James-Joyce-Gesellschaft.
    Marshall war während seines einzigen Semesters auf dem College Isaacs Englischprofessor gewesen. Er pilgerte einmal jährlich nach
    Dublin, um durch die Straßen Leopold Blooms zu streifen. Woher sollte Isaac denn wissen, dass Marshall stets im Shelbourne abstieg? Er hatte eine neue, junge Frau. Sie hatte Locken vor den Augen, diese Sylvia Berkowitz, kräftige Waden und ein dünnes Hasenlächeln. Irgendwas stimmte nicht an ihr. Hatte sie einen Kurs bei Marshall belegt und sich in ihn verliebt, als sie Finnegans Wake durchackerten? Es muss eine verheerende Werbung gewesen sein. Marshall konnte jeden, Mann oder Frau, mit seiner reinen Liebe zu Joyce in Bann schlagen. Isaac hatte er schon am ersten Unterrichtstag überzeugt. Das war vor dreißig Jahren gewesen. Isaac hatte über die Eingangssequenz von Ein Porträt des Künstlers als junger Mann Rotz und Wasser geheult. Muhkühe trotteten die Straßen hinunter.

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