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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerome Charyn
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Ich habe ihn dabei ertappt, wie er seine Puppen abgeschleckt hat. Voodoo-Zeug. Mit nassen Backen setzt er sie hin. Hätte ihn die Treppe runterschmeißen sollen. Aber die Regierung garantiert ihm seine Rechte, und mein Abzeichen reicht für so was nicht. Was sagen Sie jetzt, Mrs. Dalkey? Sind Sie dabei? Halten Sie zu uns und unterstützen die Gesellschaft?«
    Die Witwe ließ Rickie auf Alfreds Knie los. »Ich traue keinem Mann von einer Gesellschaft«, sagte sie. »Sie können Ihren Arbeitgebern sagen, dass Irene sich nicht bestechen lässt. Ich nehme Ihr dreckiges Geld nicht an. Hoffentlich fällt Ihr Hotel in sich zusammen.«
    »Leck mich doch am Arsch«, sagte Alfred in der Tür. Er setzte seine Sonnenbrille auf und spuckte die Glühbirne im Hausflur an. »Leck mich am Arsch. Leck mich am Arsch.«
    Mrs. Dalkey schob die Riegel wieder vor. Zitternd lehnte sie sich gegen die Tür. Rickie wimmerte über ihre seltsame Verfassung. »Maul halten«, sagte sie. »Warum hast du ihn nicht massakriert?« Sie gab dem Hund nicht zu fressen. Sich selbst betäubte sie mit Honig in schwarzem Tee. Sie faltete die Hände über dem Herzen. Dalkey war vierundsiebzig. Sie gelobte sich, dieses Hotel noch zu ihren Lebzeiten zu vernichten. Doch der Nigger hatte sie brummig gemacht. Sie sah die Umgebung ihrer Kindheit wieder vor sich, ihre Schlafcouch in einem Kellerladen, die beiden Frankensteens, empfand die Schmach, so nah an den mit Scheiße befleckten Stiefeln eines Klempners zu leben. Dalkey fing an zu weinen. Sie hatte keinen Ehemann, der sie beschützte, nur einen sabbernden Hund. Ihre Geschichte schien sich abzuwickeln wie das Küchenpapier auf der Rolle über ihrem Ausguss; sinnloses, zerknittertes Wisch-und-Weg. Warum sollte sie das Entsetzen ihrer gesamten Umgebung in sich aufnehmen, gar etwas ändern? Sollten doch die Hausfrauen den weißen Krämern nachweinen und sie zurücklocken. Dalkey war am Ende; sie hatte es satt. Sie würde ihren Hauswartsposten niederlegen und sich nicht mehr um die öffentlichen Interessen kümmern. Sie wollte ihre rechtmäßige Mutter haben, nicht Mrs. Frankensteen. Sie war es müde, die Witwe zu sein. Rickie begrub seinen Kopf in ihren Unterröcken. Jetzt konnte sie den Hund bemitleiden. »Erinnerst du dich an deinen Papi, Rickie? Wir sind Waisen, mein Liebling. Uns hat der Storch gebracht. Elfenkinder, das war’s, was die Frau gesagt hat.« Sie strich über die kahlen Stellen auf Rickies Kopf. Sie wischte ihm Grind aus den Augen. Sie fütterte ihn mit Karotten, Lachs und Leberwurst. Dalkey war wieder sie selbst. Sie würde eine neue Baumkampagne planen.
13
    Coen wählte nach seinem Morgentee die Nummer des Büros des First Deputy.
    »Geben Sie mir Isaac Sidel.«
    Die Telefonistin bat ihn, den Namen zu buchstabieren.
    »Wir haben keine Eintragung unter Sidel«, sagte sie.
    »Suchen Sie in Herbert Pimloes privaten Unterlagen nach ihm.«
    »Wie ist Ihr Name, Sir?«
    »Manfred. M wie Montag, A wie Athlet, N wie Nachlass, F wie Fischköder, R wie Regent, E wie Ende, D wie Dollar.«
    Pimloes Chauffeur übernahm das Gespräch. »Was willst du, Coen?«
    »Brodsky, sag Pimloe, dass ich mich mit Isaac treffen will. Ich muss mit ihm reden. Von mir aus auf Papas Veranda, in meiner Wohnung, ganz gleich, wo. Isaac soll einen Ort vorschlagen. Wenn er sich nicht mit mir zusammensetzt, Brodsky, werde ich mit den Guzmanns Binokel spielen.«
    »Bleib beim Tischtennis, Coen. Pimloe braucht dich nicht mehr. Deine Kumpel bei der Mordkommission haben nach dir gefragt. Du bist wieder bei ihnen eingeteilt, Coen. Ab morgen kannst du wieder Leichen aufsammeln.«
    »Wenn Pimloe will, dass ich in den Mannschaftsraum gehe, muss er mich eigenhändig hinschleppen. Ich nehme meine Anweisungen von Isaac entgegen.«
    »Wie oft muss ich es dir noch sagen, du Trottel? Isaac arbeitet nicht hier.«
    »Dann bin ich vielleicht nicht Coen. Die Guzmanns haben Südamerika nie verlassen, und eine Boston Road existiert nicht auf dem Stadtplan.«
    In stinkenden Hosen und einem Hemd, dem die Armel fehlten, ging er durch den Park. Childs Pförtner verwechselte ihn mit einem der Anstreicher, die in dem Wohnhaus herumkrabbelten, und sagte ihm, er solle beim nächsten Mal den Lieferanteneingang benutzen. Child saß vor einem Mokka und Croissants. Er bot Coen einen Platz am Tisch an und wollte nicht zulassen, dass er sein Croissant trocken verschlang. Mit einem zierlichen Silbermesser, das in Coens Zeigefinger Platz gehabt hätte, strich er

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