Das Isaac-Quartett
küsste sie, spürte ihre spitzen Zähne, und sein Kopf umnebelte sich vollkommen.
»Hast du kalte Füße, Chino? Warum zitterst du?«
»Das kommt von meinem Ohr, Odette. Es ist nichts weiter.«
Er musste sich mit seinen Händen zurückhalten, durfte ihre Haut nicht zu heftig streicheln, damit nicht die Druckpunkte hinter seinen Ohren anschwollen und seine Polypen verstopften; so viel machte er sich aus Odile. Der Chinese war kein schmieriger Fetischist. Er hätte fünf andere Mädchen haben können, Cubanas und Negritas mit runderen Hintern und fetteren Schenkeln oder eine finnische Schönheit, die Chinos Pistola im Nabel brauchte, um einen richtigen Orgasmus zu bekommen. Der Chinese zog Odette vor. Das war keine Frage der Größe (der Chinese ließ sich nur von großen Mädchen hinreißen), es lag auch nicht an ihren bezaubernden langen, knochigen Fingern oder an der perfekten Wölbung ihrer Brust (er hätte eine Stunde lang mit seinem Finger über ihren Brustansatz fahren können, den Bogen von einer Brustwarze zur anderen beschreiben, über die Fältchen streichen können, die entstanden, wenn sie ruckartig die Arme bewegte). Ihre Hochmütigkeit sprach ihn an, ihre bockig vorgeschobene Unterlippe, die Berge von Verachtung, die sie einzelnen Sätzen einzuhauchen schien. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er Odile von der Pornografie abgebracht. Er hätte Janice und Sweeney in Spiritus eingelegt, Odette den Zutritt zum Dwarf verweigert, sie in der Jane Street festgehalten und Bummy Gilman das Besuchsrecht abgesprochen. Sie hätte sich das Geld nicht mehr damit verdienen müssen, diesem Mann die Eier zu waschen. Doch das Mädchen gehörte nicht ihm, sondern Zorro. Und wenn er sich mit den Guzmanns anlegte, musste er wieder Taxis überfallen und vor Pistolen in Einkaufstaschen weglaufen. Der Chinese war deprimiert.
Odile zog ihm die Perücke ab, und strich durch die schwarzen Stoppeln auf seinem Kopf, und mit hübschen Fingern im Haar war der Chinese nicht mehr ganz so vergrämt. Er tauchte in die Kissen, packte Odile an einem Bein, griff unter den Schritt ihrer Angorahose, schob einen Arm unter ihre Kniekehlen, erkletterte einen halben Schenkel, betete die Gänsehaut und die Härchen auf ihrem Oberschenkel an (so zarte Haare hatte selbst die schöne Finnin nicht), strich mit seiner Stirn über ihre aufgerichteten Nippel und kam gegen ihre andere Hüfte; die Nähe ihres Wollunterhemdes dämpfte seine Schreie. Odile mochte seinen knorpeligen Kopf in ihrem Busen. Sie wollte die Stellung ihrer Umarmung exakt beibehalten, doch dem Chinesen machte die Nässe in seiner Hose Sorgen. »Mexiko«, platzte er heraus und rückte von ihrem Busen ab.
»Wohin gehst du mit diesem kranken Ohr, Chino?« Er konnte sich nicht erinnern, seit seinen Wichsereien im Kino an der Mott Street derart klebrige Lenden gehabt zu haben; damals war er in der achten Klasse gewesen (der Chinese war in der Schule immer ein Jahr hintendran). Er war zu verwirrt, um Odile zu küssen. »Ich bring dir was Schönes aus Mexiko mit«, sagte er. »Etwas, was Zorro nicht identifizieren kann.«
Sie glaubte, er fantasiere. »Komm ins Bett, Chino.« Im Korridor zog er die Schleifen in seinen Hosenträgern auf. Im Treppenhaus begegnete ihm Odiles Vermieterin. Stirnrunzelnd sah sie seinen Verband und sein zerknittertes Hemd an. Der Chinese war gegen Wirtinnen immun. Am Abingdon Square fand er ein Taxi. »Zur Prince Street«, rief er. »Möglichst schnell.«
Der Taxifahrer, Quagliozzo, ein wachsamer Bürger von Queens, fünfundvierzig und mit einem Knüppel für Wegnehmkünstler und unwillkommene Gäste neben seiner Geldkassette ausgerüstet, ließ sich nicht von der roten Perücke täuschen. Er hatte einen Handzettel auf das Armaturenbrett geheftet, auf dem stand, dass die unabhängigen Taxiunternehmer eine Belohnung von tausend Dollar für die Verhaftung des Taxibanditen Chino Reyes ausgesetzt hatten. Quagliozzo (seine Freunde nannten ihn Quag) erkannte die Backenknochen hinter den künstlichen Haaren, aber in dem Rundschreiben stand nichts über einen Klumpfuß. Der Taxifahrer sagte sich, dass kein professioneller Bandit schnell genug mit einem klobigen Schuh vom Tatort entkommen konnte. Die Leute aus der Werkstatt, die selbst Beziehungen mit kleinen Gaunern unterhielten, hatten ihn informiert, dass sich der Taxibandit als Zuhälter maskierte, um die Bullen Manhattans abzuwimmeln. Daher entschied sich Quagliozzo, den Chinesen in seinem Taxi näher
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