Das Isaac-Quartett
Ihnen will, klopfen wir an Ihre Tür.«
»Timmy, wer hat ihm denn verraten, dass ich hier wohne?«
»Niemand. Wir haben einen Portier geschmiert. Und wir dachten, Mr. Moses Herzog aus New York City könnte nur Isaac Sidel sein …«
»Er wusste, dass ich komme, richtig?«
»Überhaupt nicht.«
Isaac trottete brütend auf sein Zimmer. Es klopfte tatsächlich an seiner Tür. Kurz vor Mitternacht. Es war Sylvia Berkowitz. Sie trug einen Regenmantel und nichts darunter.
»Wo ist Marsh?«
»Der schläft.«
»Und was ist, wenn er aufwacht? Er wird nicht denken, dass du bei Dermott bist. Er wird zu mir kommen. Ich weiß nicht, ob es Marsh zu dritt im Bett Spaß macht.«
»Er würde es nicht bemerken. Und er wird nicht wach. Dazu mag er seine Träume viel zu sehr …«
»Träumt er von 7 Eccles Street?«
»Nein«, entgegnete sie. »Er träumt davon, seine Frau zu vögeln.«
Die Berkowitz-Leute waren ihm zu tiefsinnig. Es war viel einfacher mit Sylvia auf dem Bett zu liegen. Sie ließ ihren Regenmantel an. Sie knabberte ein wenig an Isaac herum und bestieg ihn dann. Sie wand sich wild und Isaac kam sich vor wie ein Holzsoldat mit einem großen Spielzeugschwengel, an dem man saugen und sich festhalten konnte. Sie nahm ihn durchaus wahr. Sie liebkoste seine kahle Stelle, küsste ihn hingebungsvoll, aber er konnte es mit dem Hunger in ihr nicht aufnehmen. Er dachte an seine Tochter, an ihre zahllosen Ehen, ihre Wildheit, was Männer anging. Und Jennifer Pears? Legte sich ihr guter Gatte in diesem Augenblick über sie? Oder brachte ihn die Dubliner Zeit durcheinander? Sylvia hörte auf sich zu winden. Sie schlief an Isaacs Schulter ein. Frauen, verrückte Frauen sickerten ihm in den Kopf, verdrängten alles andere. Er träumte von Annies Narbe. In Isaacs Traum war sie auf ihren Bauch gerutscht. Sie trug jetzt ein 5, S wie Sidel. Das S begann sich zu schlängeln. Isaac wachte auf und strampelte voller Panik mit den Beinen. Sylvia war nicht da.
11
Isaac frühstückte mit den beiden Berkowitz’ im Saddle Room des Shelbourne. Der Dekan aß Räucherhering, Schinken, Schellfisch, Eier, eins von Isaacs Würstchen, den Großteil von Sylvias Kochschinken. Sylvia stieß Isaac unterm Tisch mit beiden Knien an. Isaac musste die Kellner um getoastetes Vollkornweizenbrot anbetteln. Sie waren nicht unhöflich. »Tut uns leid, Sir, aber braunes Brot lässt sich nicht so gut toasten.« Isaac begann sich zu fragen, ob der König wohl in seiner Suite aß. Um halb neun, als Marshall Sylvia das Essen vom Teller stibitzte, kam Dermott herunter und aß mit seinen Leibwächtern. Sie nahmen vier Tische ein. Ein Irrtum war nicht möglich. Es handelte sich um Dermott und sechs ehemalige New Yorker Cops. Jetzt verstand Isaac auch, warum es auf der Nuttenmeile so ruhig war. Dermott hatte seine eigenen Rabbis bei der Polizei. Er hätte die Niggergangs niemals davon abhalten können, sich wegen all der Einnahmen zu bekriegen wenn er nicht ein paar fette Cops im Ärmel gehabt hätte.
Seine Vasallen um ihn herum aßen wie die Schweine. Dermott nahm Kaffee und Toast. Ein dunkler, gut aussehender Mann. Nicht älter als fünfunddreißig. Sein Kinn war markanter als das von Isaac. Und er hatte keine kahle Stelle. Sein Haar war so schwarz wie Isaacs. Es glänzte im Saddle Room. Aber es waren nicht die Zeichen körperlicher Schönheit, die an Isaac nagten. Dermott war ein Denker. Man sah das an den Furchen und Kerben in seiner Stirn. Seine Augen waren klarer als die seiner sechs Vasallen, die mit ihm aßen. Darin also bestand Dermotts Anziehungskraft. Und er hatte keinen Wurm, der ihm eingefallene Wangen zeichnete.
Der First Dep spürte, wie ihm jemand den Arm drückte.
»Moses, kann ich die Wurst haben, wenn du sie nicht isst?«
»Sicher doch«, meinte Isaac. »Und ich heiße auch nicht mehr Moses. Halb Dublin weiß, dass ich hier bin.«
Dermott stand auf. Seine Vasallen mussten ihren Räucherhering liegenlassen. Er nickte Marshall und seiner Frau kurz zu, hatte aber für seinen alten Gönner Isaac Sidel keinen Gruß übrig. Der First Dep war dankbar, dass die beiden Berkowitz’ zumindest für den Vormittag einen Ausflug an den Stadtrand von Dublin planten. Howth Castle und Sandycove. Isaac flehte zu Gott, dass Marsh und seine Frau sich irgendwo verliefen. Der First Dep brauchte Zeit zur Beobachtung, musste Dermotts Tagesablauf in den Kopf kriegen, den Rhythmus finden, damit er wusste, wann er zuschlagen konnte und wenn Sylvia ihm an der Hose
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