Das Janson-Kommando: Thriller (German Edition)
schweiften gleich wieder zur Seite. Rafe war in einem erbarmungswürdigen Zustand. Sie hatten Karten von dem Schusswechsel gezeichnet, um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wie das Feuer der Aufständischen sie auf den vernichtenden improvisierten Sprengsatz zugetrieben hatte, als Rafe plötzlich in Tränen ausbrach.
Es war das erste Mal, dass Daniel den armen Teufel besuchte, und er konnte es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen. Er wusste, dass er sich in mancher Hinsicht so weit von der Welt um ihn herum entfernt hatte, dass er genauso gut auf dem Mars leben konnte, doch wenigstens war er wieder draußen und führte ein einigermaßen normales Leben. Auch Ian ging es inzwischen besser. Er war als Busfahrer zwischen Birmingham und London unterwegs und hoffte, bald ein Mädchen kennenzulernen.
»Wir haben die Offiziellen der Koalition geschützt«, hörte Daniel sich plötzlich sagen, »aber die begehrtesten Zielscheiben waren die Iraker.«
»Die Koalition hat besser gezahlt«, brummte Ian mürrisch.
»Ich hab gelesen«, fuhr Daniel fort, »dass die Explosion eines improvisierten Sprengsatzes irgendwas im Gehirn verändert, wenn du so nah dran bist wie Rafe.«
»Wir waren auch nicht so weit weg.«
»Aber Rafe war näher dran.« Rafe hatte sich bei einer Geschwindigkeit von hundertvierzig Stundenkilometer vom Trittbrett gelehnt und Warnschüsse auf Zivilfahrzeuge abgegeben, als das Führungsfahrzeug den Sprengsatz ausgelöst hatte. »Eine solche Explosion verletzt den Frontallappen der Großhirnrinde, das ist der Teil, der die Persönlichkeit bestimmt. Rafe war vorher ein fröhlicher Kerl.«
Ians Blick drückte aus, dass er es nicht ertrug, über Rafes Frontallappen zu sprechen, weil es ihm bewusst machte, dass es genauso gut ihn hätte treffen können. Er wechselte mit einem bitteren Lächeln das Thema.
»Weißt du, wie uns der Alte nennt?«
»Wie?«, fragte Daniel mit plötzlichem Interesse. Der »Alte« von Phoenix hatte während Daniels Reha ein einziges Mal vorbeigeschaut. Hätte ihn der Alte gebeten, einen Konvoi in die Hölle zu führen, hätte Daniel höchstens gefragt, ob noch Zeit blieb, sich anzuziehen, oder ob sie nackt losziehen sollten.
»Ich hab’s gehört, als er es zum Chefarzt sagte.«
»Wie hat er uns denn genannt?«
»Verlassene Kinder des Mammons.«
»Das hat er gesagt?«
»Ich weiß nicht, was er gemeint hat«, gab Ian zu.
»Es bedeutet, dass private Sicherheitsleute wie du und ich und der arme Rafe keine Krankenversicherung haben, keine Pension bekommen und nicht mal im Veteranenkrankenhaus aufgenommen werden.«
»Das weiß ich auch. Und was er mit ›verlassen‹ meint, ist mir auch klar. Aber was zum Teufel ist Mammon?«
»Geld. Wir haben es wegen des Geldes getan, und jetzt zahlen wir den Preis dafür.«
Ian nickte. »Schon klar. ›Mammon‹ bedeutet also Geld?«
»Ja. So was wie der Gott des Geldes.«
»Dann haben wir den Scheißkerl angebetet, und jetzt stehen wir bis zum Hals in seiner Scheiße.«
Daniel war selbst überrascht, dass er lächeln musste. »Genau … Hast du mal was vom Alten gehört?«, fragte er.
»Er hat seine Fühler ausgestreckt. Er sucht Iboga.«
»Wer ist das?«
»Siehst du keine Nachrichten?«
»Nein, nie«, antwortete Daniel. »Ich lese auch keine Zeitung. Und im Internet surfe ich auch nicht. Wenn ich auf dem Flughafen einen Fernseher sehe, schaue ich weg. Was da draußen in der Welt vorgeht, ist mir scheißegal. Wer ist Iboga? Warum ist der Alte hinter ihm her?«
»Er war ein afrikanischer Diktator, der mit dem Geld des Staates abgehauen ist, als ihn die Rebellen aus dem Amt gejagt haben. Der Alte hat wahrscheinlich den Auftrag übernommen, das Geld zurückzuholen.«
»Ein Afrikaner? Wie sieht er aus?«
»Ein riesiger schwarzer Mistkerl, mindestens hundertfünfzig Kilo schwer.«
»Hat er zugespitzte Zähne?«
Ian schaut Daniel an. »Warum fragst du?«
»Ich hab ihn gesehen.«
»Erzähl!«
»Na ja, ich hab ihn nicht aus der Nähe gesehen, aber so viele Schwarze mit dieser Statur und spitzen Zähnen gibt es ja nicht.«
»Wo?«
»Auf Korsika. Wo ich lebe.«
»Was? Er läuft auf Korsika rum?«
»Nein, er hat sich mit ein paar Leuten auf Cap Corse verkrochen, der Halbinsel im Norden. Ich hab ihn vorige Woche in Bastia gesehen, wo die Fähren aus Nizza und Marseille ankommen.«
»Wenn du ihn nicht aus der Nähe gesehen hast, woher weißt du dann, dass er spitze Zähne hatte?«
»Ein Typ, der näher dran war,
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