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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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antworten.«
    »Wie denn, wenn er in Dublin sitzt?«
    »Dermott ist in New York.«
    »Ich habe ihn nicht gesehen«, meinte Isaac.
    »Werden Sie schon noch. Er wird das Land nicht verlassen, ohne sich bei Ihnen zu bedanken. Schließlich haben Sie seine Frau für ihn begraben.«
    Mangen verschwand und mischte sich wieder unter seine jungen Anwälte. Isaac schmorte langsam das Hirn durch. Warum erfuhr er Neuigkeiten immer als Letzter? Isaac befehligte ein Riesenheer an Spitzeln und Cops, die durch die City trampelten. Keiner von denen hatte Dermott Bride auch nur mit einer Silbe erwähnt. Scamotti streifte ihn. Isaac hielt Blue Eyes fest. »Manfred, verarsch mich nicht.«
    Scamotti lachte.
    Isaac erkannte Coens Zähne. Coens roten Mund. »Wenn du mich hasst, Manfred, dann sag es mir ins Gesicht. Ich tanze nicht gern mit Gespenstern.«
    »Sie tun mir weh«, sagte Scamotti. »Loslassen.«
    Es hatte keinen Zweck. Manfred wollte nicht zugeben, dass er es war. Isaac musste weiter mit einem Gespenst leben. Er verließ die Demokraten und stapfte nach oben.
26
    Die Party tobte weiter unter Isaac. Beckys Leute schienen kein Zuhause zu haben. Würden die Demokraten an der Wand stehend schnarchen? Isaac hörte komische knabbernde Geräusche. Irgendwer fraß das Holz außerhalb seines Büros. Isaac war das egal. Der Mistkerl konnte seine Schränke und Besen ruhig angreifen. Isaac fiel in einen Traum über Blue Eyes. Blue Eyes und Annie Powell. Die beiden waren in Dublin. Isaac wimmerte, wie er Blue Eyes und Annie mit den Enten durch Stephens Green waten sah. Es musste Sommer sein. Manfred trug kein Hemd. Die blonden Brusthaare wurden nass. Annie hatte ihr Kleid bis weit über die Knie gerafft. Die Enten wurden ganz wild beim Anblick ihrer Schenkel. Sie quakten die Narben an, die von ihrem Unterleib bis zu den Kniescheiben reichten. Sie saßen tief, wie zauberhafte Geburtsnarben, so, als ob Frauen ihre Kinder aus den Oberschenkeln bekamen.
    Isaac stöhnte in seinem Sessel. Das knabbernde Geräusch war näher gekommen. Die Party hatte sich schlafen gelegt. Die Demokraten waren wohl woandershin weitergezogen. Isaac fand endlich Ruhe. Er schlug ein Auge auf und sah zwei kleine alte Männer in der Dunkelheit kauern. Mitten im Oktober trugen sie Wollkäppis und breite Halstücher, unter denen man das Gesicht eines Mannes hätte verbergen können. Das bisschen Licht, das von den Straßenlaternen hereinfiel, verlieh ihnen fette Schatten, die sich an Isaacs Wand hochbuckelten. Die Schatten schwankten unter der Last der Gegenstände, die die alten Männer auf ihren Armen trugen. Es hätten zwei Babys mit langen Köpfen sein können. Profis, murmelte Isaac bei sich. Nur ein Bulle oder ein Killer würde eine Schrotflinte mit derart inniger Zärtlichkeit halten. Er duckte sich hinter seinen Schreibtischsessel.
    Die Schrotflinten fetzten Bleistifte und Tassen vom Tisch. Holz zersplitterte über Isaacs Ohren. Die Explosionen hätten eine ganze verdammte Ewigkeit um Isaac aufreißen können. Das war die Folter für das, was Isaac Coen angetan hatte. Er würde mit dem Krachen zweier Schrotflinten im Ohr leben müssen. Sie ließen den blöden Kerl nicht mal sterben.
    Dann wurde es wieder still. Isaac hörte einen der alten Männer sagen: »Scheiße.« Sie schlurften davon. Isaac kroch unter seinem Schreibtisch hervor und richtete sich an der Vorderseite auf. Die Schrotflinten waren fort. Da waren keine alten Männer mit Wollkäppis mehr, die Bleistifte von seinem Tisch ballerten. Morton Schapiro stand über ihm, Captain Mort. »Die Wichser sind entkommen«, sagte er. »Ich konnte es nicht mit beiden aufnehmen.«
    »Wer war das?«
    »Keine Ahnung. Für mich sahen die aus wie Cops.«
    »Du warst doch auf den meisten Revieren, Mort … Hast du sie nicht erkannt?«
    »Ging nicht«, sagte Morton. »Sie waren vermummt.«
    »Komische Kerle waren das … Mit Wollkäppis auf den Schädeln. Morton, was zum Teufel hast du auf meiner Etage zu suchen?«
    »Mangen hat mir gesagt, ich soll hierbleiben. Er meinte, vielleicht würde Sie heute Nacht noch Besuch kriegen.«
    Dennis war tatsächlich sein Rabbi. Und Isaac hatte einen neuen Engel, Captain Mort. Er war nicht sicher, ob es die beiden alten Männer mit ihren Flinten ernst gemeint hatten. Sie hatten eine Menge Holz getroffen, aber Isaac hatte nicht einen Kratzer abbekommen. Kein Haar hatten sie ihm versengt. Captain Mort hatte sich ihnen in den Weg gestellt, hatte ihre Halstücher und diese verteufelten

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