Das Isaac-Quartett
Flinten gesehen. Isaac musste sich bei der Schmeißfliege bedanken.
Morton war entzückt über das spröde Lob, das Gemurmel aus Isaacs Mund. »Jetzt kannst du nach Hause gehen«, sagte Isaac.
Morts Gesicht verdüsterte sich. »Und wenn sie wiederkommen?«
»Bestimmt nicht. Morton, die haben Angst vor dir.«
An dem zersplitterten Holz konnte er nicht viel ändern. Er würde in einem Meer aus Spänen arbeiten müssen, bis Rebecca ihn vor die Tür setzte. Er sammelte die zerschossenen Bleistifte und Tassen vom Boden auf. Dann setzte er sich hinter seinen Schreibtisch. Er fühlte sich so behaglich wie nur was. Die Ankunft der beiden alten Männer war nur ein Vorgeplänkel gewesen. Der ganze Unsinn nur, um Isaac zu Tode zu erschrecken. Er wusste, was als Nächstes passieren würde. Er würde nur ein wenig warten müssen. Der Hauptakt würde beginnen, sobald sich der Flintenrauch gelegt hatte.
Ein Mann tauchte in der Tür auf. Isaac musste nicht mal blinzeln. »Dermott«, meinte er. »Nicht so schüchtern. Komm rein.«
Der König betrat Isaacs Büro. Er war klein, und so erinnerte sich Isaac auch an ihn. Er hatte krähenschwarzes Haar und für einen Iren recht eigenartige Gesichtszüge. Woher hatte er nur diesen dunklen Teint? Gab es in der Bronx Zigeuner, die sich unter die Baracken-Iren der Clay Avenue und von Crotona Park North mischten? Oder reichte seine Blutslinie noch weiter zurück? Vielleicht stammte er von einer geheimen Rasse dunkelhäutiger Iren ab, von Seefahrern aus der Levante, die vor vierhundert Jahren die Liffey hinaufgesegelt waren und sich in Blackrock angesiedelt hatten. Isaac schaltete das Licht ein. Die Augenbrauen des Königs bauschten sich auf seiner Stirn. Dermott hatte die richtigen Leute, um Isaac auseinanderzunehmen. Aber niemand schien gewillt, ihn zu ermorden.
»Da hast du mir ja ein hübsches Pärchen geschickt. Hast du sie mit den Halstüchern und allem ausstaffiert?«
Die käferschwarzen Augen starrten Isaac ausdruckslos an, bis sie das halbe Gesicht des Königs einnahmen. »Isaac, O’Toole ist die einzige Gang, die ich je hatte. Und der ist fort.«
»Und was ist mit den Clay Avenue Devils?«
»Himmel, ich bin von den Devils abgehauen, da war ich noch keine achtzehn. Wenn Sie schon wollen, dass ich meine Vergangenheit auskotze, Isaac, dann könnten Sie mir wenigstens einen Platz anbieten.«
»Setz dich«, sagte Isaac und der König hockte sich auf den einzigen anderen Stuhl im Büro. Der First Dep hatte es nicht so mit der Gastfreundschaft. Ein kahles Zimmer war ihm lieber.
»Also, wenn die Halstücher nicht zu dir gehörten, was sollte dann der ganze Witz? Du bist doch nicht blind, Dermott. Du bist über den Schutt gelaufen, den sie hinterlassen haben. Zwei alte Männer mit Wollkäppis haben vor zwanzig Minuten mein Büro zerschossen.«
»Zu mir gehören sie nicht, das sagte ich doch schon.«
»Und warum bist du dann hier? Hat Tiger John dich geschickt? Sollst du mich warnen, dass ich ja nie wieder in Mangens Nähe auftauche? Weißt du, Dennis behauptet, du wärest sein Spitzel. Ich hab ihm gesagt, er hätte nichts als Scheiße im Hirn.«
Der König lachte. »Seit wann sind Sie mir gegenüber denn so loyal?«
»Mach dir doch nichts vor«, brummte Isaac. »Ich habe achtzehn Sondereinheiten. Ich hätte es längst spitzgekriegt, wenn irgendein Cop dich auf der Liste führen würde. Dermott, mich interessiert eins. Sieht so aus, als hätte ich dich ins Columbia College gebracht. Ich hab den Bericht gelesen, den ich damals für Marshall Berkowitz geschrieben habe. Du kannst mich umbringen, aber ich kann mich beim besten Willen nicht mehr erinnern dir je begegnet zu sein.«
»Oh, das sind wir aber. Oft sogar. Wir haben lange Gespräche geführt, Sie und ich, als ich noch bei den Devils war.«
»Ich habe mich mit Arthur Greer unterhalten. Er war Präsident des Clubs.«
»Aber Arthur ist nicht aufs Columbia College gegangen.« Isaac klingelte immer noch die Musik der Schrotflinten im Ohr. Sein Kopf war ein einziger Trümmerhaufen aus Knochen und Blut. Wieso konnte er sich an Arthur erinnern, den sie vom Dach geschubst hatten, aber nicht an den kleinen Dermott?
»Worüber haben wir uns denn unterhalten?«
»Immanuel Kant.«
Der König log. Bronx-Ganoven mit schwarzen Haaren konnten unmöglich auf Kant stehen.
»Sie haben mir Bücher zu lesen gegeben«, sagte Dermott. »Dostojewski … Kant … James Joyce … aber nicht nur Literatur. Wir haben über die South Bronx
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