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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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hing, ging das nicht.
    Er hatte allerdings seine liebe Not, Dermotts Schwachstellen herauszufinden. Der König hielt sich in seinen Räumen auf. Die Vasallen ließen ihm das Mittagessen bringen. Um vier Uhr nachmittags kam er zum Tee herunter. Die Gesellschaft des Königs besetzte ein kleines Nest an Stühlen in einer Ecke der Lounge, die am weitesten entfernt von den Fenstern war. War noch jemand hinter dem König her? Um fünf machte er einen Spaziergang in St. Stephens Green. Kein besonders ausgiebiger Marsch. Er hielt sich in der Nähe des Gartenhäuschens an dieser Seite des Teiches auf. Um Viertel nach fünf war er zurück im Hotel. Um acht ging er wieder aus. Er ging ins Red Ruby, ein kleines Chinarestaurant
    auf der Merrion Row, anderthalb Blocks vom Hotel entfernt. Vor neun war er wieder in seinem Seitenflügel des Shelbourne. Ein irisches Aschenputtel. Deckten ihn seine Vasallen auch hübsch zu?
    Dann hatte Isaac zum ersten Mal ein wenig Glück. Die beiden Berkowitz’ hingen in Sandycove fest. Er konnte Dermott einen zweiten Tag lang ungehindert auf den Fersen bleiben. Der Tagesablauf des Königs veränderte sich nicht sehr. Frühstück im Saddle Room. Mittagessen auf dem Zimmer. Tee. Ein kurzer Spaziergang am Teich. Abendessen im Red Ruby. Und gute Nacht.
    Wie konnte Isaac an ihn ran und wo? Er brauchte mindestens eine Woche in Dublin. Die beiden Berkowitz kehrten zurück. Wenn es den First Dep nicht am dritten Tag auf die Straße getrieben hätte, dann wäre Sylvia wieder ohne Schlüpfer in Isaacs Zimmer geschlendert gekommen. Die Mädchen waren nicht hübsch. Überall hatten sie Sommersprossen und ihre Taillen saßen nicht hoch genug für seinen Geschmack. Er war verrückt nach langbeinigen Frauen. Die Männer schienen einen dummen Zug um die Augen und eine wilde Entschlossenheit in den Wangen zu haben. Eine Nation voller Schwachköpfe. Isaac war ungerecht. Er hatte zu viel mit amerikanischen Iren zu tun gehabt. Er kam nicht mit ihnen aus. Seine Ehe mit Kathleen waren zwanzig Jahre voller Streit gewesen. Die Iren waren verrückt, in Dublin wie in New York.
    Er polterte zurück ins Shelbourne und setzte sich in die Lounge, wo er eine irische Schönheit sah. Offenbar ein blaublütiges Flittchen. Ihr irischer Akzent war nicht sehr ausgeprägt. Gehörte sie zu den Anglo-Iren, die Dublin jahrhundertelang regiert hatten? Sie war mit einem makellos maßgeschneiderten Mann in Isaacs Alter zusammen. Sie tranken Kaffee mit Milch und tuschelten über Dinge, die der First Dep nicht aufschnappen konnte. Diese Anglo-Iren konnten sprechen, ohne dabei die Lippen zu bewegen.
    Die Frau hatte ein schmales Gesicht und heiße grüne Augen. Sie sah Isaac kein einziges Mal an. Der First Dep kam sich in seinen
     
    Klamotten schäbig vor. Er hatte keinen Zauberschneider. Es hätte auch nichts geholfen. Der beste Mantel hätte an ihm Falten geworfen. Der Wurm war ruhig. Isaac trottete nach oben.
     
    Er konnte nicht schlafen. Er wollte sich ein paar Stunden vor dem Frühstück durch diese Feuertür schleichen und Dermott Bride zerquetschen. Sechs Vasallen? Isaac würde sich einen nach dem anderen vorknöpfen. Seine einzige Waffe war eine Haarbürste mit kräftigem Stiel und hartem schwarzen Rücken. Wen Isaac damit zwischen den Augen erwischte, der wurde in den Schlaf geschickt. Er versteckte sich vor dem Hotelpersonal, das die Treppen auf und ab flitzte. Er kam an Dermotts Tür. Heute Nacht konnte er Ost und West unterscheiden. Er konnte hinter der Feuertür vor Dermotts Flügel keine Vasallen entdecken. Er schlich sich hinein. Sechs Hände gleichzeitig packten ihn aus verschiedenen Zimmern. Isaac saß auf dem Hosenboden. Der alte Tim Snell lachte ihn nicht aus. »Freundchen, komischen Urlaub machst du hier … Sollst du Grüße von Bürgermeister Sam ausrichten? Wir haben gehört, der Idiot liegt im Krankenhaus. Willst du Geld von Dermott? Wir sind nicht arm, aber sag uns, warum wir dir einen Penny geben sollten?«
    »Dermott kann sein Hurengeld behalten. Es stecken schon genug Finger im Kuchen. Ich möchte ihn nach Annie Powell fragen.«
    Der alte Tim kauerte sich neben Isaac. »Ach, Isaac, in New York City sind Sie der Größte, aber hier in Dublin, mein Lieber, können Sie noch nicht mal nen Furz an den Mann bringen. Wenn Sie bei Dermott einmal das Wörtchen ›Annie‹ fallenlassen, handeln Sie sich automatisch eine erstklassige irische Beerdigung ein. Wir verpassen Ihnen was, woran Sie sich noch lange erinnern

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