Das Isaac-Quartett
berührt hatte. Doch sie hatte nicht den Mut, César zu fragen. Und jetzt gab es Coen. Seine Schreie im Bett waren Jer6nimos Schreien nicht unähnlich, kurz und trocken. Sie konnte einfach nicht verstehen, was sie an dieser finsteren Sorte Mann anzog. Sie versuchte, vom Tisch aufzustehen, aber sie hing an Coen fest.
»Lass meine Füße los«, sagte sie.
Coen griff unter den Tisch und stieß ihre Knöchel von sich weg. Child bot ihm keinen zweiten Mokka an, und Odile stippte Krümel aus dem Croissantkorb, ohne aufzusehen; Coen verschwand. Er nahm einen gewundenen Seitenweg durch den Park und landete hoch in den Achtzigern. Ein Kopf mit dichtem, grauem Haar kam ihm entgegen, so groß wie ein Kohlkopf, und schoss auf die Columbus zu. Der Kopf bewegte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit, tauchte hüpfend über Autodächern auf und verpasste Laternenpfähle um zwei Zentimeter. Coen brauchte keine Vermutungen anzustellen. Niemand anders als das Baby konnte seinen Kopf mit solcher Zielsicherheit bewegen. Und solange Isaac in der Stadt war, hinter Guzmannschem Blut her war, fürchtete er um das Leben des Babys. »Jerónimo, warum hat César dich so schnell wieder nach Hause geholt? Hat Mordeckay dir alle Süßigkeiten weggegessen?« Coen atmete schwer, doch er konnte nicht mit dem Baby Schritt halten. Er war schon eine Straßenecke zurückgefallen. Er wusste, wohin das Baby gehen würde. Zu Onkel Sheb. In der Bronx hatten sie stundenlang zusammengesessen und einander die grauen Haare ausgerissen. Es war gut, dass Coen sein Tempo verlangsamte. Sonst hätte er nicht bemerkt, dass das Baby beschattet wurde. Brodsky folgte ihm in einem Wagen des First Deputy. An der nächsten Ampel stieg Coen unaufgefordert ein. »Brodsky, erzähl mir bloß noch mal, dass Pimloe und du nicht mit dem Chef verbündet seid. Hast du nicht gesagt, du hättest das Baby noch nie gesehen?«
»Coen, raus mit dir, und zwar schnell, sonst bringe ich dich aufs Revier. In dem Käfig wird es dir nicht gefallen. Sie werden dich mit Erdnüssen bewerfen, Coen. So beliebt bist du bei denen.«
»Lass das Baby in Ruhe, Brodsky. Er kommt wunderbar ohne Schatten zurecht. Fahr woanders rum. Ich schwöre dir, ich lenk dir den Wagen ins Fenster der First National Bank.«
»Du bist ein Tier, Coen. Man sollte dich in den Zoo stecken. Du gehörst nicht auf die Straße.«
Coen drehte Brodskys Schlüssel um und hielt den Wagen an.
»Was hat der First Dep mit Jerónimo vor? Den Lippenstift-Freak haben doch die Idioten von der Fourth Division schon gefunden. Hast du nichts davon gehört? Es ist ein Puppenmacher aus dem Hotel, in dem Arnold wohnt. Hunde vergiftet er auch. Was ist los, Brodsky? Bist du noch nicht dahintergekommen? Enthält der Chief of Detectives dem First Dep wieder Informationen vor? Dann muss Isaac wieder auf seinem alten Stuhl sitzen.«
Coen wartete vor der Tür des Manhattan-Feierabendhauses. Er wollte die andächtige Stille zwischen dem Baby und Sheb nicht durchbrechen. Er kaufte getrocknete Birnen für seinen Onkel und aß sie zur Hälfte auf, während er auf Jerónimo wartete. Das Baby versuchte, ihm auf der Treppe auszuweichen. Er begrüßte Coen nicht. Auf beiden Schläfen bildeten sich Einschnitte, als Coen ihm den Weg verstellte.
»Wo kommst du her, Jerónimo?«
César musste ihn gewarnt und ihm gesagt haben, dass er nicht mit Coen reden durfte. Hatte er dem Baby eingebleut, dass Coen für Isaac spionierte?
»Jerónimo, bitte, besuch Sheb nicht mehr tagsüber. Die Schwester wird dich abends oder nachts zu ihm bringen. Hier, ich schreibe dir einen Zettel für sie.«
Das Baby zerriss den Zettel und zerkaute die Papierfetzen. Die Adern traten wie Fingergelenke aus seinem Kopf. Coen wollte nicht, dass dem Baby der Schädel platzte. Er musste ihn gehen lassen.
»Nimm die Seitenstraßen, Jerónimo. Bleib nicht stehen, wenn dich jemand aus einem Wagen anspricht. Ein Mann mit Koteletten sucht nach dir.«
Als Coen seinen Satz schreiend beendet hatte, war das Baby schon eine Straßenecke weiter. Er sah ihm nach, bis der Kohlkopf eine milchige Farbe annahm. Dann ging er zu Sheb.
Im Schlafsaal mampften sie Birnen. Shebby ersah aus Coens Bissen, dass etwas nicht stimmte. Der Neffe machte sich nicht die Mühe, an den Birnen zu nuckeln. Shebby zog seine Decken hoch. Er war froh, dass sich noch andere Männer im Schlafsaal aufhielten und er diesen Bissen nicht ganz allein lauschen musste. Er bot den anderen die letzte klebrige Birne an. Der
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