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Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman

Titel: Das Jahr, in dem ich 13 1/2 war - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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ich meine Ruhe.
    Beim Pinkeln denke ich nach. Was werde ich sie jetzt zuerst fragen? Ob Graf ihr Klassenlehrer ist und sie mit ihm in Prag war? Ob sie sich komisch vorkommt, weil sie konfirmiert ist? Ob sie sonst noch was mit Kirche zu tun hat? Wie es ist, wenn man mit jemand schläft? Die letzte Frage interessiert mich am meisten. Sie wird auch immer wieder auf Klassenfahrten oder beim Duschen nach dem Sport an die gerichtet, die so tun, als hätten sie es schon hundert Mal getan. Aber was dann kommt, ist immer ziemlich dünn, nichtssagend. Wie aus der Bravo abgelesen. Dabei erfährt man echt nichts. Wie ist es? Wie fühlt es sich an? Wie geht es überhaupt? Ich habe auch schon Mella gefragt, aber damals meinte sie, sie wisse es auch nicht. Klar habe ich alle biologischen Informationen bekommen, aber die bringen’s ja nicht, oder?
    Manu liegt schon in Mellas Bett und beäugt ihre Plüschtiere. Als sie mich hereinkommen hört, blickt sie über die Bettkante nach unten und fragt: »Wieso hast du eigentlich kein eigenes Zimmer?«
    Die Frage verblüfft mich. »Das ist doch mein eigenes Zimmer«, antworte ich.
    »Na ja, ich meine, eins für dich allein.«
    »Wir haben wahrscheinlich nicht genug Geld, um uns eine größere Wohnung zu leisten. Bis vor ein paar Monaten haben meine Mutter und Mella und ich noch allein gelebt. Da war alles noch viel einfacher. War aber auch schön.«
    »Ist es bei euch immer so harmonisch?«, fragt sie weiter. Ich dachte, ich kann die Fragen stellen, aber jetzt werde erst einmal ich ausgequetscht.
    »Ja, eigentlich meistens«, sage ich ehrlich. »Meine Mutter spinnt manchmal, vor allem, wenn sie Stress hat. Carsten ist der ruhige Typ, der hat allerdings eine große Macke.«
    »Was für eine?«
    »Er geht zur Kirche und das finde ich unmöglich.«
    »Was ist denn daran schlimm?«
    »Na, kannst du den Mist glauben, den die dir dort erzählen?«
    »Was weißt du denn, was die erzählen?«
    Manu ist schlagfertig, das kriege ich immer wieder zu spüren. Sie hat echt was auf dem Kasten. Ich stehe ein bisschen sprachlos in meinem Nachthemd rum und muss ihr Recht geben: Eigentlich weiß ich überhaupt nicht, was die in der Kirche erzählen. Im Gegenteil ist es ja so, dass ich das, was Carsten oder seine Eltern so von sich geben, oft gut finde. Nur dass ich eben immer in Wut gerate und selbst nicht weiß, warum.
    »Gehst du da noch hin? Ich meine, seit deiner Konfirmation?« Jetzt bin ich aber gespannt. Ich denke ja eher nicht.
    »Ganz selten.« Sie ist ehrlich. »Meistens will ich lieber ausschlafen. Aber das ist eine Ausrede, sagt jedenfalls unser Pfarrer. Und das stimmt sicherlich. Vielleicht habe ich auch keine so große Lust, weil es langweilig ist und weil so viele alte Leute da sind und weil die meistens blöd gucken, wenn man mal quatscht.«
    Genauso habe ich mir das vorgestellt. Das kennt man ja aus dem Fernsehen, wie sich die alten Damen umdrehen, wenn mal jemand Fremdes in die heiligen Hallen tritt.
    »Aber sonst hast du wohl nichts dagegen, ich meine, gegen die Kirche?«
    »Ich kenne es nicht anders. Das ist für mich normal, Tine. Das gehört zu meinem Leben, solange ich denken kann.«
    Mir fällt nichts ein, was ich dazu sagen soll. Also klettere ich die Leiter hoch und lege mich auf mein Bett. Ich sehe jetzt ihr Gesicht ganz genau, und ich kann erkennen, dass sie konzentriert nachdenkt.
    »Du willst immer alles genau wissen, was?«, sagt sie. »Wie kommt das? Liegt das an Carsten? Oder daran, dass Maria getauft werden soll? Oder bist du einfach so? So neugierig? Du bist irgendwie seltsam.« Sie sieht mich versonnen an.
    Woran das liegt? Ja, ich bin wohl komisch. Ich denke, das finden auch die meisten anderen. Ich werde nicht gerade überrannt von Freundschaftsangeboten. Und manche, die ich bekomme, behandle ich gleichgültig, und dann habe ich ein schlechtes Gewissen, wie zum Beispiel jetzt Ulli gegenüber. Wenn ich da an Manu denke, wie in der Schule alle um sie rumstehen. Klar, manchmal habe ich meine Vermutungen, warum ich komisch und anders bin.
    »Vielleicht wegen meiner Mutter? Sie hat uns irgendwie immer ernstgenommen und viel mit uns geredet. Fast wie mit Erwachsenen. Ganz besonders nah waren wir uns, nachdem mein Vater wegzog. Sie war dann eine ganze Weile allein und wir waren ihre Partnerinnen oder so. Vielleicht sind mir deshalb die Leute in meinem Alter oft zu blöd. Außerdem habe ich meine Superschwester Mella. Wir halten zusammen, egal, was kommt. Sie behandelt mich zwar

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