Das Isaac-Quartett
niemandem was vor. Du willst das Mädchen von mir, du bekommst das Mädchen. Dafür will ich was von dir. Tu mir einen Gefallen.«
Coen löste sich nicht aus der Umarmung.
»Jerónimo ist in Mexiko.« César spürte, wie Coen vor Überraschung die Schultern runtersackten. »Er wohnt bei unserem Cousin Mordeckay. Es wird ihn freuen, dich zu sehen. Ich will nicht, dass mein Bruder immer nur unter Fremden ist. Geh zu ihm, Manfred. Setz dich mit ihm in den Park. Chino zeigt dir den Weg. Falls er zu dünn ist, falls mein Cousin ihn ausnutzt, falls er nicht genug bekommt, gibst du mir Bescheid. Wiederhole gegenüber niemandem, was ich eben gesagt habe. Niemand soll wissen, wo Jerónimo ist. Auch nicht Isaac. Niemand.«
»Ich sehe Isaac nicht mehr, César. Aber warum hast du solche Angst? Isaac arbeitet für deinen Vater.«
César starrte ihn an: »Er ist derjenige, der Jerónimo genagelt hat.«
»César, willst du damit sagen, dass Isaac für die Bullen spioniert? Sie haben ihn rausgeschmissen. Warum sollte er ihnen helfen? Er hat es bestimmt nicht auf Jerónimo abgesehen.«
»Das ist mir alles gleich. Er ist derjenige.«
Coen ging durch die Tür; ihm brummte der Kopf.
Für Zorro musste der Chinese seine Belagerung des Dwarf aufgebenund sich mit Blue Eyes Coen zusammenraufen. Er würde den Bullen nach Mexiko bringen, aber seinen hochhackigen Schuh würde er nicht oberhalb der Vierzehnten tragen. Für ihn war es nicht mehr Arnolds Schuh. Er hatte keine neuen Schnürsenkel besorgt und auch die Falten im Leder nicht geglättet. Er wollte keinen schicken Schuh. Kein Bulle auf Erden würde ihn dazu bringen, ihn zurückzugeben. Nicht einmal der große Isaac, der in Papa Guzmanns Ausguss Fünfcentstücke wusch. Der Chinese hätte das Dwarf mit einer Pistole stürmen können, einem.45er Colt Commander, den er vor seiner Reise nach Mexiko auf einem leeren Grundstück in der Prince Street eingraben würde. Er hätte Rauchwölkchen auf den Revers der Rausschmeißerinnen, Janice und Sweeney, hinterlassen können. Doch damit hätte er Odile geängstigt. Daher näherte er sich der Tür mit freier Hand, die.45er in einem Schnellziehhalfter über dem Herzen. Der Chinese hatte nur noch zwei Stunden Zeit; anschließend würde er die Waffe eingraben und sich am Flughafen mit Coen treffen müssen.
Odile beobachtete ihn durch den Vorhang. Sie hatte das Dwarf seit sechsunddreißig Stunden nicht verlassen. Selbst wenn der Chinese von Zeit zu Zeit verschwand, argwöhnte sie, dass er nur in einen Hauseingang an der nächsten Straßenecke pisste oder sich eine Dose Bier kaufte. Janice weckte Sweeney, die auf einem Feldbett hinter der Bar behaglich geschlummert hatte. »Der Chinese kommt«, sagt Janice. »Er geht über die Straße.« Den Cousinen lief ein Schimmer übers Kinn, der Odile nicht behagte. Die Schlachtlinien standen fest. Mit diesem verrückten Schuh würde der Chinese Janice und Sweeney niemals entkommen können. Die Cousinen zu reizen, war schiere Dummheit. »Chino Reyes«, kreischte sie, »wenn du nicht sofort gehst, mach ich für keinen deiner Kunden jemals wieder die Beine breit.«
Sie packten ihn an den Armen, hoben ihn über die Schwelle (er war ein Fliegengewicht, nur runde hundert Pfund) und schleuderten ihn gegen die Bar. Janice fuhr mit ihren Fäusten in die Fingerrillen der Schlagringe. Um sechs Uhr morgens war das Dwarf leer, und sie konnte nach Belieben mit dem Chinesen umspringen, Katz und Maus mit ihm spielen. Sweeney riss ihm den Pistolenhalfter von der Brust und warf die Waffe in einen Eiskübel. Sie hielt den Chinesen fest, während Janice ihn ins Ohr kniff, bis es blutete. Sweeney warnte Odile. »Baby, mach die Augen zu. Es ist besser, wenn du nicht hinschaust.«
Doch Odile schlug bereits auf die Schlagringe ein; der Kontakt mit dem Metall hinterließ eine gezackte Wunde in ihrer Handfläche. »Bring sie dazu, dass sie aufhört, Sweeney. Der Chinese ist mein Problem.«
»Nicht, wenn er die Schwelle überschritten hat«, sagte Janice. »Dann gehört er uns.« Sie kostete die Situation zu sehr aus, um noch auf Odile zu achten.
»Sweeney, ich komme in meinem ganzen Leben nicht mehr her. Noch eine Narbe an seinem Ohr, und es ist aus.«
»Hör nicht auf die Schlampe«, sagte Janice zu ihrer Cousine. »Sie wird angekrochen kommen.«
Sweeney war von der Vorstellung entsetzt, im Dwarf ohne Odile zurechtkommen zu müssen. Sie zog den Chinesen auf die Füße. Wie eine Lumpenpuppe mit einem abgerissenen Ohr
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