Das Janus-Monster
mächtige Arme die Decke ab. Grau herrschte als Farbe vor. Dunkler waren nur die gewaltigen Rohre, die ein regelrechtes System bildeten. Sie zogen sich an den Wänden entlang und hatten ihre Plätze auch unter der Decke gefunden. Sie waren nicht nur gerade, sondern liefen an bestimmten Stellen krumm um die Ecken, um in anderen Gängen zu verschwinden.
Der Mandarin hatte von einem Ofen oder einem Feuer erzählt. Das gab es tatsächlich. Als ich mich umdrehte, sah ich einen rötlichen Schein im Hintergrund leuchten. Das musste der gewaltige Ofen sein, der das Heizsystem innerhalb des Hauses mit Energie speiste. Seine Größe erkannte ich nicht, aber seine abgestrahlte Wärme drang auch uns entgegen. Sie erreicht uns wie ein Schall.
Es war leicht vorstellbar, dass sich in dieser Umgebung etwas aufbauen ließ, ohne aufzufallen. Ein Hort für die Götter. Für die grausamen Dämonen einer anderen Welt, die in dieser Umgebung ihren Schutz finden konnten. Wir gingen auf den Ofen zu. Unter der Decke waren in unregelmäßigen Abständen Lampen angebracht. Ihr Licht war nicht gerade hell. Es kämpfte einen verzweifelten Kampf gegen das düstere Grau, und es wusste genau, dass es den Kampf nicht gewinnen konnte. Hier unten war alles anders. Hier herrschten die Gesetze einer anderen Welt, die hier eine zweite Heimat gefunden hatte.
Ich kam mir vor wie im Bauch eines riesigen Untieres. Noch herrschte in ihm die gespenstische und schon unnatürliche Stille. Doch es würde nicht lange dauern, dann fing dieser Bauch an zu arbeiten. Da kämpfte, dann verdaute er. Dann spie er seine Säfte aus, dann würde er alles in sich hineinziehen, was sich in ihm bewegte.
Es roch nach Staub. Nach Alter. Auch nach Feuchtigkeit. Der Dreck klebte an den Wänden wie schmutzige Inseln. Auch unter der Decke breiteten sich Flecken aus, wobei nicht zu sehen war, ob sie nun aus Schmutz oder Feuchtigkeit bestanden.
Es war still hier unten. In einer großen Gruft war ebenso wenig zu hören. Selbst wir dämpften unsere Schritte. Das Aufsetzen war nur schwach zu hören, und bei jedem Schritt schleiften die Sohlen nach.
Akina ließ mich nicht los. Ab und zu durchlief ein Zittern ihre Gestalt.
Die Gänsehaut auf ihrem Gesicht wollte einfach nicht weichen. Ihre Züge sahen so starr aus, und ebenso bewegte sie auch ihre Beine. Ich hoffte nur, alles richtig gemacht zu haben. Sollte ihr hier unten etwas geschehen, würde ich mir schwere Vorwürfe machen.
Die Luft war zu atmen, aber sie schmeckte schlecht. Je näher wir auf das Feuer zu kamen, um so mehr veränderte sich der Geruch. Der Ofen schien nicht dicht zu schließen. Es gab Lücken oder kleine Ritzen, aus denen Qualm drang. Ihn einzuatmen, war nicht eben angenehm, aber wir konnten es uns nicht aussuchen. Dann hatten wir den Ofen erreicht.
Als hätte der Mandarin unseren Wunsch erahnt, blieb er stehen und drehte den Kopf nach links. So konnte er an diesem gewaltigen und archaischen Gebilde in die Höhe schauen. Es bestand aus Eisen. Von ihm zweigten Rohre in die verschiedenen Richtungen ab. Gefüttert wurde der Ofen mit Kohle und Holz. Beide Materialien wurden in breiten Nischen gelagert, die den Ofen flankierten.
Wer einen perfekten Mord begehen wollte, der war hier richtig. Ein Mensch würde restlos verbrennen. Seine Asche würde sich irgendwo im Kamin verteilen und dann in den Himmel hineingeweht werden.
Der Mandarin drehte den Kopf, damit er mich anschauen konnte. Er brauchte nichts zu sagen, nur zu schauen. In seinen Augen las ich die Worte und entdeckte auch seinen Wunsch. Ginge es nach ihm, hätte er mich am liebsten verbrannt.
»Wollten Sie uns das zeigen?« fragte ich ihn.
»Nein«, gab er flüsternd zurück. »Es ist nur immer wieder faszinierend, wenn ich vor diesem Ofen stehe und hineinschaue.« Er zeichnete mit den Händen die Umrisse der Klappe nach. »Sie ist sehr groß. Sie kann viel fassen. Das Feuer und der Ofen sind dankbar für jegliche Art von Nahrung. Er schaffte es, das gesamte Haus mit Wärme zu füttern, und deshalb müssen auch wir ihn füttern.«
»Er frisst alles?« fragte Suko.
»Ja, das sagte ich.«
»Auch Menschen?«
»Würde er auch.«
»Hat er schon?«
Der Mandarin lächelte nur und wies zur Seite. Das Zeichen zum Weitergehen. So näherten wir uns dem eigentlichen Ziel, das an einer besonderen Stelle des grauen Kellers lag.
Der Gang war hier sehr breit geworden oder einfach nur ausgelaufen.
Ein freier Platz innerhalb des Kellers, umrahmt von dunklen
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