Das italienische Maedchen
talentierte Schüler fördern, die Mittel der Schule jedoch begrenzt sind.«
»Stimmt. An wie viel hatten Sie gedacht?«
Donatella nannte den Betrag.
Paolo blieb der Mund offen stehen. »Das ist eine ziemlich hohe Summe.«
»Ah, da kommen unsere Bellinis.« Donatella nahm ihr Glas und prostete ihm zu. »Haben Sie Interesse an meinem Angebot?«
»Das ist eine ausgesprochen großzügige Geste. Und was erwarten Sie dafür …?«
»Natürlich, dass die Stipendien den Namen ›Bianchi‹ tragen, und …«, sie drehte ihr Glas, »… dass Roberto Rossini die neue Saison an der Scala in einer Titelpartie eröffnet.«
Paolo stöhnte innerlich auf. Er hatte gewusst, dass es seinen Preis haben würde. Bei Frauen wie Donatella war das immer so. »Verstehe.«
»Ich verfolge seine Karriere nun schon ein paar Jahre lang und habe den Eindruck, dass er nicht gemäß seinen Fähigkeiten eingesetzt wird. Er hat das Zeug zum Star, das finden auch alle meine Freundinnen.«
»Ich halte Roberto Rossini ebenfalls für einen sehr begabten Sänger. Aber es gibt Dinge …«, Paolo wählte seine Worte sorgfältig, »… die Künstler daran hindern, die Rollen zu bekommen, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Sie haben recht. Er besitzt tatsächlich die Stimme und die Bühnenpräsenz, um es in der Opernwelt zu etwas zu bringen, doch seine Persönlichkeit …« Paolo seufzte. »Ich will es so ausdrücken: Sie ist nicht gerade förderlich.«
»Heißt das, Sie mögen ihn nicht?«
»Nein, das ist es nicht. Ich habe vielmehr ein Problem mit ihm als Ensemblemitglied. Er ist unzuverlässig, ein wenig unreif und, das muss ich leider feststellen, auf der Bühne egoistisch. Viele seiner Kollegen finden die Zusammenarbeit mit ihm schwierig.«
»Künstler haben ihre Launen. Paolo, ich weiß, dass Roberto Rossini für Großes bestimmt ist. Wenn nicht an der Scala, dann an einem anderen Haus. Und das wäre doch nicht in unserem Sinn, oder?«
Paolo rang mit seinem Gewissen. Er wusste genau, worauf Donatella hinauswollte. Dieses eine Zugeständnis würde ihn in die Lage versetzen, drei jungen Sängern eine Ausbildung zu verschaffen. Er holte tief Luft. »Ich möchte die nächste Saison mit Ernani eröffnen, und meinen persönlichen Ressentiments zum Trotz muss ich zugeben, dass Roberto Rossini für die Titelrolle genau die richtige Besetzung wäre.«
»Sehen Sie, Paolo, es ist Schicksal.«
»Na schön, Donatella«, seufzte er. »Dann wird Roberto Rossini also die neue Saison eröffnen.«
»Wunderbar! Sie werden es bestimmt nicht bereuen.« Donatella klatschte begeistert in die Hände. »Noch eins: Sie müssen mir versprechen, dass Roberto nichts von diesem Gespräch erfährt.«
»Natürlich.«
»Gut. Wollen wir bestellen?«
Paolo verließ das Restaurant eine Stunde später. Auf dem Weg zur Scala überlegte er, wie lange die Affäre von Donatella Bianchi und Roberto Rossini schon dauerte.
Donatella fuhr mit einem zufriedenen Lächeln nach Hause. Auch wenn es einen Batzen Geld gekostet hatte: Es war ein geringer Preis dafür, Roberto in Mailand zu halten.
Roberto wurde gebeten, nach der Morgenprobe in Paolo de Vitos Büro zu kommen. Als er an dessen Tür klopfte, überlegte er, was er diesmal ausgefressen hatte.
»Herein.«
Roberto öffnete die Tür. »Sie wollten mich sprechen?«
Paolo, der mit verschränkten Armen hinter seinem Schreibtisch saß, begrüßte Roberto mit einem Lächeln. »Nehmen Sie Platz.«
Roberto tat ihm den Gefallen.
»Ich spiele mit dem Gedanken, Ihnen die Titelpartie in Ernani zu geben, der Eröffnungspremiere. Glauben Sie, Sie sind bereit für diese Rolle?«
Roberto war sprachlos.
»Nun?« Paolo sah ihn erwartungsvoll an.
»Aber natürlich! Seit meiner Ausbildung wünsche ich mir nichts sehnlicher, als die Saison an der Scala mit einer Titelpartie zu eröffnen.«
»Das kann ich mir denken. Ich bin zu dem Schluss gelangt, dass es Zeit wird, Ihnen Gelegenheit dazu zu geben. Sie haben alles, was ein Weltklassetenor braucht.«
»Danke, Paolo.« Roberto bemühte sich, seine Begeisterung im Zaum zu halten und bescheiden zu klingen.
»Wir haben noch vier Monate in der alten Saison und dann die ganze Sommerpause. Das gibt Ihnen Zeit, die Rolle einzuüben. Mit anderen Worten: Sie haben sieben Monate, mir zu beweisen, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.«
»Ich werde schuften wie ein Besessener, das verspreche ich«, versicherte Roberto ihm.
»Roberto, seien Sie gewarnt: Wenn Sie mich enttäuschen,
Weitere Kostenlose Bücher