Das Isaac-Quartett
anzuschauen. Er hatte keine Glasscheibe zwischen sich und seinen Kunden, wie andere bematschte Sicherheitsfanatiker (wie hätte er durch eine solche Sperre plaudern können?); daher ließ er beim Fahren eine Hand auf dem Knüppel liegen.
»Ich hasse diese grässlichen Zuhälter, Mister. Sie nutzen die weißen Mädchen aus. Sie schmieren sich Pomade ins Haar. Sie sitzen in dicken Cadillacs rum. Wenn ich einen Zuhälter in meinem Wagen hätte, würde ich ihn umbringen.«
Quagliozzo brachte den Chinesen nicht dazu, den Kopf zu heben. »Welcher Meinung sind Sie, Mister?«
»Prince Street«, sagte der Chinese und bedeutete dem Taxifahrer, am Straßenrand anzuhalten. »Warten Sie auf mich.« Neben der Straße war ein freies Grundstück. Er ging zu einer Reihe von Mülltonnen. Solomon Wong, der frühere Tellerwäscher seines Vaters, saß auf der nördlichsten.
»Solomon, que tal?«
Solomon raffte den Saum seines Mantels hoch (einst hatte er Papa Reyes gehört) und zog eine Reisetasche aus Leinen aus der Mülltonne. Der Chinese zog andere Schuhe an, gab Solomon den Stiefel zur Verwahrung und steckte die Perücke unter Solomons Mantel; in Mexiko City konnte er unmöglich mit rotem Haar rumlaufen.
Quagliozzo war unruhig, als der Chinese zum Taxi zurückkehrte. »Wohin soll ich jetzt fahren, Mister?«
»Fahren Sie«, sagte der Chinese. »Ich sage es Ihnen später.«
Quagliozzo hatte genügend Beweise, um den Taxibanditen zu erledigen; ohne die Perücke und den Klumpschuh war er exakt der Mann, der auf dem Handzettel abgebildet war. Äußerst klug, gestand Quagliozzo ihm zu. Er benutzt eine Mülltonne als Depot. Dahin wandert also das Bargeld nach einem Raub. Quagliozzos Respekt für den Chinesen wuchs.
»Mister, ich muss mal aufs Klo.«
Er hielt vor einer Cafeteria in der Bowery an, stellte seine Geldkiste im Scheißhaus am Ende der Theke ab und schlug dann einen Haken zum Telefon an der Wand. Er wählte den Polizeinotruf. Kaugummi kauend spazierte er ins Freie. Der Chinese saß nicht mehr im Taxi. Quagliozzo machte sich Vorwürfe. »Ich hätte ihm den Knüppel über den Kopf hauen sollen.« Er schloss sich den drei Funkwagen an, die auf seinen Anruf hin gekommen waren, und lotste sie in die Prince Street. Solomon war nicht auf dem Grundstück zu finden; sie stellten sämtliche Mülltonnen auf den Kopf und wühlten sich durch den Abfall, aber niemand konnte den Schuh des Chinesen finden.
8
Da er sich von allen Seiten her bespitzelt sah (von Pimloe, von Papa, von Vander, vielleicht auch von Isaac), erwähnte Coen seinen Ausflug gegenüber niemandem. Er hatte sich entschlossen, das Land zu verlassen, ohne die Abteilung des First Deputy oder die Second Division davon zu unterrichten. Pimloe hätte getobt wie ein Berserker, wenn er gewusst hätte, dass Coen mit einem chinesischen Taxibanditen reiste. Die Mordkommission hätte ihn gekreuzigt. Der First Dep hätte gebetet, dass Isaac zurückkehren möge. Coen war noch im Besitz von Vanders Kohle und hatte vor, das restliche Geld in Mexiko zu verbraten, es für Jerónimo, für sich und für Cousin Mordeckay rauszuschmeißen. Er reiste inkognito, ohne Dienstabzeichen und ohne Waffe.
Als er zum Flughafen fahren wollte, fand er eine pralle Papiertüte vor seiner Tür. Der Geruch war unverkennbar. Der Duft von Papas kandierten Früchten stieg Coen durch die Verpackung in die Nase; schwarze Halva, Drops, angeschmolzene Schokolade, bittere Lutschbonbons, helle und dunkle Karamellen für Jerónimos Verbleib? Für derlei Spekulationen blieb Coen keine Zeit mehr. Er nahm die Süßigkeiten mit und traf Chino in der Abflughalle. Er äußerte sich nicht zu den schwarzen Klumpen auf dem Ohr des Chinesen. Beide gingen durch den Metalldetektor. Doch zuvor legte der Chinese seinen Geldclip und seine Zigarrendose in einen der Körbe. Er wirkte verärgert, als Coen sich keinen Korb nahm. »Bulle«, sagte er, »wo hast du deine Pistole? Wo hast du dein Dienstabzeichen?«
»Ich habe sie zu Hause gelassen«, sagte Coen. »In einem Strumpf unter meinem Bett.«
»Idiot«, murrte der Chinese. »Sollen wir es ohne die Kinkerlitzchen von der Polizei gegen die Mistkerle aufnehmen? Darauf wäre ich nie gekommen. Zorro hat mir gesagt, du hättest nicht nur Stroh im Kopf. Ein Bulle mit weicher Birne. Das Abzeichen ist von unschätzbarem Wert für uns, und du steckst es in einen Strumpf. Idiot.« Bis zur Abfertigung und selbst noch im Flugzeug plapperte er weiter. Coen gähnte. Vier Stunden würde er
Weitere Kostenlose Bücher