Das Janus-Monster
hatte die ganze Zeit über zugehört und sich so gut wie nicht bewegt. Das war nun vorbei. Es ging einzig und allein um sie, und sie umklammerte hart meinen linken Arm. »Ich habe Angst, John. Der ist so hart und grausam. Er lässt mich nicht weg. Er hat die Macht. Ich glaube fest daran, dass er Nagatos Zimmer hier aufgeschlossen hat. Ich werde wohl sterben müssen.«
Der letzte Satz gefiel mir gar nicht. »Keine Sorge, Sie werden hier nicht bleiben.«
»Wo dann?«
»Wir nehmen Sie mit!«
»Wie?« Akina musste zunächst ihre Gedanken sammeln. »Weg aus diesem verfluchten Haus?«
»Nein, das wohl nicht. Sie werden dorthin gehen müssen, wo auch unser Ziel liegt. Und wir werden Sie keine Sekunde aus den Augen lassen, das verspreche ich.«
Der Mandarin hatte sich nicht einmal in unsere Unterhaltung eingemischt. Aber er merkte, dass sie beendet war, deshalb nickte er mir zu. »Es ist Ihre Entscheidung, und ich kann sie akzeptieren.«
Wohl nur deshalb, weil er mit unserem Ableben rechnete. Er wollte uns ja in das Schicksal hineindrängen.
»Können wir gehen?«
Der Mandarin lächelte. »Ich habe nichts dagegen.« Er gab seinen Leibwächtern ein Zeichen mit der Hand. Als wären wir die besten Freunde, drehten sie uns die Rücken zu.
Suko hielt mich zurück. »Inzwischen glaube ich, dass der Mandarin und Nagato gemeinsame Sache gemacht haben. Da haben sich zwei gesucht und gefunden, John. Denk an mich, wenn er uns in seine richtige Welt hineinbringt.«
»Wo sollte die liegen?«
»In diesem riesigen Keller, schätze ich. Was glaubst du, was man unter einem derartigen Haus alles bauen kann? Das ist doch wie ein gewaltiger Organismus, ein lebender Bauch, der atmet, der keucht und auch irgendwo verdaut. Ich glaube fest daran, dass nicht nur Nagato auf seiner Seite gestanden hat, sondern Kato noch steht. Es muss eine Verbindung zwischen den dreien geben. Möglicherweise ist der Mandarin in dieser Welt der große Drahtzieher im Hintergrund.«
»Lassen wir uns überraschen.«
Die anderen warteten bereits auf uns. Ihre Ungeduld war ihnen anzusehen. Zwar hüteten sie sich davor, sich selbst zu bewegen, die Unruhe beschränkte sich auf ihre Augen, denn sie blieben nie ruhig. Die vier Bodyguards schienen es kaum erwarten zu können, uns in den Keller schaffen zu können.
Akina fasste nach meiner Hand, als wir gingen. »Es ist doch alles richtig, was wir hier tun, nicht wahr?«
»Keine Sorge, wir schaffen es.«
»Wenn es sein muss, bringen die uns um. Da kennen sie dann keine Rücksicht. Auch nicht bei Polizisten. Ich weiß das. Ich habe mich schon immer in diesem Haus gefürchtet, obwohl man mir nichts getan hat. Aber ich spürte, dass hier etwas lauert. Man sieht es nicht. Es hält sich versteckt, aber es ist da.«
Akina verstummte, als der Mandarin sie anschaute. Sein Blick war dabei wie ein Befehl gewesen.
Suko ging hinter uns. Er blieb nahe der vier Leibwächter und ließ keinen von ihnen aus seiner Kontrolle. Aber auch sie sahen so aus, als würden sie lieber mit ihm kämpfen, als an seiner Seite auf den Fahrstuhl zuzugehen.
Nachdem sich die Türhälften zur Seite geschoben hatten, betrat der Mandarin als erster den Fahrstuhl. Er nahm sofort auf seinem ›Thron‹ Platz. Für uns wurde es eng. Wir standen dicht beisammen. Niemand sprach, als wir nach unten fuhren. Nur unsere Atemzüge erfüllten die Kabine. Ich stand vor Akina und schützte sie mit meinem Körper. Suko hielt sich dicht bei den Leibwächtern auf, deren Gesichter den glatten Ausdruck behielten. In ihrer dunklen Kleidung wirkten sie wie Gestalten aus einem düsteren Film.
Der Fahrstuhl rutschte durch bis in den Keller. Erst dort öffneten sich die Türhälften wieder. Augenblicklich drang die andere Luft in die Kabine. Es gab einen großen Unterschied zur Luft in den Gängen. Diese hier wurde von keinen Gerüchen durchzogen. Sie war trotzdem schwer, lastend, einfach anders. Sie drückte gegen unsere Gesichter und schien aus einer bestimmten Waschküche zu stammen, in der die fremden Gerüche produziert wurden. Diesmal verließen die Leibwächter als erste den Fahrstuhl. Jemand schaltete das Licht ein, so dass die schlechte Sicht verschwand und sich uns eine Unterwelt öffnete, die uns nicht einmal erstaunte, weil wir mit ihr gerechnet hatten.
Sie war da. Sie bestand aus alten Mauern, aus Decken, aber sie bildete kein Gewölbe, denn alles war hier geometrisch glatt angelegt worden.
Breite Gänge durchzogen diesen Bauch. Säulen stützten wie
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